München - München-Maxvorstadt * Der Deutsche Katholikentag in München wird eröffnet. Für die anreisenden Zehntausenden von Gläubigen wird ein großer Festgottesdienst auf dem Königsplatz abgehalten, bei dem sich die katholische Kirche mit eindrucksvollem Gepränge darstellt. Die Straßen der Stadt sind mit Fahnen geschmückt, nur das Schwarz-Rot-Gold der Weimarer Republik ist demonstrativ vergessen worden.
Kardinal Michael von Faulhaber enthält sich bei dieser zur politischen Kundgebung umgestalteten Veranstaltung weder politischer noch demokratiefeindlicher Äußerungen und ruft in seiner Ansprache zum Kampf der Kirche gegen den Staat auf:
„Wehe dem Staat,
Diesem Satz folgt ein - von den dicht gedrängten Besuchern stürmisch bejubelter - rhetorischer Tiefschlag gegen die Republik und ihrer Gründer: „Die Revolution war Meineid und Hochverrat und bleibt in der Geschichte erblich belastet und mit dem Kainsmal gezeichnet“. Diese Worte wirken, wie Faulhaber später einmal recht zufrieden feststellt, wie eine Bombe. Der Kardinal versagt sich damit wieder einmal - mit seiner ganzen Autorität und in der Öffentlichkeit - der Weimarer Republik und bereitet damit - ohne das möglicherweise direkt zu beabsichtigen - Adolf Hitler den Weg.
Schon damals stellt die sozialdemokratische Münchener Post unter der Überschrift „Wohin des Wegs, Herr Kardinal?“ fest: „Seine Ansichten sind ein Beweis für den Machthunger der römischen Kirche und ihres Klerus, die nicht mit dem Staat in Frieden und Verträglichkeit zusammenleben, sondern ihn um jeden Preis beherrschen wollen.“
Die in Anwesenheit der Spitzen von Kirche, Staat und Gesellschaft gemachten Aussagen des Kardinals führen allerdings auch zu einem „weltweit hallenden Eklat“ und veranlasst die - konservative - Reichsregierung, sich bei Papst Pius XI. zu beschweren. Damit, dass sich ein Widerstand derjenigen Katholiken formiert, die im neuen Staat ehrlich mitarbeiten wollen, hat Faulhaber nicht gerechnet.