Stadtteilspaziergänge

Fakten - Haidhausen - dort wo's bogenhauserisch ist

808

12. Februar 808

Haidhausen * Haidhausen wird erstmals urkundlich erwähnt. Der Priester Erlaperth schenkt dem Bischof von Freising eine kleine Kirche samt Haus und Hof. Haidhusir ist damals aber bereits ein fertiges Bauerndorf.


1157

Um 1157

München - Haidhausen * Im Jahr 1157 - zuvor und danach war Herzog Heinrich XII. „der Löwe“ nicht in Baiern - wird die „Salzstraße“ nach „Munichen“ umgeleitet.  

Die „Salzstraße“ muss man sich als „Trampelpfad“ vorstellen, denn der Lastentransport erfolgt noch nicht mit Fuhrwerken oder Karren, sondern mit „Saumpferden“.  

Sie führt noch nicht über den „Gasteig“ (= gacher Steig = steiler Weg) hinunter zur Isar, sondern nutzt eine „Fuhrt“ etwa auf der Höhe der heutigen „Maximiliansbrücke“.  

Dass der Welfenherzog ein elementares Interesse an der Aufhebung des unrechtmäßig in Föhring eingerichteten bischöflichen „Fernhandelsmarktes“ hat, ist naheliegend, da er der größte Nutznießer dieser Entscheidung ist.  
Und der Freisinger Bischof will nach den Erfahrungen von Worms retten, was noch zu retten ist.  
Schon deshalb ziehen die beiden Kontrahenten gemeinsam mit dieser Angelegenheit vor den Kaiser. 


1158

14. Juni 1158

Augsburg - München * Ein vergilbtes Stück Pergament im Format 34 mal 44 Zentimeter gilt als Geburtsschein der bayerischen Landeshauptstadt. Die von Kaiser Friedrich Barbarossa auf dem Reichstag in Augsburg unterzeichnete Urkunde geht als „Augsburger Schied“ in die Geschichte ein. Dieses Kaiserdiplom wird als „conventio“, also Übereinkunft, bezeichnet.  

  • „Mit Zustimmung und Willen der beiden streitenden Parteien“ wird darin vereinbart:  
  • Der Markt, der bisher zu Föhring abgehalten wurde, die Zollbrücke und die Münze, werden dort künftig nicht mehr bestehen.  
  • Als Ersatz hat unser Vetter Herzog Heinrich der Kirche von Freising ein Drittel des Gesamteinkommens aus seinem Marktzoll zu München übertragen, sei es aus Abgaben für Salz, sei es für andere dort ein- und ausgehende Groß- und Kleinstückwaren.  
  • Was den Zöllner betrifft, so soll nach Gutdünken jeder von Euch seinen eigenen haben oder, wenn das für gut erscheint, beide zusammen einen, der jedem von Euch verantwortlich sein soll.  
  • Mit der Münze soll es ähnlich gehalten werden, indem ein Drittel der Einkünfte der Bischof erhält, zwei Drittel aber für den Gebrauch des Herzogs bestimmt sind.  
  • Eine Münzstätte soll nach Gutdünken des Herzogs errichtet werden.  
  • Endlich soll eine Freisinger Münzstätte auch der Bischof errichten dürfen, wenn er will. Von deren Einkünften soll der Herzog nur ein Drittel erhalten und er soll diesen Anteil, er sei groß oder klein, nach dem Wunsch des Bischofs als Lehen weitergeben, wie er es auch bereits getan hat.  

Von einem Unrecht oder gar einer Freveltat des Welfenherzogs findet sich in dieser kaiserlichen Urkunde kein Wort. Als Zeugen für die Richtigkeit des Rechtsspruchs werden vier hohe geistliche Würdenträger und vier weltliche Herrscher benannt. 

Doch auch wenn die Kaiserurkunde den Charakter einer gütlichen Einigung in sich trägt, so ist sie in ihrem Kern doch ein regalienrechtlicher Spruch des Kaisers. Mit diesem Kompromiss kann Kaiser Friedrich I. Barbarossa einen Interessenausgleich zwischen dem Bischof von Freising und dem baierischen Herzog erzielen und damit beide zufrieden stellen. 


1301

Spätestens ab dem Jahr 1301

München - Haidhausen * Der Ausbau der Stadt München macht den Erwerb von Lehmgründen in Haidhausen notwendig.

Wichtige Bauwerke entstehen: von der Stadtmauer bis zu Kirchen-, Verwaltungs- und Repräsentationsgebäuden.
Sie werden mit Haidhauser Ziegel gebaut und gedeckt.


1371

18. April 1371<p><strong><em>München</em></strong> * Der Münchner Rat&nbsp;setzt die Bürgerrechtsgebühr&nbsp;auf fünf Pfund fest und damit in eine - für Arbeiter, Taglöhner, Kleinhandwerker, Dienstboten und Knechte, Mägde und Handelsdiener - unerreichbare Höhe.&nbsp;</p> <p>Um das Gemeinwesen und damit das Stadtsäckel&nbsp;durch den Zuzug unvermögender Personen nicht übermäßig zu belasten, werden besitz- und gewerbslose Zuwanderer in der jungen, aufstrebenden Stadt schon ziemlich früh zu <em>„unwillkommenen Gästen“ </em>erklärt.&nbsp;Der Rat der Stadt&nbsp;will nicht Armut, sondern leistungsfähige und finanzkräftige Menschen einbürgern.&nbsp;Umgekehrt müssen die Aufgenommen mindestens zehn Jahre in der Stadt bleiben, sonst haben sie mit einer Strafsteuer von 31 Pfund zu rechnen.&nbsp;</p>

1418

22. April 1418

München * Ein verheerendes Großfeuer zerstört weite Teil der Stadt.


1429

24. April 1429

München * Ein Brand legt große Teile der Stadt in Schutt und Asche.


1444

1444

München - Haidhausen * Die Stadt kauft von den „Hochmeistern des Siechen- und Leprosenhauses“ 24 Bifang Lehmerde in Haidhausen.


1445

6. März 1445

München * Baiernherzog Albrecht III. gibt den Befehl, wonach den Münchner Bürgern zwei Jahre lang Arbeiter aus dem Umland zur Hilfeleistung für die Schanzarbeiten geschickt werden sollen. Die „armen Leute aus Oberbaiern“ erhalten „genügend Brot und einen Zehrpfennig“. In Haidhausen und in der Au finden sie eine neue Heimat.


1518

1518

München * Mit der „Landes- und Polizeiordnung“ von 1518 und der „Gerichtsordnung“ von 1520 wird die Grundlage für eine einheitliche „Gerichtsverfassung“ und ein einheitliches „Gerichtsverfahren“ geschaffen.


1538

1538

Obergiesing * Zur „Hauptmannschaft Obergiesing“ gehören Haidhausen, die Au, Niedergiesing, Putzbrunn, Höhenkirchen, Bogenhausen und Obergiesing.


1571

1571

München - Au * Der Herzog muss einen Streit zwischen den Münchner und den Auer „Schneidern“ schlichten.

Es endet damit, dass die Münchner ihre Schmähungen und Herabsetzungen zurücknehmen müssen.

Dafür müssen es die Auer künftig unterlassen, mit Elle und Schere „auf die Stör“ in die Stadt zu kommen. Sie dürfen nur Schneiderarbeiten annehmen, die man ihnen bringt.


1587

1587

Au - Haidhausen * Die „herzoglichen Brunnwerke“ am „Lilienberg“ und im „Brunnthal“ gehen in Betrieb.


1610

Mai 1610

Au - Haidhausen - Untergiesing * Der „Gerichtsbezirk ob der Au negst München“ wird wegen seiner besonderen Sozialstruktur geschaffen.  

Die vergleichsweise große Einwohnerzahl der Ortschaften Haidhausen, Au und Niedergiesing, das sich in der Gegend um den heutigen „Nockherberg“ befindet, und der daraus resultierende Verwaltungs- und Jurisdiktionsbedarf erfordert diese Sonderstellung.

Gerade auch deshalb, weil das „Landgericht“ weit entfernt liegt und der „Richter von Wolfratshausen“ sowie der „Amtmann von Perlach“ den Verhältnissen nicht mehr gewachsen sind.

In einem ersten Schritt werden diese Orte dem „Hofoberrichter“ unterstellt. 


1612

Anno 1612

Au - Haidhausen - Untergiesing * Ein eigenständiges „Gericht ob der Au negst München“ wird eingerichtet.

Es ist allerdings kein selbstständiges „Landgericht“, sondern ein „Niedergericht“, deren „hochgerichtlichen Funktionen“ auch weiterhin vom „Landrichter in Wolfratshausen“ wahrgenommen werden.

Das „Gericht ob der Au“ ist also letztlich nichts anderes als eine „Hofmark“ unter der „Gerichtsbarkeit“ des „Hofoberrichteramtes“

Haidhausen, die Au und Niedergiesing scheiden deshalb aus der „Hauptmannschaft Obergiesing“ aus.


1616

29. September 1616

München * Mit dem Landrecht Herzog Maximilians I. wird die endgültige Rechtseinheit in Baiern hergestellt, die alle Rechtsgebiete umfasst. Damit ist Baiern eines der wenigen deutschsprachigen Territorien, das über eine systematisch erfasste und in allen Rechtsangelegenheiten abgestimmte Landesgesetzgebung verfügt.  

Die Landes- und Polizeiordnung enthält:  

  1. Eine Polizeiordnung.  
  2. Das Landrecht, das einheitlich für Ober- und Niederbaiern gültige Zivilrecht, das bis 1756 in Kraft bleibt.  
  3. Eine Gerichtsordnung, die den ordentlichen Prozess auf der Grundlage der Gerichtsordnung von 1520 regelt.  
  4. Die summarische Prozessordnung, die bis 1753 Gültigkeit hat.  
  • Sie schreibt unter anderem das Wandern der Handwerksgesellen als Grundlage für den Erwerb der Meisterschaft vor.  
  • Sie enthält eine allgemeine Fischordnung für Donau, Salzach, Isar und den Inn usw..  
  • Sie schafft in der Malefizordnung die Strafe des Ertränkens ab.

1618

1618

München * München verfügt über 1.771 „bürgerliche Gerechtigkeiten“, einschließlich des „Handels“.


1632

15. Mai 1632

München * Die schwedische Schutzgarde wird nach München verlegt und nimmt Einquartierungen in den „Klöstern und Häusern der Vornehmen in München, deren Insassen meist nach Tirol oder Italien geflohen waren“.

Die innerhalb der Stadtummauerung lebenden Münchner kommen wieder einmal glimpflich davon. Die Soldateska plündert, verwüstet, drangsaliert und vergewaltigt dafür um so stärker in den Vororten - besonders in der bevölkerungsreichen Au und in Haidhausen.

17. Mai 1632

München - Haidhausen * Unterwürfig überreichen die Münchner Stadtväter dem anrückenden Kriegsherrn Gustav II. Adolf am Gasteig die Stadtschlüssel. Der Schwedenkönig zieht in München ein, um in der Residenz Quartier zu nehmen. Sein Weg führt ihn über die Isarbrücke zum Roten Turm und dem Isartor. In seiner Begleitung befindet sich der „Winterkönig“ Friedrich V., der Pfalzgraf August von Sulzbach und die Herzöge Bernhard und Wilhelm von Weimar sowie Johann von Holstein. Diesen folgen noch drei Regimenter.

Gustav Adolf ist von München angeblich so begeistert, dass er am liebsten die Residenz mit nach Schweden genommen hätte - sagt man. Es stimmt wohl, dass er München - angesichts des eher kargen Umlandes - mit einem „goldenen Sattel auf einem mageren Pferde“ verglichen hat. Seine Schwärmerei für die Residenz ist jedoch eine Ausschmückung späterer Jahre. Denn eigentlich war es nur ein Ofen, der ihm so gut gefiel, dass er „gewinschet, daß dieser ofen zu Stockholm wehre“.

 Die Schweden besetzen die baierische Haupt- und Residenzstadt. Siegmund Riezler schrieb dazu: „Im Übrigen aber wurde weder Eigentum noch Person angetastet“. Das stimmt so nicht! Denn die Hauptleidtragenden der Kriege sind immer die Vorstädter. Sie bieten den Belagerern der Stadt Ersatz fürs Morden, Plündern, Brandschatzen, Foltern und Vergewaltigen. Die Hauptarmee lagert nicht in der Stadt, sondern ist auf die Dörfer vor den Stadttoren verteilt worden. Und diese Soldateska raubt und stiehlt alles, was nicht niet- und nagelfest ist und verkauft es in der Stadt, sodass die Münchner Waren zu billigsten Preisen kaufen können.

19. Mai 1632

München * König Gustav II. Adolf besucht die Michaelskirche und lässt sich das Gottesdienstritual genauestens erklären. Der schwedische König fordert von der Stadt 300.000 Reichstaler, um München vor der Zerstörung zu verschonen. Die in der Stadt verbliebene Bürgerschaft versucht daraufhin, soviel wie möglich von der geforderten Summe zusammenzutragen.

Selbst die Ärmsten der Stadt müssen sich daran beteiligen. Und auch die schon so stark gebeutelten Einwohner der Au, Haidhausens und Giesings haben für die Zahlungen ihr Schärflein beizutragen. Exakt 940 Gulden und 43 Kreuzer steuern sie aus ihren sowieso schon begrenzten Mitteln bei. Und dennoch reicht es nicht. 

Gerade mal 144.273 Gulden bringt die Geldeintreibung ein. Das ist nicht mal ein Drittel der geforderten Summe, worauf der Schwedenkönig je 22 weltliche und geistliche Geiseln verlangt.


1648

20. Mai 1648

München - Haidhausen * Im letzten Jahr des Dreißigjährigen Krieges ziehen Schweden und Franzosen vom Lech her in Richtung München. Menschenscharen aus allen Landesteilen suchen Schutz hinter den mächtigen Befestigungsanlagen der Stadt.

Aus Angst, dass Krankheiten ausbrechen könnten, werden 2.934 Menschen mit einem „geringen Almosen“ aus der Stadt gewiesen. Auf Haidhausen treffen insgesamt 418 Personen, darunter 89 Familien mit 99 Frauen und 230 Kindern.


1692

3. März 1692

Haidhausen * Da Graf Franz Pongraz von Leiblfing in seinem Bestreben, die Erhöhung seines Besitzes in Haidhausen zur geschlossenen Hofmark, nicht nachlässt, erklärt Kurfürst Max Emanuel schließlich die Hofmark des Geheimen und Conferenzrates, Kämmerers, Revisionsrates und Pflegers von Waldmünchen, des inzwischen in den Reichsstand erhobenen Reichsgrafen von Leiblfing - wegen der „vill vnd lange Jar trew geleisteter Dienst vnd aus absonderlichen gnaden“ - mitsamt dem Brunnthal für geschlossen. Damit ist der Haidhauser Schlossbesitzer endlich am Ziel seiner langjährigen Bemühungen.  

In seiner geschlossenen Hofmark unterstehen ihm nun alle dem „Hofkastenamte zinsbaren Unterthanen zu Haidhausen“ und nicht nur die Bauern und Dienstboten, die seine Güter bearbeiteten. Neben riesigen landwirtschaftlichen Flächen besitzt der Graf auch das Recht Scharwerke, Bodenzins und sonstige Steuern und Abgaben - also die gesamten Einkünfte aus Haidhausen - einzutreiben. Selbst die Vergabe der Gerechtsamkeiten“ also die Erlaubnis innerhalb der Hofmark ein bestimmtes Handwerk oder Gewerbe ausüben zu dürfen, unterliegen nun ausschließlich seiner Entscheidung.  

  • Dem Hofmarkherrn unterstehen „im Dorfe 85 Hausbesitzer, die Scharwerkgeld zu entrichten haben.  
  • In der Schwaige nimmt er von 42 Untertanen Scharwerkgeld und Bodenzins ein.  
  • Der Großwirt hat Stift und Gilt zu entrichten und Melber, Metzger, Schmid, Hufschmid und Schneider haben unterschiedliche Beträge abzuführen.  
  • Der jährliche Ertrag der Hofmark beläuft sich auf 188 Gulden 11 Kreuzer“.
  • Die Konsequenz aus der Erhebung Haidhausens zur geschlossenen Hofmark ist der Austritt aus dem Verband des Gerichts ob der Au.  

Während der Leiblfing‘schen Hofmarkszeit wird die Ansiedlung minderbemittelter Leute stark begünstigt. Jeder, der die Gebühren entrichten und eine Herberge erwerben kann, darf sich niederlassen und heiraten. Zeitgenossen merken kritisch an, dass der Hofmarkherr nur auf seinen Vorteil bedacht ist und sein Streben einzig der Erhöhung seiner Einnahmen gilt. Er ergreift „jede Gelegenheit Geld aus den Untertanen zu pressen, z.B. durch offenbare Begünstigung der Herbergskäufe und Ansässigmachungen und Verehelichungen, wegen der anfallenden Laudemien, Verbriefungs- und anderer Taxen und Sporteln“


1729

12. März 1729

München * Die Gräfin Anna Maria Katharina von Fugger-Kirchberg-Weißenhorn stirbt. Sie wird in der Gruft der Münchener Damenstiftskirche begraben, wo man ihr „auf das Grab selbsten eine weiße Steinplatten“ errichtet.

  • Ihr Palais hat sie ihrem jüngeren Sohn aus erster Ehe, Philipp Josef von Törring-Seefeld, vermacht,  
  • die Hofmark Haidhausen erhält Max Cajetan Graf von Törring-Seefeld.

1736

24. September 1736

München * Die Burgfriedens-Grenzen werden endlich schriftlich niedergelegt. 


1769

1769

München * Der Rat genehmigt dem „Münchner Zunfthandwerk“, dass sie ihre an die Person gebundene „Gerechtigkeit“ vererben oder verkaufen können. 

Das führt dazu, dass der „Erwerb einer Gerechtigkeit“ immer unerschwinglicher wird und sich vermögende Handwerker „Gerechtigkeiten“ kaufen und „ruhen“ lassen.


1779

1779

München - Au * Im Münchner und Auer „Bäckerstreit“ wird ein Vergleich geschlossen.

Seither dürfen die Auer jeden Mittwoch und Samstag ihr „Schwarzbrot“ am „Rindermarkt“ verkaufen.


1781

1781

München * Von 986 „Handwerksgerechtigkeiten“ ruhen insgesamt 66 - oder 6,7 Prozent.

Damit sind „Handwerksgesellen“ oder „auswärtige Handwerker“, die sich in München niederlassen wollten, gezwungen, sich unter „Hofschutz“ zu stellen, als „Pfuscher“ zu arbeiten oder sich in den Vororten niederzulassen, in denen kein „Zunftzwang“ besteht.


1782

1782

München - Au - Haidhausen - Giesing * Kurfürst Carl Theodor erlässt ein „Dekret“ gegen die allzu zahlreichen Handwerker des Münchner „Ostends“, in dem es heißt:

„Sie nehmen den bürgerlichen Handwerksleuten die Nahrung weg und verfallen doch bald dem Bettel und dem Almosen“.


1785

1785

München - Au * Um die Auer der polizeilichen und wirtschaftlichen Kontrolle der Stadt zu unterwerfen entsteht der Plan die Au als „Carlsvorstadt“ nach München einzugemeinden.


1802

1802

München * München verfügt über 1.397 „bürgerliche Gerechtigkeiten“, einschließlich des „Handels“.

Das bedeutet einen Rückgang von 374 „Gerechtigkeiten“ gegenüber dem Jahr 1618 - trotz des Anstiegs der Bevölkerungszahlen.

17. März 1802<p><strong><em>München - München-Lehel - Au</em></strong> *&nbsp;Die Polizeidirektion&nbsp;wird mit der Gründung einer Einrichtung beauftragt, die dann als Kleinkinderbewahranstalt&nbsp;und heute - in der Weiterentwicklung - als Kindergarten&nbsp;oder Kinderhort&nbsp;bezeichnet wird.&nbsp;</p> <p>Im Focus stehen <em>„unbemittelte Eltern, die sich außer Haus begeben müssen, um sich vom täglichen Handlohn zu ernähren“</em>.&nbsp;Denn diese <em>„müssen häufig ihre kleinen Kinder einsperren oder unbesorgten Nachbarn anvertrauen, sie auch gar frei herumlaufen lassen, wodurch Unglücksfälle entstehen und die sittliche Erziehung benachteiligt wird“</em>. &nbsp;</p> <p>Eine solche Einrichtung soll in der Stadt und im Lehel eingerichtet werden.&nbsp;Auch das Gericht ob der Au&nbsp;und das Hofmarkgericht Haidhausen&nbsp;können Vorschläge einreichen.&nbsp;</p>

1803

Bis 1803

München * Das heutige Stadtgebiet gehört - neben dem „Münchner Burgfrieden“ zu vier verschiedenen „Gerichtsbezirken“: den „Landgerichten“

  • Dachau,
  • Starnberg,
  • Wolfratshausen und
  • Kranzberg sowie
  • der als Ausland geltenden „Grafschaft Ismaning“.
5. September 1803

Au * Das Landgericht München bezieht die Räume im ehemaligen Kloster Lilienberg. Es umfasst neben den Orten des Gerichts ob der Au das Amt Perlach vom Landgericht Wolfratshausen, das Gebiet Neuhausen vom Landgericht Dachau, die Gebiete Gauting und Germering aus dem Landgericht Starnberg sowie Fröttmaning und Garching aus dem Landgericht Kranzberg. Dazu die Orte Ismaning, Ober- und Unterföhring, Daglfing und Englschalking aus dem kurz zuvor staatlich eigenständigen Fürstbistum Freising.


1806

1806

Düsseldorf - München * Der „Historienmaler“ und bisherige „Direktor der Düsseldorfer Akademie und Gemäldegalerie“, Johann Peter Langer, siedelt mit seinem Sohn Robert nach München über.

Johann Peter Langer soll im neu erhobenen „Königreich Baiern“ die Leitung der seit dem Jahr 1770 bestehenden „Maler- und Bildhaueracademie“ übernehmen und auf europäisches Niveau anheben.

Untergebracht ist die „Akademie der Bildenden Künste“ in dem Teil des ehemaligen „Jesuitenkollegs“ neben der „Michaelskirche“ in der Neuhauser Straße, der zuvor vom „Wilhelmsgymnasium“ genutzt worden war und seit dem Jahr 1781 die „Münchner Zeichnungsschule“ [= „Maler- und Bildhaueracademie“] beherbergte.


1808

20. Januar 1808

München * Die Landesfreiheitserklärung, die das Verhältnis zwischen der Landschaft und dem Landesherrn bestimmt, wird aufgehoben.

1. Mai 1808<p><strong><em>München</em></strong> * Die Konstitution des Königreichs Baiern&nbsp;tritt in Kraft. Die erste einheitliche Verfassung des Königreichs Baiern besteht aus 45 Paragraphen, die auf acht Seiten Platz finden. &nbsp;</p> <p>Nach der Auflösung des Heiligen Römischen Reiches Deutscher Nation&nbsp;und dem großen Gebietszuwachs, den Baiern erfahren hat, ist es notwendig geworden, das Recht zu vereinheitlichen und die Rechtsgleichheit in den verschiedenen Landesteilen herzustellen. Nur Altbaiern war, bis auf wenige Enklaven, ein geschlossenes Staatsgebiet. Ansonsten gleicht das neue Baiern mit seiner Anhäufung von Besitzungen verschiedener Fürsten, Grafen, Herren und Ritter eher einem Fleckerlteppich.&nbsp;</p> <p>Baiern muss nun zusammenwachsen und nach einheitlichen gesellschaftlichen und verwaltungsrechtlichen Grundsätzen regiert werden. &nbsp;</p> <ul> <li>Damit werden <em>„alle besonderen Verfassungen, Privilegien, Erbämter und Landschaftliche Korporationen der einzelnen Provinzen“</em> aufgehoben. &nbsp;</li> <li>Die Verfassung garantiert die Gleichheit aller vor dem Gesetz und den Steuerbehörden sowie beim Zugang zu den Staatsämtern. &nbsp;</li> <li>Die Rechte des Adels werden darin eingeschränkt und deren bisherigen politischen Vorrechte ausdrücklich abgelehnt. In einer neu eingeführten „Adelsmatrikel“ muss der Adelstitel erst staatlich anerkannt werden. &nbsp;</li> <li>Die Leibeigenschaft&nbsp;wird ersatzlos abgeschafft.</li> <li>Die Sicherheit des Eigentums wird ebenso gewährleistet, wie die Gewissensfreiheit&nbsp;und die Pressefreiheit.&nbsp;Letztere wird allerdings durch Gesetze teilweise wieder eingeschränkt.</li> <li>Das Gesetz sieht ein stehendes Volksheer&nbsp;und eine Bürgermiliz&nbsp;vor.</li> </ul> <p>Mit 21 Jahren muss jeder Staatsbürger&nbsp;vor der Verwaltung seines Kreises&nbsp;einen Eid ablegen, dass er <em>„der Konstitution und den Gesetzen gehorchen - dem König treu sein wolle“</em>. Ohne ausdrückliche Erlaubnis des Monarchen darf kein <em>Staatsbürger</em>&nbsp;auswandern oder ins Ausland reisen.&nbsp;</p> <p>Zum <em>„Königlichen Hause“</em> wird in der Konstitution&nbsp;festgelegt,</p> <ul> <li>dass die Krone erblich ist <em>„in dem Manns-Stamme des regierenden Hauses, nach dem Rechte der Erstgeburt und der agnatisch-linealischen Erbfolge“</em>.</li> <li>Die Prinzessinnen sind für immer von der Regierung ausgeschlossen, so lange noch männliche Nachkommen vorhanden sind.</li> <li>Sämtliche Familienmitglieder des königlichen Hauses stehen unter der Gerichtsbarkeit des Monarchen, und können bei Verlust Ihres Erbfolge-Rechts nur mit dessen Einwilligung zur Ehe schreiten. &nbsp;</li> </ul> <p>Nach den Bestimmungen der Konstitution&nbsp;besteht zur Verwaltung des Königreiches Baiern&nbsp;</p> <ul> <li>das Ministerium&nbsp;aus fünf Departements,&nbsp;dem des Äußeren, der Justiz, der Finanzen, des Inneren&nbsp;und des Kriegswesens. &nbsp;</li> <li>Zudem teilte sie das Königreich in Kreise&nbsp;ein, um so einen einheitlichen Beamten- und Verwaltungsstaat zu schaffen.</li> <li>Auch das Justiz- und Militärwesen werden neu organisiert. &nbsp;</li> </ul> <p>Ein Parlament&nbsp;ist in Form einer National-Repräsentation&nbsp;vorgesehen, kommt aber nicht zustande. &nbsp;<br /> Gleichwohl werden die Vertretungen der einzelnen Teilgebiete des Königreichs mit Inkrafttreten der Verfassung abgeschafft. &nbsp;</p> <ul> <li>Die National-Repräsentanten sollten für die Dauer von sechs Jahren gewählt werden. &nbsp;</li> <li>Dazu sollten in jedem der acht Kreise,von den 200 höchstbesteuerten <em>„Land-Eigenthümern, Kaufleuten und Fabrikanten“</em> von Wahlmännern sieben Mitglieder gewählt werden. Diese 56 Gewählten hätten dann die Reichs-Versammlung&nbsp;gebildet. &nbsp;</li> </ul> <p>Durch die Einführung der Konstitution&nbsp;verhindert Minister Maximilian Joseph von Montgelas, dass der auf Napoléon Bonapartes Drängen geschlossene Rheinbund&nbsp;die Souveränität des Königreichs Baiern&nbsp;zu stark einschränkt.</p>
1. Juni 1808

München * Gründung der Königlichen Akademie der Bildenden Künste. Ihr erster Direktor ist der inzwischen in den Adelsstand erhobene, aus Düsseldorf stammende Johann Peter von Langer.


1812

18. August 1812

Haidhausen * Johann Peter von Langer kauft vom Grafen Anton Clemens von Toerring-Seefeld - um 4.400 Gulden - ein Grundstück. Er lässt das an der Wiener Straße gelegene Salettl des ehemaligen Haidhauser Hofmarksitzes für seine Familiezu einer repräsentativen Künstlerresidenz umbauen. 

Die Planungen erstellt der Professor für Architektur an der Münchner Kunstakademie, Carl von Fischer. Die Haidhauser bezeichnen das Anwesen als „Langerschlößl“.


1813

Anno 1813

Haidhausen * Johann Peter von Langer, „Akademiedirektor“, erwirbt das Toerring-Seefeld‘sche „Salettl“ und baut es zum „Langer-Schlössl“ um.

18. März 1813<p><strong><em>München</em></strong> * In einer von Minister&nbsp;Montgelas veranlassten Anweisung heißt es:&nbsp;<em>„Es ist Anzeige gemacht worden, daß mehrere Eleven der Akademie der bildenden Künste sich durch Schnurr- und Knebelbärte auszuzeichnen suchen.&nbsp;Die Akademie erhält den Auftrag, sie zur Ablegung derselben sofort anzuweisen und überhaupt über ein ruhiges und sittliches Betragen sorgfältig zu wachen.“&nbsp;</em></p> <p>Besonders beunruhigend sind für die Regierung eine <em>„auffallende Haartracht oder Abzeichen auf Mützen und Hüten“</em>, die auf geheime Verbindungen&nbsp;hindeuten könnten.</p>
22. Mai 1813

Leipzig * Wilhelm Richard Wagner wird als jüngstes von neun Kindern des Polizeiaktuars, einem Schriftführer im Polizeipräsidium, und Laienschauspielers Carl Friedrich Wilhelm Wagner und dessen Ehefrau Johanna Rosine in Leipzig geboren.

27. Juli 1813

München-Kreuzviertel * Maria Ellenrieder schreibt sich als erste Münchner Kunststudentin an der Akademie ein. Bis 1841 weisen die Matrikelbücher insgesamt 47 Kunststudentinnen aus.

22. Dezember 1813

Haidhausen * Der Direktor der Akademie der Bildenden Künste, Johann Peter von Langer, kauft vom Haidhauser Hofmarkherrn Anton Clemens von Toerring-Seefeld noch weitere Grundstücke aus dem westlichen Teil des ehemaligen Schlossgartens als Bauplätze für Wohnhäuser an der neu angelegten Schlossstraße.


1819

1819

Vorstadt Au - München * Die Handwerker und die häufig arbeitslosen Tagelöhner der Au drängen auf die Eingemeindung.

In einem Gutachten des „Münchner Magistrats“ heißt es dazu:

„Der Gewerbemann der Vorstadt Au hat seine Kundschaft und seinen Markt nicht auf seinem Wohnplatz, sondern in München. Was sollen Schuhmacher und Schneider in einer Gemeinde mit 7.000 Köpfen, von denen zwei Drittel im Sommer mit bloßen Füßen gehen und sich in Lumpen kleiden“.


1824

21. Juli 1824

Haidhausen * Graf Clemens Anton von Toerring-Seefeld verkauft das Patrimonialgericht Haidhausen um 70.000 Gulden an die Stadt München. Der Verkauf muss rückgängig gemacht werden, da er nicht die Billigung der Regierung findet.

6. August 1824

Haidhausen * Johann Peter von Langer stirbt.

Noch kurz vor seinem Tod äußert er sich vor seinen Studenten folgendermaßen: „Meine Herren, es gibt nur drei wahrhaft große Künstler: Der Erste war Raffael, der Zweite ist mein Sohn und den Dritten verbietet mir die Bescheidenheit, Ihnen zu nennen!“
Kritik nahm er nicht mehr wahr. Den Bestrebungen, ihn als Akademiedirektor abzusetzen, muss er sich nicht mehr stellen, da er das Zeitliche segnet. 

Robert von Langer erhält zwar das väterliche Adelsprädikat übertragen, doch für das Amt des Akademie-Direktors wird im gleichen Jahr Peter Cornelius berufen. 


1825

20. Oktober 1825

München - Königreich Bayern * Nur zwei Tage nach seinem Regierungsantritt ordnet König Ludwig I. in einer Rechtschreibreform an, dass „Baiern“ in Zukunft „mit einem ‚y‘ statt mit einem ‚i‘ zu schreiben“ ist. Mit dem griechischen „y“ im Landesnamen will er seine Verehrung für den griechischen Befreiungskampf ausdrücken.


1826

Um August 1826

Haidhausen * In den Sommermonaten 1826 bis 1828 malt Robert von Langer, gemeinsam mit seinem Schüler August Riedel, den ansehnlichsten Raum seiner Haidhauser Villa an der heutigen Einsteinstraße mit Fresken aus.

Mit der Erschaffung des Freskenzyklus in seiner Künstlerresidenz will Robert von Langer wieder künstlerische Anerkennung erlangen und ein persönliches, weithin sichtbares Zeichen setzen.


1827

26. April 1827

München-Kreuzviertel * Robert von Langer wird „Direktor der kgl. Sammlung von Handzeichnungen, elfenbeinernen Schnitz-Werken, Miniatur-, Email- und Musiv- Arbeiten“

Damit beendet er seine Tätigkeit an der „Akademie“.

31. Dezember 1827

Königreich Bayern * In ganz Bayern gibt es etwas mehr als 350 Ziegeleien.


1830

1830

Indien - Europa * Die „Cholera“, die lange Zeit endemisch in Indien beheimatet war, erreicht - durch intensiven Handel, Reiseverkehr und Krieg - erstmals Europa.

Die Erkrankung beginnt mit sturzbachartigen Durchfällen und Dauererbrechen.
Der mit der „Cholera“ infizierte verliert am Tag bis zu 15 Liter Körperflüssigkeit, sodass die erkrankte Person innerhalb weniger Stunden zu einer „verrunzelten Karikatur ihres früheren Ichs zusammenschrumpft“.

Geplatzte Kapillargefäße verfärben die Haut schwarz und blau, der Kranke wird von Krämpfen geschüttelt, die Organe versagen, der Kreislauf bricht zusammen, das Herz stolpert und die Nieren arbeiten nicht mehr.
Die Temperatur kann bis auf 20 Grad absinken, weshalb die „Cholera“ auch „Kalte Pest“ genannt wird.
Der Tod tritt in drei bis fünf Tagen ein, oft aber schon nach wenigen Stunden.

Die Verbreitung der Krankheit erfolgt hauptsächlich über das Trinkwasser, das mit Exkrementen von „Cholera-Kranken“ verunreinigt ist.
Einen weiteren Übertragungsweg bilden Nahrungsmittel, die mit verseuchtem Wasser und ohne Erhitzung zubereitet werden.

Eine Ansteckung ist nur möglich, wenn der Erreger über den Mund in den menschlichen Verdauungstrakt gelangt.
Dabei reicht schon eine Berührung der Lippen mit infizierten Händen aus.

1830

München-Maxvorstadt * Robert von Langer übernimmt seinen letzten öffentlichen Auftrag und schmückt das „Herzog-Max-Palais“ mit Szenen aus der griechischen Mythologie aus.

Herzog Max in Bayern war der Vater der Kaiserin Elisabeth.

1830

München-Maxvorstadt * Da eine neue Verordnung, den Eintritt in den „höheren Staatsdienst“ betreffend, die Absolvierung des Gymnasiums fordert, bereitet sich Friedrich Bürklein nebenher auch noch auf das Abitur vor, das er im Jahr 1830 mit Auszeichnung besteht.

Auf der „Akademie“ gehört er bald zu den besten Schülern Gärtners, vertritt den Professor häufig im Unterricht und wird von ihm auch zu Bauführungen herangezogen.


1831

1831

Preußen * Über Russland und Polen gelangt die „Cholera“ nach Preußen und von dort nach England.

Kuriose Vorschläge zur Bekämpfung der Seuche tauchen auf.

So schreibt die Freiin Caroline von Maiern in einer in Nürnberg erschienenen Flugschrift „Entdeckung des Geheimnisses der Cholera“ folgendes:
„Von Polizei wegen sollte Männern ein anderes Zeichen ihres Grußes bewilligt werden, als auf offener Straße ihre Hüte und Mützen abzuziehen, weil das Choleragift sehr leicht dem Haare sich mitteilt.
Und ferner sollte die Polizei das Tabakrauchen auf offener Straße erlauben, um das Miasma [„Choleradunst“] auch durch den Rauchtabak zu verscheuchen“
.

Eine andere Schrift, die auch in München auftaucht, will Händler, „welche aus angesteckten Ländern kommen“, in eine vierzigtägige Quarantäne stecken.

Mitgeführte Papiere sollten geräuchert, Nahrungsmittel in Essig getaucht werden.
Auch Geld sollte nicht aus der fremden Hand genommen werden. Es sollte ebenfalls zuvor in Essig gelegt werden.

Die Schrift endet mit der Drohung: „Diejenigen, welche gegenwärtigen Vorschriften keinen Glauben schenken, werden sich der Gefahr aussetzen, ihren Unglauben mit dem Leben zu büßen“.


1832

Januar 1832

Frankreich * Die „Cholera“ tritt in Frankreich auf und verbreitet sich von da aus über die ganze Erde.

19. April 1832<p><strong><em>München</em></strong> * Das Bayerische Innenministerium&nbsp;befasst sich mit der Cholera&nbsp;und gibt erste vorsorgliche Hinweise an die Bevölkerung.</p>
6. Dezember 1832

Ottobrunn - Aibling * Der 17-jährige Bayernprinz Otto macht sich von der Münchner Residenz auf nach Griechenland, in sein neues Königreich. In Ottobrunn nimmt König Ludwig I. Abschied von seinem Sohn.

Königin Therese wird ihn noch bis nach Aibling begleiten. An der Brücke über die Mangfall wird sie sich - unter Tränen - von ihrem Sohn trennen.


1833

20. Oktober 1833

Haidhausen - Ottobrunn * Der in Haidhausen niedergelassene Steinmetzmeister Anton Ripfel beginnt mit den Arbeiten an dem 8,75 Meter hohen Ehrendenkmal in Form einer griechisch-dorischen Säule am Ortsrand von Ottobrunn, dem damaligen Hehenkirchner Forst. Die sogenannte Ottosäule trägt die Inschrift: „3 ¼ Stunden von München entfernt, wo Ludwig I., König von Bayern, von seinem edlen Sohn, Otto I. von Griechenland, am 6. Dezember 1832 Abschied nahm.“

Die Aufstellung der Ottosäule geschieht in Abstimmung mit dem Regenten. Da der huldigende Aspekt des Denkmals schon von Anfang an feststeht, wünscht König Ludwig I. solche Initiativen nicht nur, sondern erwartet sie geradezu.

31. Dezember 1833

Haidhausen * Aus einem Bericht des Königlichen Landgerichts Au geht hervor, dass

  • die rein landwirtschaftlich tätige Bevölkerung in Haidhausen - einschließlich der ansässigen und nichtansässigen Tagelöhner und Dienstboten - 445 Personen umfasst.
  • Die rein gewerbliche Bevölkerung - mit Gesellen, Lehrlingen, Dienstboten und Taglöhnern - beträgt 4.053 Menschen, wovon 1.764 Personen in Haidhausen ansässige Tagelöhner sind.

Das bedeutet, dass die gewerbliche Bevölkerung zahlenmäßig die bäuerliche um das Neunfache übertrifft. 


1834

1834

München * Die Königliche Civilliste beträgt jährlich 2,3 Millionen Gulden, wovon dem König rund 300.000 Gulden zur freien Verfügung stehen.

13. Februar 1834

Ottobrunn * Die Ottosäule in Ottobrunn wird eingeweiht. Sie trägt die antik gestaltete Büste des damals siebzehnjährigen griechischen Königs aus dem bayerisch-wittelsbachischen Herrscherhaus. Der Sockel ist mit Blattvoluten und Eckpalmetten verziert, die von Trophäen, Insignien und den Wappen der Königreiche Bayern und Griechenland umringt werden. Ein Löwe liegt zu Füßen des Sockels. Die künstliche Anhöhe, auf der sich die Ottosäule in Ottobrunn erhebt, wird erst in späterer Zeit mit Felsensteinen verkleidet werden. 

1. Mai 1834

Haidhausen * Die Haidhauser Armen- und Krankenanstalt wird eröffnet. Sie ist auch für die Aufnahme der Auer Bevölkerung vorgesehen.


1835

1835

Landgericht Au * Im Landgericht Au, das die Vorstadt Au und die Gemeinden Haidhausen, Obergiesing, Bogenhausen, Oberföhring, Daglfing und Berg am Laim umfasst, werden 514 eheliche und 252 uneheliche Kinder geboren. 


1836

1836

Königreich Bayern • In Bayern werden 1.125 Ziegelstadel betrieben.

Um März 1836

Süddeutschland * Die „Cholera“ grassiert erstmals in Süddeutschland.

Das Bürgertum fühlt sich zunehmend von den „armen“ Bevölkerungsschichten bedroht, weshalb das „Bayerische Staatsministerium des Innern“ eine Verordnung erlässt.

In dieser wird die Notwendigkeit der Unterstützung der Armen angesichts der herrschenden Epidemie eingefordert, da sie „zum Schutze der Gesamtheit nicht minder als zum Schirme der Dürftigen selbst“ notwendig sei, „da die in den Hütten sich steigernde Krankheit auch auf alle übrigen Klassen und den Gesundheits-Zustand ganzer Orte nicht ohne Rückwirkung bleibt“.

August 1836

München - Vorstadt Au - Haidhausen * In München bricht die erste „Cholera-Epidemie“ aus.
Sie dauert bis Januar 1837.

143 von 4.700 Bewohner Haidhausens sterben daran, das sind rund 3 Prozent.
259 von rund 10.000 Bewohner der Au sterben daran, das sind rund 2,6 Prozent.
1.061 von rund 100.000 Bewohner Münchens sterben daran, das sind rund 1 Prozent.

Von Übergriffen auf Ärzten wegen der „Cholera“ wird berichtet:

„Im Jahre 1836 hielt man in der Vorstadt Haidhausen dafür, daß die Aerzte den Leuten die Cholera erst ins Haus brächten, und sie wollten von ärztlichen Nachforschungen im Hause nichts wissen.
Ja, es bestanden dort Vorurtheile, als ob die reichen Leute die Cholera machten, als leiser Nachklang der Brunnenvergiftungsfurcht durch die Juden im Mittelalter.

Es war daher das Aufsuchen und die Nachfrage in Haidhausen, ob im Hause keine Diarrhöen vorkämen, dem vorurtheilsvollen und ungebildeten Publikum gegenüber sogar mit persönlicher Gefahr verbunden“.

Bei den nächsten Epidemien spielten Vergiftungsvorstellungen keine Rolle mehr.
Doch nachvollziehbar sind solche Theorien schon.

So hält sich die Vorstellung, der „Aids-Virus“ sei in einem amerikanischen Labor geschaffen worden, um die „Schwarzen“ auszurotten, auch noch immer.


1837

1837

Haidhausen * Die Einnahmen der „Haidhauser Armenpflege“ liegen bei 4.872 Gulden, die Ausgaben bei 7.055 Gulden.

Das Defizit von 2.773 Gulden muss die Gemeindekasse übernehmen.

1837

Vorstadt Au - Haidhausen - Giesing * Der Auer „Armenarzt“ Anselm Martin schreibt:

„In den Herbergen sind nicht nur Menschen, sondern auch noch alle Gattungen Hausthiere Katzen, Kaninchen, Vögel, Mäuse und dergleichen, so wie alle nur erdenklichen Handwerksgeräthe, Hausutensilien, alte, bereits halb verfaulte, zusammengesammelte Leinwand, zerbrochenes Glas, neugewaschene zum Trocknen aufgehängte Wäsche und dergleichen in den kleinsten, mit zurückstoßender Luft angefüllten Gemächern anzutreffen.

Die Öfen sind gewöhnlich von Ziegel, selten von Eisen.
Die Feuerung geschieht mit Holz und zwar mit den schlechtesten und wohlfeilsten Holzgattungen, oft mit halbverfaulten, in der Isar aufgefangenen Gerten und Prügeln“
.

Die „Höhe der Wohnräume“ liegt bei 180 bis 192 Zentimetern; die „Dachdeckungen“ aus Ziegel oder Blech lösen erst im 19. Jahrhundert die Schindel- oder Strohdeckung ab; ihre „Galerien und Träger“ verzieren die Bewohner mit Schnitzereien.

„Gemeinsamer Besitz“ aller Hausbewohner sind das „Grundstück“, die „Umfassungsmauern“ und das „Dach“.

Diese komplizierten Eigentumsverhältnisse führen häufig zu ausgiebigen Streitereien.
Wird das Dach undicht, so sind in erster Linie nur die Parteien des obersten Stockwerks vom Schaden betroffen, die Bewohner des Parterres dagegen haben nur sehr wenig Interesse an einer kostspieligen Reparatur.
Deshalb soll es vorgekommen sein, dass die „Oberen“ kübelweise Wasser auf den Fußboden schütteten, um die „Unteren“ drastisch an die gemeinsamen Verpflichtungen zu erinnern.

Nicht umsonst heißt es in den Akten des Landgerichts: „So viele Herbergsbesitzer sich in einem Hause befinden, ebensoviele Hauseigentümer gibt es im selben; keiner lässt sich vom andern etwas einsprechen, jeder tut in seiner Herberge, was er will“.

Auch die „hygienischen Zustände“ sind katastrophal.
Das „Trinkwasser“ muss von weit entfernten „Pumpbrunnen“ geholt werden.

Da eigene „Abtritte“ fehlen, benutzt man „Häfen und Leibstühle“.
Wegen der fehlenden Kanalisation werden „Abfälle und Abwässer“ jeglicher Herkunft in den „Auer Mühlbach“ geschüttet.
Eine „städtische Verordnung“ bestimmt deshalb, dass dies nur während der Nacht geschehen darf, da tagsüber die Frauen ihre Wäsche im „Auer Mühlbach“ waschen.

Das Fehlen der „Abfalltonnen“ bedingt viele unreinliche Wohnungen.
Dadurch sind die „Herbergsviertel“ in „Seuchenzeiten“ Brutstätten von Krankheiten.

Es ist also kein Wunder, dass viele Bewohner an den „Typhus- und Choleraepidemien“ sterben und die Einwohner oft hohen Blutzoll zu entrichten haben.

1837

Vorstadt Au - Haidhausen - Giesing * Anselm Martin, für den Münchner Osten zuständiger „Armenarzt“, schreibt in seiner „Topographie“ über die Arbeits- und Verdienstmöglichkeiten:

„Die Masse der Bevölkerung zieht [...] ihre Nahrungsquelle aus den Tages-Arbeiten in der benachbarten Stadt, den Fabriken des Bezirkes und namentlich den vielen nahen Ziegelöfen“.


1839

1839

Haidhausen - München-Lehel - München-Graggenau * Der Standort des heutigen „Maximilianeums“ wird erst ins Auge gefasst, nachdem „Thronanwärter“ Max II. mit dem Gedanken einer vom „Max-Joseph-Platz“ ausgehenden und zur „Akropole“ führenden „Prachtstraße“ spielt.

Damals notiert er unter „Auszuführendes in München” den Plan einer „Verbindung der Stadt mit der Isar von der Neuen Residenz aus über das Lehel”.

Max‘ II. Vision wird später von Friedrich Bürklein folgendermaßen beschrieben: 

„Die Anlage eines großen öffentlichen Gartens mit Vergnügungsplätzen, ausgestattet mit schönen Alleen zwischen Fahr- und Fußwegen, mit Blumenbosquetts, ist ein Bedürfniß.
In der Hauptform eines römischen Forums angelegt ein würdiger Bauplatz für öffentliche Bauten und Monumente, ein Corso, ein Sammelplatz der gebildeten Welt.

Gleich den Champs-Elysées in den entfernten Theilen zwischen Privatgebäuden: Conditoreien, Kaffee- und Speisehäuser, Säle für Musikfeste und Cirkus. Für die Anlage eines Objektes auf der Isaranhöhe wird ein Garten um so maßgebender, als durch diese Disposition genanntes Objekt gleichsam als Akropole für die Stadt erscheint”.

Der künftige König will eine - dem großstädtischen Charakter der Residenzstadt angemessene - Ausfallstraße nach Osten errichten lassen und befindet sich damit in vollkommener Übereinstimmung mit Münchens Stadtrat, der die Aufwertung dieses Stadtbereichs nach der ins Auge gefassten Eingemeindung der Vororte Haidhausen und Giesing sowie der Vorstadt Au schon seit längerer Zeit favorisiert.

Außerdem spielen militärische Gesichtspunkte eine wichtige Rolle, da über die Straße die Armee zum Schutz der „Residenz“ und zur Verhinderung von Zusammenrottungen aufständischer Bürger schnellstens aufmarschieren kann.


1840

1840

Haidhausen * In den Überlegungen des „Kronprinzen“ Max II. nimmt die Errichtung des „Nationalbaus” eine hohe Priorität ein.

Doch eine mögliche Nutzung steht noch aus.
Sie findet sich erst mit dem Plan, dort ein „Erziehungsinstitut für künftige Staatsbeamte“ zu gründen.

Nun werden die Pläne für ein „Athenäum” bezeichnetes Bauwerk konkretisiert.
In den ersten Planungen wird es als „riesiger Kultur- und Sportcampus mit Kirchen, Sälen, einem Schwimmbad usw, mit insgesamt 23 Gebäuden” beschrieben.


1841

29. Oktober 1841

München - Schleißheim * Robert von Langer wird Direktor der Zentral-Gemälde-Galerie. In dieser Funktion darf er die Alte Pinakothek einrichten und die Schleißheimer Galerie umordnen.


1842

Ab 1842

Dresden * Zwischen 1842 und 1845 bringt Richard Wagner in Dresden seine drei Opern „Rienzi, der Letzte der Tribünen“, „Der fliegende Holländer“ und „Thannhäuser“ zur Uraufführung.


1843

9. Mai 1843

Haidhausen * Die selbstständige Gemeinde Haidhausen schließt mit dem Münchner Privatier Willibald Brodmann einen provisorischen Kaufvertrag für das Schlösschen Haidenau., um dort ein Krankenhaus zu erbauen. 9.200 Gulden soll das Anwesen kosten.

Doch gegen diese Pläne wehren sich die Frauen vom guten Hirten. Sie werden von König Ludwig I. unterstützt. Deshalb tritt der Nonnenorden mit Willibald Brodmann in Verhandlungen und überbietet das Preisgebot der Gemeinde Haidhausen um 800 Gulden. Das Schloss Haidenau wird danach umgehend abgerissen. 


1845

7. Januar 1845

München * Prinz Ludwig III. wird als Sohn des späteren Prinzregenten Luitpold und dessen Frau Auguste geboren. Er ist damit der älteste Enkel des regierenden Königs Ludwig I. und rund achteinhalb Monate älter als der als Märchenkönig berühmt gewordene Ludwig II..

25. August 1845

Schloss Nymphenburg * Kronprinz Ludwig (II.) wird am Geburts- und Namenstag seines Großvaters, des Bayernkönigs Ludwig I., um 0:30 Uhr in Schloss Nymphenburg geboren. Sein Vater, Max II., ist zu diesem Zeitpunkt Kronprinz, seine Mutter Marie eine geborene Prinzessin von Preußen.

26. August 1845

Schloss Nymphenburg * Im Steinernen Saal von Schloss Nymphenburg wird der spätere bayerische Thronfolger auf den Namen Otto Ludwig Friedrich Wilhelm getauft. Es besteht Unklarheit in der Frage, wer als Taufpate fungierte. Eine Aussage spricht von Bayerns König Ludwig I. und seiner Gemahlin Therese, eine andere Aufzeichnung von König Otto von Griechenland und Friedrich Wilhelm IV. von Preußen.

15. November 1845

München * Ludwig (II.) erhält den neu eingeführten Titel Erbprinz für den ältesten Sohn des Kronprinzen Max II..


1846

26. März 1846<p><strong><em>Großkarlowitz</em></strong> * Eduard Theodor Grützner kommt als siebtes Kind einer wenig begüterten Bauernfamilie im schlesischen Großkarlowitz zur Welt.&nbsp;Schon als Hüterbub zeichnet er auf alles, was ihm in die Hände fällt.</p>
6. Oktober 1846

Haidhausen * Robert von Langer stirbt zutiefst verbittert - im Alter von 63 Jahren - in seinem Besitztum in Haidhausen an Lungenlähmung. Der Künstler sah sich als Maler als gescheitert an. Robert von Langer wird von seinen Zeitgenossen als „konservativer Zopfmaler“ verspottet und diffamiert. Kein Wunder, dass nach seinem Tod übersehen wurde, dass das Haus eine kunsthistorische Attraktion ersten Ranges darstellte.


1847

23. Juli 1847

Haidhausen * Robert von Langers Cousine Josepha verkauft das Schlösschen an den Wirt Johann Baptist Riemer, der die Künstlervilla an der heutigen Einsteinstraße in eine Gastwirtschaft mit dem Namen Schlosswirtschaft oder Riemerwirt umwandelt.

Das Anwesen kommt nach mehreren Weiterverkäufen in den Besitz der Münchner-Kindl-Brauerei, die unter den Wandbildern durchreisende Handwerksburschen übernachten lässt.


1848

1848

München * Der Pharmazeut und Hygieniker Max Pettenkofer, von den Münchnern liebevoll-verachtend „Scheißhäusl-Apostel“ genannt, wird Mitglied der „Königlichen Kommission der Erforschung der indischen Cholera“.

20. März 1848<p><strong><em>München</em></strong> * Nach 23-jähriger Regierungszeit dankt Ludwig I. ab und überträgt das Herrscheramt an seinen Sohn Max II..Sein Enkel Ludwig (II.) wird dadurch Kronprinz.</p> <p>Auch wenn sich Max II. nach Außen hin als Musterbild eines bürgernahen, konstitutionellen Staatsoberhauptes darstellt so plagt ihn zeitlebens die Furcht, dass ihm von seinem Volk ein ähnliches oder gar schlimmeres Schicksal bereitet werden könnte, wie seinem abgedankten Vater Ludwig I..</p> <p>Die revolutionären Begleitumstände, die König Max II. auf den Thron verhalfen und seinen Vater vom selben stießen, haben den neuernannten Bayernherrscher geradezu traumatisch geprägt.&nbsp;Er fühlt sich, nachdem auch das Militär auf die Verfassung vereidigt worden ist, <em>„schutzlos der Demokratie preisgegeben“</em>.&nbsp;Doch nachdem sich die revolutionäre Situation wieder beruhigt hat, kann König Max II. seine politischen Visionen endlich in die Tat umsetzen.&nbsp;Dazu gehören auch Maßnahmen zur Förderung einer bayerisch-monarchischen Gesinnung.&nbsp;Greifbare Formen nehmen das <em>„Athenäum-Projekt”</em> und der Bau des Prachtboulevards&nbsp;an.</p>

1849

1849

??? * Zwischen 1849 und 1851 entstehen viele musiktheoretischen Schriften von Richard Wagner, darunter das antisemitische Pamphlet „Das Judenthum in der Musik“.

9. Mai 1849

Dresden * Richard Wagner wird wegen seiner Beteiligung am Dresdner Mai-Aufstand in Deutschland steckbrieflich gesucht. Er ist beim Aufstand in Dresden als Schriftführer der Revolutionsregierung und als Beschaffer von [Semper'scher] Barrikadenarchitektur aufgefallen. Der Aufstand wird jedoch niedergeschlagen.

Zuvor sprach Richard Wagner in einem anonymen Artikel von der „Zerstörung der bestehenden Ordnung der Dinge“ durch die „erhabene Göttin Revolution“Unterstützt von Franz Liszt flieht er über Weimar nach Zürich, wo er als Komponist und Musikschriftsteller arbeitet.

30. Oktober 1849

München-Graggenau * Beide Münchner Gemeindekollegien stimmen der Vereinigung mit den drei östlichen Vororten zu.

9. November 1849

München * In einem Schreiben an seinen Innenminister Theodor von Zwehl kündigt König Max II. an: „Es ist von großer Wichtigkeit, auch in Bayern das Nationalgefühl des Volkes zu heben und zu kräftigen.“

Mit diesem Programm will er die Monarchie in Bayern sichern. Ihm ist klar, dass fast die Hälfte seines Staatsgebiets und seiner Bevölkerung nicht das Geringste mit Bayern zu tun hatte. Die revolutionären Ereignisse haben gezeigt, dass besonders von Franken, das keinerlei geschichtlichen Bezug zu Bayern hatte, der stärkste Widerstand gegen die Monarchie ausging. 

Durch die Förderung von Tracht, Brauchtum und Geschichte, durch Geschichtszyklen und dynastische Feste, durch Denkmäler, Nationalhymne und den Ausgleich der Religionen sowie durch gezielte Unterstützung aller konservativen, monarchiefreundlichen Institutionen und Vereinigungen, soll die gesamtbayerische Identitätsstiftung gesteuert werden.

All diese Maßnahmen schlagen sich nicht zuletzt auch in Fragen der Architektur nieder. Denn zum Ziel zur Förderung einer bayerisch-monarchischen Gesinnung zählen auch die Bemühungen des Bayernregenten um einen neuen Baustil, bei dem programmatisch gotische und bäuerliche Architekturformen, also letztlich „deutsche“ und „bayerische“ Elemente verschmolzen werden sollen.

Darüber hinaus verfolgt Max II. mit einem neuen, in Bayern erfundenen Baustil außenpolitische Ziele.

  • Er will damit für Bayern eine Vorrangstellung unter den deutschen Mittelstaaten erreichen und so das Land als dritte Kraft zwischen Preußen und Österreich etablieren und zumindest in der Architektur und im Städtebau eine führende Rolle einnehmen.
  • Daneben hätte er mit der Erfindung eines neuen Baustils auch seinen Vater, den dominierenden Kunstkönig, in dessen ureigenstem Gebiet übertroffen.

1850

28. August 1850

Weimar * Die Richard-Wagner-Oper „Lohengrin“ wird unter der Leitung von Franz Liszt in Weimar zur Uraufführung gebracht.

Um November 1850

München * Um zu einem neuen Baustil zu gelangen, veranlasst König Max II. eine öffentliche Ausschreibung für das „Athenäum“-Projekt.

Die „Kgl. Akademie der Bildenden Künste“ verschickt dazu eine „Einladung zu einer Preisbewerbung die Anfertigung eines Bauplanes zu einer höheren Bildungs- und Unterrichtsanstalt betreffend“ an insgesamt einhundert Architekten in Deutschland, deren Beteiligung man gerne gesehen hätte. Zudem wird die Konkurrenz in Tageszeitungen und Fachzeitschriften angekündigt.

Das Wettbewerbsprogramm und die nachgereichten „Erläuternden Bemerkungen“ stellen die Bewerber jedoch vor eine komplexe Aufgabe.

So soll durch die „Verschmelzung der Elemente und Eigentümlichkeiten“ der Stilgattungen aller Epochen - unter Berücksichtigung der „altdeutschen“ gotischen Baukunst ein „bis dahin noch nicht dagewesener Baustil“ im Sinne eines „bayerischen Nationalstils“ geschaffen werden.

Der Wunsch nach Verwendung des „Formenprinzips der altdeutschen, sogenannten gotischen Architektur“ lassen aber den Architekturwettbewerb letztlich scheitern.

Um Dezember 1850

München * Der Architekt Georg Christian Friedrich Bürklein reicht - im Auftrag des Königs - einen „Stadtverschönerungsplan“ ein.

Bürklein bringt auch den Gedanken des „Forums“ ein, indem er die Straße mit der vom König gewünschten Parkanlage verbindet.

Die Anlage wäre allerdings wesentlich größer und parkähnlicher ausgefallen, als dies heute der Fall ist. Da sich aber ein großer Park mit der Verkehrsstraße nur schwer vereinbaren lässt und außerdem die Vororte jenseits der Isar vom Stadtbezirk eher ferngehalten worden wären, nimmt man Abstand von diesen Plänen.

Was bleibt ist die Verbindung der Straße mit der Grünanlage, eben das heutige „Forum“, deren Platzmitte in den früheren Planungen mit vier Fontänen ausgestattet werden sollte.

Obwohl sich die Planungen für das Straßenprojekt noch über viele Jahre hinziehen, beginnt die praktische Umsetzung schon wesentlich früher.


1852

Ab 1852

München-Maxvorstadt * Bis zum Wintersemester 1920/21 werden Frauen nicht mehr zum Studium an der „Akademie der Bildenden Künste“ zugelassen.

1. Juni 1852

München-Graggenau - München-Lehel * Der Architekt Georg Christian Friedrich Bürklein reicht - im Auftrag Königs Max II. - einen Stadtverschönerungsplan ein. Bürklein bringt auch den Gedanken des Forums in der heutigen Maximilanstraße ein, indem er die Straße mit der vom König gewünschten Parkanlage verbindet. Die Anlage wäre allerdings wesentlich größer und parkähnlicher ausgefallen, als dies heute der Fall ist. 

Da sich aber ein großer Park mit der Verkehrsstraße nur schwer vereinbaren lässt und außerdem die Vororte jenseits der Isar vom Stadtbezirk eher ferngehalten worden wären, nimmt man Abstand von diesen Plänen. Was bleibt ist die Verbindung der Straße mit der Grünanlage, eben das heutige Forum, deren Platzmitte in den früheren Planungen mit vier Fontänen ausgestattet werden sollte.

Obwohl sich die Planungen für das Straßenprojekt noch über viele Jahre hinziehen, beginnt die praktische Umsetzung schon wesentlich früher.

Um Juli 1852

München-Graggenau - München-Lehel * König Max II. gibt den Architekten Bürklein, Gottreu, Riedel, Voit und Ziebland Aufträge zur Anfertigung von „Musterfassaden für die neue Straße“.

Dass sich der König statt an einen, an mehrere Architekten wendet, ist vorbildlich. Doch er macht wieder den Fehler, den Architekten bindende, alle Einzelheiten festlegende Vorschriften vorzugeben und damit jede Bewegungsfreiheit und Kreativität der Fachleute einzuengen. Damit macht er eine unabhängige Lösung des Problems unmöglich.

Kein Wunder, dass die Ergebnisse ziemlich gleich sind und den Wünschen des Königs entsprechen. Bürkleins Vorschläge finden volles Lob und Anerkennung, weshalb er den Sieg davonträgt.

Um das Projekt zu beschleunigen und die Verhandlungen über die Grundstückskäufe in Gang zu bringen, stellt König Max II. den notwendigen Betrag zunächst aus seiner Privatkasse zur Verfügung, sodass die ersten Verhandlungen über die Grundstückskäufe aufgenommen werden können. Die Ankäufe gehen rasch und reibungslos vor sich. Auch deshalb, weil sich der König - entgegen seiner sonst üblichen Sparsamkeit - sehr großzügig zeigt. Er will eben den Bau seines „Prachtboulevards“ möglichst schnell umgesetzt sehen. 

Freilich möchte der Bayernherrscher auch,  dass auch die Stadt zur finanziellen Beteiligung herangezogen wird, da sie ja immerhin der Hauptnutznießer des Bauvorhabens ist. Bei der künstlerischen Ausgestaltung der „Prachtstraße“ soll die Obrigkeit der Stadtgemeinde allerdings keinerlei Mitspracherechte haben. Nur die Herstellung des Straßenkörpers will ihr der Regent überlassen.

25. Dezember 1852

München-Graggenau - München-Lehel * Der Bayernkönig Max II. teilt dem Ersten Bürgermeister der Stadt München, Dr. Jakob von Bauer, mit, er hat vor, „die Stadt mit der Sankt-Anna-Vorstadt mittels einer schönen Straße zu verbinden und hierdurch einem vielseitig gefühlten Bedürfnisse abzuhelfen.

Die Vorbereitungen sind so weit gediehen, daß Ich Ihnen, Herr Bürgermeister, den Plan anbei mitteilen kann, damit Sie Mir berichten, ob sich die Überbrückung und Auffüllung der Kanäle und die Herstellung des Straßenkörpers aus städtischen Mitteln ins Werk setzen läßt, indem Ich in diesem Falle durch schenkungsweise Überlassung des auf Meine Kosten erworbenen Straßengrundes das Vorhaben zu verwirklichen gedenke.“

Bürgermeister Dr. Bauer setzt sich in der Folge vor dem Magistrat für den Bau der Straße ein, da mit ihr die kurz vor der Eingemeindung stehenden Orte des Ostends (Haidhausen, Au, Giesing) wesentlich besser erschlossen werden können.

Er räumt aber auch ein, dass der auf die Stadt zukommende Aufwand in Höhe von 260.000 Gulden nur dann zu finanzieren sei, wenn der König der Erhöhung des Pflasterzolls, der Weinsteuer oder des Malzzuschlags, einer Art Biersteuer, die der Stadt bis zum Jahr 1899 zu garantieren sei, zustimmen würde.


1853

März 1853

Haidhausen * Dem Haidhauser „Kirchenbau-Ausschuss“ wird die „Errichtung einer Ziegelei“ genehmigt.

Der „Ziegelstadel“ erhält den Namen „Kirchstein“.

18. Juli 1853

München-Graggenau - München-Lehel * Nachdem das königliche Einverständnis zur Erhöhung des Pflasterzolls, der Weinsteuer und des Malzzuschlags vorliegt, beginnt die Stadt, unter Leitung des noch jungen Bauingenieurs beim Stadtbauamt, Arnold Zenetti, mit den Straßenbauarbeiten zur Maximilianstraße. 

Die gewünschte Auffüllung der Bäche wird abgelehnt, da dies den wirtschaftlichen Ruin für den Münchner Osten bedeuten würde. Deshalb werden später viele Kellergeschosse aus den massiv gemauerten Bacheinfassungen hergestellt.


1854

1854

München-Graggenau - München-Lehel * Die vorbereitenden Geländearbeiten für die Maximilianstraße sind abgeschlossen.

„Bauingenieur“ Arnold Zenetti baut in der ungleichförmigen Talsohle einen festen ebenen Damm auf.

Dazu muss an manchen Stellen das Gelände abgetragen, viel öfter aber aufgeschüttet werden. Sehr gut erkennt man die Höhenunterschiede am Marstallplatz, an der Wurzerstraße und am Kosttor.

Außerdem müssen mehrere alte Gebäude dem Erdboden gleichgemacht werden.

1854

München * Bis das „Preisgericht“ zur Beurteilung der eingereichten Arbeiten erstmals zusammenkommt, vergehen nochmal eineinhalb Jahre. Diese erneute Verzögerung liegt ausschließlich in der Person des Königs begründet, weil dieser sich zunächst mit jedem einzelnen Entwurf selbst beschäftigt. Doch bei den anstehenden Staatsaufgaben und sonstigen Neigungen findet er für diese Tätigkeit nur gelegentlich Zeit und Muße.

Seine Einschätzung gibt er nicht preis, um dem „Schiedsspruch“ der Fachleute nicht vorzugreifen. Das ist zunächst eine weise Entscheidung, die jedoch sofort wieder relativiert wird, da ja die letzte Entscheidung doch wieder beim König liegt.

Das Protokoll der Sitzung des „Preisgerichts“ ist verschollen. Es ist nur bekannt, dass der Berliner „Oberbaurat“ Wilhelm Stier den ersten Preis in Höhe von 4.000 Gulden zuerkannt bekommt und dass ein zweiter und ein dritter Preis nicht vergeben wird. Es ist aber auch klar, dass die Planungen Wilhelm Stiers - „der ungeheueren Kosten wegen“ - nicht zur Ausführung kommen werden. Die übrigen Konkurrenzentwürfe verschwinden in der Versenkung.

Friedrich Bürklein wird - vollkommen unabhängig vom Konkurrenzergebnis - mit der Ausführung der Pläne für das „Maximilianeum“ und der Ausführung des umfangreichen Bauprogramms beauftragt. Über das „Preisgericht“ und die eingelaufenen Bewerbungen legt man den Mantel des Schweigens.

13. Januar 1854

Höchstadt an der Aisch * Leonhard Romeis, der spätere Haupt-Architekt der Richard-Wagner-Straße, wird in Höchstadt an der Aisch geboren.

17. Mai 1854

Vorstadt Au - Giesing - Haidhausen * Fünf Jahre dauern die Überlegungen des Kgl. Bay. Staatsministeriums des Inneren, bis die 25 Paragraphen zur Eingemeindung ausgearbeitet sind. Nun ist die Vereinigung Münchens mit der Au, Haidhausen und Giesing genehmigt.

„Seine Majestät der König haben die nachgesuchte Vereinigung der Gemeinde Au, Giesing und Haidhausen mit der Reichshaupt- und Residenzstadt München in Eine Gemeinde unter Erhebung jener drei Gemeinden zu Vorstädten von München [...] allergnädigst zu genehmigen geruht.“

28. Mai 1854

München-Graggenau * Ein großer Bittgottesdienst zur Abwendung der Cholera-Epidemie wird an der Mariensäule auf dem Schrannenmarkt zelebriert. 25.000 Menschen beteiligen sich.

15. Juli 1854

München-Maxvorstadt * Die im Glaspalast stattfindende Industrie-Ausstellung wird von König Max II. feierlich eröffnet.

Nur wenige Tage später bricht die Cholera aus. Bei der Eröffnungsrede bricht ein Billeteur tot zusammen. Man glaubt an einen Schlaganfall, doch vermutlich handelt es sich um das erste Opfer der Cholera.

18. Juli 1854

München-Graggenau * Ein Theaterbesucher aus der Schweiz bricht während der Vorstellung zusammen und wird in die Klinik gebracht. Vermutlich ist auch er bereits vom Cholera-Erreger angesteckt.

27. Juli 1854

München * Der 39-jährige Tagelöhner Peter Stopfer ist das erste amtliche Opfer der Cholera-Epidemie.

29. Juli 1854

München * Der 39-jährige Tagelöhner Peter Stopfer stirbt. Mit ihm beginnt offiziell die Statistik der Cholera-Todesopfer.

2. August 1854

München * Das Bayerische Innenministerium beruft ein Komitee zur Beschließung von Maßnahmen gegen die epidemische Brechruhr, das sich bis Mitte Oktober wöchentlich zwei Mal treffen wird.

Beim ersten Zusammentreffen muss man seit dem 29. Juli weitere 22 Brechdurchfall-Erkrankungen zur Kenntnis nehmen, von denen zwölf mit dem Tod endeten. Aufgrund der Arztberichte bestätigt sich das Vorhandensein der Cholera.

Eine vorsichtige Information der Bevölkerung in der halbamtlichen Neuen Münchner Zeitung wird beauftragt. Mit den Warnungen vor bestimmten Lebensmitteln hofft das „Komitee“ auf keine weitere Verbreitung der Krankheit.

3. August 1854

München * In der halbamtlichen Neuen Münchner Zeitung wird mitgeteilt, dass „in Folge der außergewöhnlichen, rasch eingetretenen Hitze, Durchfälle vorgekommen“ und dass „daran namentlich einige kleine Kinder, alte und kränkliche Personen gestorben“ sind. Als Ursache wird „die Überladung des Magens mit Kartoffeln, Gurken und dergleichen“ angegeben.

Die Cholera erreicht auch die Vorstädte Au, Haidhausen und Giesing. Bis zu deren Eingemeindung am 1. Oktober werden die Sterbestatistiken getrennt geführt.

5. August 1854

München - Vorstadt Au - Giesing - Haidhausen * Die Cholera-Erkrankungs- und Todesfälle haben weiter zugenommen, weshalb das „Komitee zur Beschließung von Maßnahmen gegen die epidemische Brechruhr“ einen Maßnahmenkatalog in Angriff nimmt.

Ärztliche Besuchsanstalten werden eingerichtet und dabei das Stadtgebiet und die Vorstädte Au, Haidhausen und Giesing in 13, später 15 Distrikte eingeteilt.

6. August 1854

München * Der Bayerische Landbote dementiert die über Mundpropaganda verbreitete Nachricht, „dass die Cholera wieder herrsche“.

7. August 1854

München * Seit Ausbruch der Cholera sind alleine auf Münchner Stadtgebiet 44 Todesfälle aufgetreten.

8. August 1854

München * In der Neuen Münchner Zeitung wird erstmals zugegeben, dass die Gefahr einer Cholera-Epidemie besteht.

13. August 1854

München * Die Ärztlichen Besuchsanstalten nehmen ihre Tätigkeit auf. Die Zahl der durch die Cholera verursachten Todesopfer ist auf 208 angestiegen.

Bis 22. August 1854

Vorstadt Au - Giesing - Haidhausen * In den Vorstädten Au, Haidhausen und Giesing zählt man insgesamt 138 Cholera-Tote.

23. August 1854

München * Der Epidemie-Höhepunkt ist in München erreicht. An diesem Tag sterben 82 Personen an der Cholera und erhöhen damit die Gesamtsterbezahl auf 803.

28. August 1854

München-Graggenau * Um die Abwendung der Cholera-Epidemie zu erflehen und die Ausbreitung künftig möglichst zu unterbinden, wird ein großer Bittgottesdienst an der Mariensäule auf dem Schrannenplatz zelebriert. 25.000 Menschen sollen sich dort eingefunden haben.

30. August 1854

Vorstadt Au - Giesing - Haidhausen * Der Epidemie-Höhepunkt ist in den Vorstädten Au, Haidhausen und Giesing erreicht. An diesem Tag sterben 34 Personen an der Cholera und erhöhen damit die Gesamtsterbezahl auf insgesamt 355.

September 1854

München-Theresienwiese - München-Au - München-Maxvorstadt * Wegen der grassierenden „Cholera“ sagt die Regierung das „Oktoberfest“ ab, was zu zahllosen Klagen der Geschäftsleute führt.

Als auch noch die „Auer Herbstdult“ storniert werden soll, bitten die Geschäftsleute, „dem ohnedieß diesem Sommer schwerheimgesuchten Gewerbestand“ nicht auch noch dieses „Bißchen Brot“ zu entziehen.

Weder zur „Auer Herbstdult“ noch zu der seit 15. Juli stattfindenden „Industrie-Ausstellung“ im „Glaspalast“ finden sich viele Interessenten ein.

2. September 1854

Vorstadt Au - Giesing - Haidhausen * Die Cholera-Sterbezahl in München und den Vorstädten Au, Haidhausen und Giesing beträgt an diesem Tag insgesamt 107.

3. September 1854

München * Die täglichen Cholera-Sterbefälle nehmen in München deutlich ab. Seit dem Ausbruch der Epidemie sind 1.468 Münchner verstorben.

9. September 1854

Vorstadt Au - Giesing - Haidhausen * Die täglichen Cholera-Sterbefälle gehen jetzt auch in den Vorstädten Au, Haidhausen und Giesing  deutlich nach unten. Seit dem Ausbruch der Epidemie sind 564 Personen verstorben.

13. September 1854

München * In München werden die ersten - wegen der Cholera-Epidemie eingerichteten - Ärztlichen Besuchsanstalten aufgelöst.

Ab 23. September 1854

München • Die Münchner Armenärzte übernehmen wieder die Behandlung der Cholera-Kranken.

29. September 1854

München-Graggenau * Ein „Verein hiesiger Bürger“ lädt für den 3. Oktober zu einem feierlichen Dankamt zur Mariensäule am Schrannenplatz ein, „um Gott den Herrn für die Errettung aus dieser großen Drangsal die innigsten Dankgebete darzubringen“. In dieser Einladung wird die Cholera schon für beendet erklärt.

30. September 1854

München * Das Komitee zur Beschließung von Maßnahmen gegen die epidemische Brechruhr beschließt, das die Cholera in München erloschen ist. Nur drei Ärzte stimmen dagegen. Alle Ärztlichen Besuchsanstalten werden geschlossen, die Suppenanstalten wieder auf vier reduziert. Die ärztliche Versorgung in den Vorstädten wird eine Woche länger aufrecht erhalten.

2.143 von rund 114.000 Münchner Einwohnern fallen bis dahin der sogenannten Kalten Pest zum Opfer, das sind 1,9 Prozent. In den Vorstädten Au, Haidhausen und Giesing sterben 781 von 21.000 Bewohnern, das ist mit 3,7 Prozent eine fast doppelt so hohe Sterbequote.

Kinder, Frauen und ältere Menschen machen die Mehrzahl der Opfer aus. In München liegt der Anteil der Frauen bei 45,7 Prozent, der der Kinder unter zehn Jahren bei 19,7 %. In den Vorstädten liegt die Sterblichkeit bei den Frauen bei 39,5 und bei den Kindern bei 25,2 Prozent. An der Cholera sterben stets mehr Frauen als Männer. Das liegt daran, dass Frauen immer einer größeren Infektionsgefahr ausgesetzt sind, da sie die Kranken versorgen und die Wäsche waschen. Während der Anteil der über 60-jährigen Opfer in der Stadt München fast 27 Prozent beträgt, sind es in den Vorstädten „nur“ 17,7 Prozent. Das liegt aber an der sowieso wesentlich geringeren Lebenserwartung.

In Haidhausen wird fast kein Haus von der Cholera verschont. Hier liegt die Sterbequote bei 4,8 Prozent. Darunter sind 57 Mütter und 42 Väter, wodurch 102 Kinder einen Elternteil verlieren. Zwanzig Kinder werden zu Vollwaisen.

Von den in der Strafanstalt in der Au einsitzenden 541 Häftlingen sterben 63, gleich 11,6 Prozent.

1. Oktober 1854

München * Das Stadtgericht München wird um einen zusätzlichen Bezirk erweitert. Es enthält den Namen Stadtgericht rechts der Isar und umfasst die neu eingemeindeten Stadtviertel Au, Giesing und Haidhausen. Zwischen 1854 und 1862 existieren in München also zwei Landgerichte und zwei Stadtgerichte.

1. Oktober 1854

München-Au - München-Haidhausen - München-Giesing * Eingemeindung nach München 

  • der Vorstadt Au mit den Gemeindeteilen Niedergiesing und Nord-Falkenau,
  • die selbstständige Gemeinde Haidhausen und
  • die Gemeinde Giesing mit den Gemeindeteilen Obergiesing, Lohe, südliche Falkenau, Pilgersheim, Birkenleiten, Siebenbrunn, Hellabrunn, Harlaching, Soyerhof, Stadelheim und Menterschweige. 

Dadurch erhöht sich die Bevölkerungszahl Münchens um 20.662 Einwohner. Davon kommen aus der Au 10.840, aus Haidhausen 6.273 und aus Giesing 3.549 Menschen. Damit wächst zusammen, was zusammen gehört, den die Bewohner der drei Vorstädte gehörten schon immer „funktional“ nach München.

Die Au ist zu diesem Zeitpunkt die zehntgrößte Stadt des Königreichs Bayern. Der Burgfrieden von München, der sich durch Korrekturen seit dem Jahr 1724 von 1.593 Hektar auf rund 1.700 Hektar erweitert hat, verdoppelt sich nahezu. Mit der Au [87 ha], Haidhausen [296 ha] und Giesing [1.287 ha] vergrößert sich das Stadtgebiet um weitere 1.670 Hektar. Wegen der noch grassierenden Cholera-Epidemie erfolgt der Eingemeindungsakt ohne großes Aufsehen.

2. Oktober 1854

München * Die Cholera-Epidemie wird in der Neuen Münchener Zeitung offiziell für erloschen erklärt. An die Bevölkerung wird appelliert, auch weiterhin die empfohlenen Vorsichtsmaßnahmen zu beachten, da die Krankheit noch längere Zeit vereinzelt auftreten kann.

3. Oktober 1854

München-Graggenau * Aus Dankbarkeit für die Abwendung der Cholera versammeln sich „zahllos die Andächtigen jeden Standes, Geschlechts und Alters um die im schönsten Blumenschmuck prangende Mariensäule“ am Schrannenplatz. Ein „Verein hiesiger Bürger“ hatte dazu bereits am 29. September eingeladen, „um Gott den Herrn für die Errettung aus dieser großen Drangsal die innigsten Dankgebete darzubringen“.

14. Oktober 1854

München * Das Komitee zur Beschließung von Maßnahmen gegen die epidemische Brechruhr [= Cholera] hält seine letzte Sitzung ab.

17. Oktober 1854

München-Kreuzviertel * Nachdem König Max II. mit seiner Familie wieder nach München zurückgekehrt war, musste auf seinen Befehl hin nochmals ein Dankgottesdienst zur Überwindung der Cholera in der Frauenkirche abgehalten werden. Hierzu haben alle Beamten in ihrer Uniform zu erscheinen.

20. Oktober 1854

München-Graggenau * Der Stadtmagistrat teilt der Öffentlichkeit mit, dass „der bisherige Schrannenplatz dahier fernerhin 'Marienplatz' genannt werden dürfe“.

26. Oktober 1854

München-Graggenau * Die Königinmutter Therese stirbt an der Cholera. Ihre Grabstätte befindet sich heute in der Basilika Sankt Bonifaz in München. 

28. Oktober 1854

München - Darmstadt * Der Ex-König Ludwig I. reist in Begleitung seiner Tochter, der Großherzogin Mathilde von Hessen, und seinem Sohn Adalbert mit dem Eilzug nach Darmstadt. Er will scheinbar bei der Bestattung seiner evangelischen Frau Therese in der Theatinerkirche einen möglichen Eklat ausweichen, wie er sich 1841 bei Königin Caroline ereignet hat.

31. Oktober 1854

München-Kreuzviertel * Die evangelische Ex-Königin Therese wird vorübergehend in der Gruft der Theatinerkirche beigesetzt.


1855

1855

Berg am Laim * Der Berg am Laimer Pfarrer Anton Joseph Geyer schreibt an die „Königliche Regierung“ über das Spekulantentum:

„Eine kleine Anzahl schwerreicher Bauern steht einer großen Menge halber Existenzen gegenüber“.

Bis April 1855

München * Die „Cholera“ tritt in München sporadisch immer wieder auf.

Bis zu ihrem endgültigen Verschwinden kostet sie 3.082 Menschen das Leben.

12. August 1855

München-Graggenau * Die Richard-Wagner-Oper Thannhäuser wird im Münchner Hof- und Nationaltheater aufgeführt.


1856

1856

München * Das „Stadtgericht München“ und das „Stadtgericht rechts der Isar“ werden in „Bezirksgerichte“ umbenannt.

1856

Berlin * Der Berliner Baumeister Friedrich Hoffmann erfindet den „Ringofen“.

Damit kann die „Ziegelherstellung“ wesentlich kostengünstiger und energiesparender erfolgen.

Oktober 1856

München-Graggenau - München-Lehel * Die Maximilianstraße ist nach über dreijährigen Bauarbeiten fertiggestellt.

Die Länge vom Max-Joseph-Platz bis zur Isar beträgt 1.664 Meter, breit ist die Straße dreiundzwanzig Meter. Das „Forum“ ist 82 Meter breit und 379 Meter lang.

Abschließend werden die Grünflächen im „Forum“ hergestellt und mit „Rosskastanien“ bepflanzt.

Entlang der Straße pflanzt man „Platanen“. Diese vertragen allerdings das Münchner Klima nicht und sterben ab, weshalb sie durch „Bergahorn“ ersetzt werden.


1857

18. August 1857

Berlin * Der Pianist und Dirigent Hans von Bülow heiratet in Berlin Cosima, die Tochter von Franz Liszt.


1858

28. Februar 1858

München * Die Richard-Wagner-Oper „Lohengrin“ wird in München aufgeführt.

14. Juni 1858

München-Lehel - München-Haidhausen * Die Feierlichkeiten zum 700-jährigen Bestehen Münchens beginnen mit einer Prozession und der Grundsteinlegung der neuen Maximiliansbrücke.

August 1858

Zürich - Venedig - Paris - Karlsruhe * Richard Wagner trennt sich von seiner Frau Minna, verlässt Zürich und übersiedelt nach Venedig.
Danach folgen Paris und Karlsruhe.

3. November 1858

München-Graggenau - München-Lehel * Der neue Boulevard erhält die offizielle Bezeichnung Maximilianstraße. Es ist eine großartige Straßenachse entstanden, die in der deutschen Architektur des 19. Jahrhunderts keinen Vergleich zu scheuen braucht. Die Münchner sind allerdings weniger mit den neugotischen Fassadenvorstellungen Friedrich Bürkleins einverstanden und so hagelt es durchwegs vernichtende Kritik am neuen Baustil.

Leo von Klenze schreibt unter anderem: „Der Einfluß des Hofsekretärs Hofmann für seinen Freund Bürklein [...] bewirkte nun, daß der König sich der Illusion hingab, ein gewisses architektonisches Ragout, ein Mixtum compositum, welches ihm der Baurath Bürklein servierte, für einen wirklich neuen Baustyl anerkennen zu dürfen, dasselbe den maximilianischen Styl taufte und seine Anwendung bei allen nur aufzufindenden Gelegenheiten durch eigene Verordnung befahl.”

Noch erbarmungsloser fällt die Kritik des Ex-Königs aus: „Was man da gebaut hat”, sagt Ludwig I. zu Leo von Klenze, „ist das Abscheulichste, das ich kenne” und weigert sich strikt, die Konkurrenz seiner Prachtstraße zu besich­­­­tigen.

Doch in der Maximilianstraße, immerhin „Münchens teuerstem Boulevard“, pulsiert das großstädtische Leben - im Gegensatz zur menschenleeren, sterilen, verkehrsreichen und autobahnählichen Ludwigstraße. Dass es zu der teilweise vernichtenden Kritik am Maximilianischen Stil kommt, liegt zu einem erheblichen Teil an dem ewig zaudernden und unsicheren Bayernkönig Max II., indem er mitten im Bau der Maximilianstraße die Konzeption abändert. So lässt er das fast fertiggestellte Taubstummeninstitut wieder abreißen, um eine einheitliche Bebauung am Forum zu erhalten.

Und kurz vor seinem Tod ordnet er noch an, dass am Maximilianeum die gotisierenden Spitzbögen in Rundbögen abgeändert werden müssen, wodurch der Bau im Gegensatz zum ganzen Straßenzug einen Renaissance-Charakter erhält. Diese Stiländerung nimmt der Schweizer Kulturhistoriker Jacob Burckhardt in seiner Kritik auf. Er schreibt zum Maximilianeum: „[...] Ich habe nur deshalb Dankbarkeit für das Gebäude empfunden, weil es wenigstens äußerlich in die Formen der Renaissance hinüberleitet und den Geist von dem jämmerlichen Gotisch der Maximilianstraße befreit.”


1859

12. September 1859

Bogenhausen * Der Unternehmer Reinhold Hirschberg gründet eine oHG (= offene Handelsgesellschaft) und eröffnet eine Ziegelei mit dem Namen Fabrik Steinhausen.


1860

1860

München * Die Münchner „Ziegeleibesitzer“ schließen sich im „Verein Münchner Ziegeleien“ zusammen und verpflichten sich in ihren Statuten, jährlich nur eine festgelegte Anzahl von Steinen zu brennen.

Gleichzeitig vereinbaren sie einen Mindestpreis.

15. Juli 1860

Deutschland ohne Sachsen * Richard Wagner erreicht seine Teil-Amnestierung für Deutschland - mit Ausnahme von Sachsen.


1861

2. Februar 1861

München-Graggenau * Der 15-jährige bayerische Kronprinz Ludwig erlebt die Münchner „Lohengrin“-Aufführung. Damit wird der Grundstein für seine schwärmerische Begeisterung für Richard Wagner und dessen Musikwelt gelegt. Es heißt, dieser Abend sei Ludwigs „wahrer Geburtstag“ gewesen.

Ab April 1861

Wien * Am Wiener „Hofoperntheater“ soll Richard Wagners „Tristan und Isolde“ aufgeführt werden.
Nach 77 Proben wird das Stück Ende 1863 wegen „Unspielbarkeit“ abgesagt.

16. Juni 1861

München-Graggenau * Kronprinz Ludwig II. erlebt Ludwig Schnorr von Carolsfeld in der Titelrolle des Lohengrin.

22. Dezember 1861

München * Kronprinz Ludwig II. wohnt der Aufführung der Wagner-Oper „Tannhäuser“ bei.

31. Dezember 1861

München-Haidhausen * Der Physikatsbericht gibt Auskunft über die Aufteilung der Häuser in Herbergseigentum in Haidhausen:

  • Demnach sind von den 491 Haidhauser Häuser 166 für Herbergen bestimmt.
  • Das sind 33,8 Prozent. 626 Gemächer oder 3,8 Wohnungen je Haus waren darin untergebracht.
31. Dezember 1861

München - München-Au - München-Haidhausen - München-Giesing * Im Physikatsbericht des Bezirks der Stadt München finden sich über die Wohnverhältnisse in den Herbergsvierteln folgende Ausführungen:

„München besteht gegenwärtig aus 2 Theilen, durch den Isarfluß voneinander getrennt. München links der Isar ist der größte Theil, und das ursprüngliche, eigentliche, alte München. München rechts der Isar enthält die erst seit 1854 zu München gezählten 3 Vorstädte Au, Haidhausen und Giesing.

In diesen 3 Vorstädten sind natürlich die Wohnungsverhältnisse ganz anders, wie auch die Population eine ganz andere ist, als wie in München links der Isar. In den genannten 3 Vorstädten, in welchen größtentheils Taglöhner, überhaupt Arbeiterbevölkerung wohnt, ist das Herbergswesen vorherrschend. [...]

In diesen Herbergen ist die Bewohnung dichter, sind die Wohnungen überhaupt schlechter, den hygienischen Anforderungen nicht entsprechend, ja sie sind, wie dies namentlich in den Jägerhäuseln, in der Lohstraße, Quellenstraße, in der Grube zu Haidhausen der Fall ist, sogar im hohen Grade feucht in Folge ihrer tiefen Lage an dem Bergabhang und an den Canälen und dergleichen, sie sind finster, oft dumpf usw., und wunderbar dennoch ist, wie ich in einer speciellen Bearbeitung der Wohnungsfrage in München im Allgemeinen im vorigen Jahre nachgewiesen habe, die Mortalität in diesen Straßen und Häusern nicht im Geringsten eine größere, und sind die Erkrankungen, namentlich an Typhen etc. nicht einmal so häufig hier, als wie in den luftigsten und schönsten Quartieren der Stadt.

Ich weiß dieses nur dadurch zu erklären, daß diese Bevölkerung eine abgehärtetere und obgleich arm, doch gut genährte, und größtentheils im Freien lebende ist.“


1862

1862

München * In München gibt es noch 2.298 Rinder und rund 4.500 Hunde.

1862

München * Richard Wagner spricht im Vorwort zu „Der Ring des Nibelungen“ den Wunsch nach einem eigenen Theater konkret an. 

Er will „ein provisorisches Theater, so einfach wie möglich, vielleicht bloß aus Holz“.

28. März 1862

Sachsen * Richard Wagner wird auch in Sachsen amnestiert. Damit ist er kein politischer Flüchtling mehr.

22. August 1862

Königssee - Sankt Bartholomä * An seinem 17. Geburtstag wird Kronprinz Ludwig II. in der Kirche Sankt Bartholomä am Königssee in den Hubertusritterorden aufgenommen.


1863

23. Februar 1863

Tettenweis * Franz Stuck wird in Tettenweis in Niederbayern geboren. Sein Vater ist der Müller Franz Stuck, seine Mutter Anna ist eine geborene Schuhwerk. 

25. August 1863

Schloss Hohenschwangau * Seinen 18. Geburtstag und damit seine Volljährigkeit feiert Kronprinz Ludwig II. auf Schloss Hohenschwangau.

September 1863

München-Graggenau * Kronprinz Ludwig [II.] bezieht mit seinen Erziehern die „Kronprinzen-Appartements“ im „Festsaalbau“ der „Residenz“

September 1863

München * Mit Professor Karl von Pilotys Befürwortung kann Eduard Theodor Grützner ein Kunststudium in München beginnen.

20. September 1863

Berchtesgaden * Kronprinz Ludwig II. leistet in Berchtesgaden den Eid auf die Bayerische Verfassung.

28. November 1863

Berlin * Cosima von Bülow und der 24 Jahre ältere Richard Wagner werden ein Liebespaar. Bei einer gemeinsamen Spazierfahrt durch Berlin gestehen sie sich ihre Zuneigung. Cosima schreibt: „Unter Tränen und Schluchzen besiegelten wir das Bekenntnis, uns einzig gegenseitig anzugehören.“

28. Dezember 1863

München * Kronprinz Ludwig II. will an Richard Wagner schreiben, setzt seinen Entschluss aber erst vier Monate später in die Tat um.


1864

10. März 1864<p><strong><em>München - München-Kreuzviertel</em></strong> * König Max II. stirbt nach kurzer Krankheit. &nbsp;Seine Grabstätte befindet sich in der Fürstengruft&nbsp;der Theatinerkirche&nbsp;in München.</p> <p>Ihm folgt sein&nbsp;18-jähriger Sohn&nbsp;Ludwig II. auf dem Thron. Er wird noch am gleichen Tag zum König proklamiert.</p>
14. März 1864<p><strong><em>München-Kreuzviertel - München</em></strong>&nbsp;* Der verstorbene König Max II. wird bestattet.&nbsp;König Ludwig II. tritt erstmals in der Öffentlichkeit auf.</p>
24. März 1864

München-Kreuzviertel * Richard Wagner hält sich bis 26. März in München auf und wohnt im Hotel Bayerischer Hof. Er ist wieder auf der Flucht, da er in Österreich wegen seiner hohen Schulden täglich mit Inhaftierung rechnen muss.

28. März 1864

München-Graggenau * König Ludwig II. beauftragt die Neuausstattung der Königswohnung in der Residenz. Dabei handelt es sich jedoch lediglich um die Anschaffung neuer Möbel und um Tapeziererarbeiten. Gleichzeitig werden die Planungen für einen neuen Wintergarten in die Wege geleitet.

8. April 1864<p><strong><em>Stuttgart</em></strong> * Der geniale Musiker Richard Wagner schreibt an seinen Freund Peter Cornelius:&nbsp;<em>„Ein Licht muss sich zeigen: Ein Mensch muss mir erstehen, der jetzt energisch hilft.&nbsp;Ein gutes, wahrhaft hilfreiches Wunder muss mir jetzt begegnen; sonst ist's aus!“</em></p>
14. April 1864<p><strong><em>München</em></strong> * Eine der ersten Taten des jungen Bayernskönigs Ludwig II. ist die Berufung Richard Wagners nach München.&nbsp;Kabinettssekretär&nbsp;Franz Seraph von Pfistermeister muss sich - nur einen Monat nach Ludwigs Thronbesteigung - mit dem schwierigen Auftrag aus München abreisen, den verehrten Musiker ausfindig zu machen und ihn zum König zu bringen.</p> <p>Der hoch verschuldete Komponist ist - wieder einmal pleite - mit unbekanntem Ziel abgereist, denn in Wien und der Schweiz verfolgen ihn die Gläubiger so sehr, dass er sich kaum mehr auf die Straße traut.&nbsp;Nach über zwei Wochen gelingt es Pfistermeister, den europaweit gesuchten Schöpfer wichtiger Musikwerke in Stuttgart aufzuspüren.</p>
Mai 1864

Stuttgart * Richard Wagner ist ohne Hoffnung und spricht in einem Brief an Mathilde Maier sogar von Selbstmord: „Ich fürchte, nun ist's mit Allem aus. [...] So tief zerstreut und lebensmüde war ich noch nie“.

3. Mai 1864

Stuttgart * „Kabinettssekretär“ Franz Seraph von Pfistermeister trifft in Stuttgart auf Richard Wagner.
Er überreicht ihm Brief, Bild und Ring des bayerischen Königs Ludwig II.. 

Gemeinsam reisen sie noch am gleichen Tag nach München.

4. Mai 1864

München * Am Nachmittag treffen der Komponist Richard Wagner und der fast dreißig Jahre jüngere Bayernkönig Ludwig II. das erste Mal zusammen. Mit der Anstellung am bayerischen Hof endet für Wagner die Zeit der Schulden und seine schier ausweglose finanzielle Notlage.

König Ludwig II. verspricht Richard Wagner in einem Brief: „Seien Sie überzeugt, ich will alles tun, was irgend in meinen Kräften steht, um Sie für vergangenes Leid zu entschädigen, die niedrigen Sorgen des Alltagslebens will ich von Ihrem Haupte auf immer verscheuchen, die ersehnte Ruhe will ich Ihnen bereiten, damit Sie im reinen Äther Ihrer wonnevollen Kunst die mächtigen Schwingen Ihres Genius ungestört entfalten können!“ 

Die Großzügigkeit des Wittelsbachers gegenüber den von ihm vergötterten Komponisten kennt keine Grenzen: 

  • Der Musiker erhält ein Jahresgehalt von 4.000 Gulden, was dem Gehalt eines „Ministerialrats“ nach achtzehn Dienstjahren entspricht. 
  • Als „öffentlichen Beweis der königlichen Freundschaft“ erhält Richard Wagner vom bayerischen Regenten die Gartenvilla an der Brienner Straße 18 (heute Haus Nr. 37) mietfrei gestellt.
  • Und er bekommt darüber hinaus 16.000 Gulden, womit er seine in Wien hinterlassenen Schulden begleichen kann.
  • Und weil das immer noch nicht reicht, verlangt der Neu-Münchner einen Vorschuss von 30.000 Gulden für die Fertigstellung des „Rings der Nibelungen“, obwohl er die „Partituren“ bereits anderweitig verkauft hat.
  • Er bekommt den Vorschuss, wenn auch nur in Raten.
  • Daneben eröffnet der König dem Musiker die Aussicht, für sein „unvergleichliches Werk“ - wie es der König nennt - eine eigene Spielstätte errichten zu können. 
10. Mai 1864

München * König Ludwig II. weist sein Hofsekretariat an, Richard Wagner ein Jahresgehalt von 4.000 Gulden zu bezahlen. Um keine „Neiddiskussion“ hochkommen zu lassen, wird gegenüber der Öffentlichkeit nur ein Jahresgehalt von 1.200 Gulden angegeben. Zusätzlich erhält der Musiker ein ganzes Jahresgehalt „zur Bestreitung der Übersiedelung zur Verfügung“ gestellt.

14. Mai 1864

Kempfenhausen * Richard Wagner bezieht das Landhaus des Gastwirts Pellet in Kempfenhausen am Starnberger See, das Ludwig II. für ihn gemietet hat. Fast drei Wochen lang trifft er täglich mit dem König auf Schloss Berg zusammen. Der Aufenthalt dauert bis zum 27. September.

22. Mai 1864

München * König Ludwig II. schenkt Richard Wagner zu dessen 51. Geburtstag sein von Friedrich Dürck gemaltes Porträt in Generalsuniform.

25. Mai 1864

Starnberger See * Als König Ludwig II. nach München zurückkehrt, bleibt Richard Wagner bis Oktober am Starnberger See, fährt aber öfter zu Audienzen nach München.

3. Juni 1864

München-Graggenau * König Ludwig II. gibt den Auftrag für einen repräsentativeren offiziellen Zugang zu seiner Wohnung im nordwestlichen Pavillon des Festsaalbaues. Dazu müssen Bedienstetenwohnungen entfernt werden. Der dadurch entstehende 31 Meter lange Gang [= Nibelungen-Gang] mit 14 Fenstern zur Theatinerstraße wird ausgebaut. 

10. Juni 1864

München - Wien * Richard Wagner fährt nach Wien, um dort seine Schulden zu begleichen. Dazu werden ihm aus der Kabinettskasse 16.000 Gulden zur Verfügung gestellt. Mit einem Schlag ist der Musiker von seinen Geldsorgen befreit.

29. Juni 1864

Kempfenhausen am Starnberger See * Cosima von Bülow trifft mit ihren beiden Töchtern Daniela und Blandine bei Richard Wagner zur Sommerfrische im Landhaus Pellet in Kempfenhausen am Starnberger See ein. 

7. Juli 1864

Starnberger See * Hans von Bülow, Cosimas Ehemann, trifft ebenfalls am Starnberger See ein.

25. Juli 1864

Schloss Hohenschwangau * Richard Wagner besucht König Ludwig II. an dessen 19. Geburtstag auf Schloss Hohenschwangau“

27. September 1864

München-Maxvorstadt * Richard Wagner mietet für sich das Haus in der Brienner Straße 21, nahe der Propyläen. Bereits bei der ersten Audienz hat der Komponist dem Märchenkönig Ludwig II. erklärt, dass er sich in München nur dann „heimisch und zur Arbeit angeregt“ fühlen kann, wenn er „ein Häuschen in einem Garten allein bewohne“.

1. Oktober 1864

München * Richard Wagners Gehalt erhöht sich stufenweise auf 8.000 Gulden.

2. Oktober 1864

München-Theresienwiese * König Ludwig II. besucht in Begleitung seines Bruders Prinz Otto das Münchner Oktoberfest. 

Ab 3. Oktober 1864

München-Maxvorstadt - München-Kreuzviertel * Während sein Haus in der Brienner Straße 21 entsprechend seinen Wünschen und Vorstellungen eingerichtet wird, wohnt Richard Wagner im Hotel Bayerischer Hof.

5. Oktober 1864

München-Graggenau * Unter den Fenstern der königlichen Wohnung in der Münchner Residenz wird der von Richard Wagner komponierte „Huldigungsmarsch“ zur Aufführung gebracht. Die Uraufführung dieses Werkes war ursprünglich am 25. August 1864, dem 19. Geburtstag des Märchenkönigs in Schloss Hohenschwangau geplant, musste dann aber aus verschiedenen Gründen vertagt werden.

7. Oktober 1864

München * König Ludwig II. vereinbart mit Richard Wagner die Vollendung und Aufführung des „Ring des Nibelungen“ innerhalb der nächsten drei Jahre.

12. Oktober 1864

München-Maxvorstadt * Der Komponist Richard Wagner schlägt sein Domizil in der von König Ludwig II. gemieteten Villa in der Brienner Straße 21 (heute 37) auf. Der bislang total verschuldete Komponist richtet sich in dem prachtvollen Haus wie ein „orientalischer Grandsigneur“ ein. Er bleibt dort bis zum 10. Dezember 1865.

18. Oktober 1864

München * Richard Wagners „Ring der Nibelungen“ geht in das Eigentum des Bayernkönigs über.

Ab November 1864

München-Graggenau * Der „Nibelungen-Gang“ bezeichnete neue Zugang zu den „Königsappartements“ König Ludwigs II. in der „Residenz“ wird von dem Maler und Graphiker Michael Echter mit dreißig Fresken aus dem Richard-Wagner-Zyklus „Der Ring der Nibelungen“ ausgemalt.  

Die Arbeiten dauern bis 1866 an. 

1. November 1864

München * Richard Wagners Jahresgehalt beträgt aktuell 5.000 Gulden.

26. November 1864

München-Haidhausen * Dem Bayernkönig Ludwig II. schwebt ein monumentales Bauwerk für ein Festspielhaus vor. Deshalb schreibt der Monarch an Wagner, er habe „den Entschluß gefaßt, ein großes steinernes Theater erbauen zu lassen, damit die Aufführung des Ringes der Nibelungen eine vollkommene wäre“.

König Ludwigs Vorstellungen eines Richard-Wagner-Festspielhauses in München werden jedoch von seiner unmittelbaren Umgebung und von einem großen Teil der Bevölkerung mit Skepsis beobachtet, da der prachtvolle Monumentalbau nur an wenigen Festspieltagen benutzt worden wäre. Das Interesse der Zeitzeugen am weiteren Verlauf von Gottfried Sempers Planungen ist deshalb ebenso groß wie widersprüchlich.

4. Dezember 1864

München * „Der fliegende Holländer“ kommt, von Richard Wagner selbst dirigiert, in München erstmals zur Aufführung.

Mit diesem Werk und der gezeigten Inszenierung gelingt es Wagner, sich beim Münchner Publikum mit großem Erfolg einzuführen. Außerdem ist diese „Holländer“-Aufführung das einzige große und damit herausragende Ereignis des Münchner Opernspielplans in diesem Jahr.

13. Dezember 1864

München - Dresden * Durch einen Brief Richard Wagners erfährt der Architekt Gottfried Semper von der Aussicht, „ein großes Theater im edelsten Stile“ für Wagners Musikdramen in der bayerischen Haupt- und Residenzstadt ausführen zu können. 

Drei Tage später zeichnet dieser eine erste Skizze und reist danach umgehend nach München, um die genaueren Bedingungen zu erfahren. Doch dort sind die Vorstellungen noch nicht sehr weit gediehen, nicht einmal ein Bauplatz ist im Gespräch.

29. Dezember 1864

München-Graggenau * König Ludwig II. empfängt den Architekten Gottfried Semper und gibt ihm einen mündlichen Planungsauftrag für ein neues Opern- und Festspielhaus. Man fasst ein Terrain südlich des seit dem Jahr 1857 im Bau begriffenen Maximilianeums ins Auge. 

Da Richard Wagner aber keine sechs Jahre bis zur Fertigstellung des neuen Theaters warten will, überredet er den König, für die Zwischenzeit noch ein provisorisches, hölzernes Theater im Glaspalast zu errichten, um - so die Begründung - nach Abschluss des „Nibelungen Rings“ im Sommer 1867 sofort mit den Aufführungen beginnen zu können. 

Doch damit wäre die Nutzung des Glaspalastes als Ausstellungsort massiv eingeschränkt worden, weshalb nun zusätzliche Gegner des Projekts auf den Plan treten.

31. Dezember 1864

München * Ohne Berücksichtigung der Kosten für die Sachgeschenke von Ludwig II. an Wagner betragen die im Jahr 1864 getätigten baren Zahlungen aus der königlichen Kabinettskasse an Richard Wagner insgesamt 42.333 Gulden und 20 Kreuzer. 

Dem König stehen etwa 300.000 Gulden zur freien Verfügung. 


1865

1865

München * Die „Maximiliansstiftung für kunstgewerbliche Ausbildung“ wird gegründet.

Sie vergibt sowohl Schul- als auch Reisestipendien.

Seit 1865

München * An den bayerischen „Hochschulen“ werden „Lehrstühle für Hygiene“ eingerichtet.

Februar 1865

München * Die Anfeindungen einiger bayerischer Zeitungen gegenüber Richard Wagner und seiner „Verschwendungssucht“ werden immer massiver.

März 1865

München - Augsburg * Richard Wagner ist in München Anfeindungen ausgesetzt, die in ihm Abwanderungspläne in Richtung Italien reifen lassen.

Die „Augsburger Allgemeine Zeitung“ veröffentlicht einen Artikel von Oskar Redwitz, der in einer Pressekampagne gipfeln sollte. Unter dem Titel „Richard Wagner und die öffentliche Meinung“ wird schon damals die Verschwendungssucht des Komponisten und Dichters angeprangert.

5. März 1865

München * Die „Tannhäuser“-Aufführung wird von Hans von Bülow dirigiert. Damit wird der Münchner Generalmusikdirektor Franz Lachner ausgebootet.

23. März 1865

München * Richard Wagner erstellt ein Konzept für eine „Deutsche Musikschule“ in der er

  • die Ausbildung dramatischer Sänger für die Aufführung theatralischer Werke,
  • einen neuen Gesangsstil,
  • dazu opernreformatorische Aspekte und
  • verschiedene darauf aufbauende Ausbildungsinhalte 

in den Mittelpunkt der Wissensvermittlung stellt. 

5. April 1865

München * Ludwig und Malvina Schnorr von Carolsfeld treffen zu Proben von „Tristan und Isolde“ in München ein.

10. April 1865

Kempfenhausen am Starnberger See * Im Landhaus Pellet in Kempfenhausen am Starnberger See wird Isolde, die Tochter von Cosima von Bülow und Richard Wagner geboren.

2. Mai 1865

München-Maxvorstadt * Auf Wunsch König Ludwigs II. wird Richard Wagners Wohnhaus an der Brienner Straße 21 von der „Kabinettskasse“ angekauft und dem Komponisten kostenlos zur Verfügung gestellt.

2. Mai 1865

München * Es kommt zur „Schweinehunde-Affäre“, nachdem Hans von Bülow bei einer der letzten Proben zu „Tristan und Isolde“ äußert: „Nun ja, was liegt denn daran, ob dreißig Schweinehunde mehr oder weniger hereingehen!“.

Bülow will eigentlich nur durch die Entfernung von Sperrsitzen eine Vergrößerung des Orchesterraumes erzielen.
Doch er vergreift sich derart im Ton, dass ihn sogar König Ludwig II. in einem persönlichem Brief rügt. 

Auch die bayerische Presse ist empört und kocht die Emotionen hoch.

9. Mai 1865

München * Hans von Bülow veröffentlicht eine Gegendarstellung. In dieser stellt er klar, dass es sich bei dem von ihm im Ärger geäußerten Satz keinesfalls um eine „Gesammt-Verunglimpfung des gebildeten Münchner Publikums“ handelt, sondern er damit jene Theaterbesucher meint, „welche verdächtig sind, an den in Wort und Schrift gegen den hochverehrten Meister [Richard Wagner] gesponnenen Verleumdungen und Intrigen Teil genommen zu haben“.

Doch trotz aller Entschuldigungen bleibt die „Schweinehunde-Affäre“ an Hans von Bülow haften. Der Neue Bayerische Courier bezieht am schärfsten Stellung gegen Hans von Bülow und  wiederholt am 9., 11., 12. und 13. Mai: „Hans v. Bülow ist noch hier“

11. Mai 1865

München-Graggenau * Mit 600 geladenen Gästen findet im „Hof- und Nationaltheater“ die „Generalprobe“ der Richard-Wagner-Oper „Tristan und Isolde“ statt. 

Sie wird von den Beteiligten als inoffizielle „Uraufführung“ gewertet.

15. Mai 1865

München * Die ursprünglich für den 15. Mai 1865 angesetzte Premiere von Tristan und Isolde muss wegen „plötzlich eingetretener Heiserkeit“ von Frau Malvina Schnorr von Carolsfeld abgesagt werden.

Wieder schlägt die Stimmung um, was in Josephine Kaulbachs Brief deutlich zum Ausdruck kommt: „Was soll ich Ihnen noch erzählen? von unseren Freunden? oder von der Zukunftsmusik, oder von den Schweinehunden des Herrn von Bülow?

Die letztere Geschichte hat eine größere Bedeutung gewonnen, wie man sich's erwartete; seit der Lola-Geschichte waren die Münchner nicht mehr so in Wuth. (...) Ich sage Ihnen, es ist toll, wie das hier getrieben wird, für und gegen Wagner. - Die Fama wächst zu einem hundertköpfigen Ungeheuer, der Wagner-Cultus wird zu einem Ekel; der junge König an der Spitze tauft alles, was ihn umgibt, in Tristan und Isolde um“.

8. Juni 1865

München-Isarvorstadt * Im Isar-Vorstadt-Theater wird eine Parodie auf Tristan und Isolde unter dem Titel „Triftanderl und Süßholde“ aufgeführt. Die Titelfigur Triftanderl ist ein Floßknecht von Ammerland, Süßholde eine reiche Bäckerstochter aus Wolfratshausen. Schwerpunkte bei diesem Stück sind:

„Dramatische Verslein mit Worten ohne Melodie, gegenwärtige Parodie von einer Zukunfts-Oper in 3 Aufzügen, wo darüber viel losgezogen wird, und einem Vorspiel des Vorspielers, von Richard, Wagnermeister und Stückschreiber, sowie musikalischen Dramatisirer.“

10. Juni 1865

München-Graggenau * Im Hof- und Nationaltheater wird Richard Wagners „Tristan und Isolde“ uraufgeführt. Auch hier führt Hans von Bülow den Dirigentenstab. Die Oper ist ein weiterer Höhepunkt im Leben des Komponisten.

Die Frankfurter Rundschau schreibt darüber:„Das schönste und erhabenste Werk, welches die Welt besitzt“. Dagegen meint Der Volksbote, eine bayerische Provinzzeitung: „Musik ein Tollsinn, Text ein Unsinn, das Ganze ein Irrsinn“. Doch der Märchenkönig ist wieder einmal begeistert.

Wegen der „Schweinehunde-Affäre“ und den deshalb befürchteten Ausschreitungen befindet sich die Polizei im Zuschauerraum.

13. Juni 1865

München-Graggenau * Die zweite Aufführung von „Tristan und Isolde“ im Hof- und Nationaltheater.

19. Juni 1865

München-Graggenau * „Tristan und Isolde“ wird im Hof- und Nationaltheater zum dritten Mal aufgeführt. König Ludwig II. wohnt der Aufführung nicht bei, da er die Anwesenheit seines Onkels und Taufpaten Otto, des entthronten Königs von Griechenland, und seines Onkels Luitpold, dem späteren Prinzregenten, in seiner Loge als störend empfindet.

1. Juli 1865

München-Graggenau * Da König Ludwig II. die Aufführung von „Tristan und Isolde“ am 19. Juni nicht miterleben wollte, ordnet er einen vierten Termin an. Er hatte die Anwesenheit seines Onkels und Taufpaten Otto, des entthronten Königs von Griechenland, und seines Onkels Luitpold, dem späteren Prinzregenten, in seiner Loge als störend empfunden. 

Für die Zusatzaufführung muss Ludwig II. extra beim sächsischen König eine Verlängerung des Urlaubs für das Ehepaar Schnorr von Carolsfeld erwirken. 

9. Juli 1865

München * Die Richard-Wagner-Oper „Der fliegende Holländer“ mit Ludwig Schnorr von Carolsfeld als Erik wird in München aufgeführt. König Ludwig II. fährt zu jeder Aufführung im Sonderzug von Starnberg nach München und wieder zurück.

21. Juli 1865

Dresden * Ludwig Schnorr von Carolsfeld stirbt plötzlich und unerwartet in Dresden. Lange hält sich das - auch von Malvine Schnorr von Carolsfeld verbreitete - Gerücht, dass der Sänger „infolge der Anstrengung des Tristan, namentlich der 4ten Aufführung, sein Leben lassen musste“.

31. Juli 1865

München * König Ludwig II. befiehlt die Schließung des Münchner Konservatoriums als Vorbedingung für die von Richard Wagner geplante Deutsche Musikschule.

1. August 1865

München * Richard Wagner erhält zusätzliche 1.200 Gulden für die Haltung einer Equipage.

2. August 1865

München * Nach dem unerwarteten Tod von Ludwig Schnorr von Carolsfeld will Richard Wagner die Oper „Tristan und Isolde“ nie mehr aufführen. Doch König Ludwig II. besteht auf eine Wiederaufnahme der Oper.

9. August 1865

Walchensee * Richard Wagner besucht König Ludwig II. auf der „Hochkopfhütte“ über dem Walchensee.

25. August 1865

Alpsee * Zum 20. Geburtstag von König Ludwig II. wird am Alpsee eine Szene aus der Wagner-Oper Lohengrin - und zwar die Ankunft der Gralsritter am Ufer der Schelde - inszeniert.

27. August 1865

München * Richard Wagner vollendet den Entwurf zu „Parsifal“.

September 1865

München * Richard Wagner mischt sich immer mehr in die bayerische Politik ein.

Für König Ludwig II. verfasst er ein Pamphlet mit dem Titel „Was ist deutsch?“. In diesem fordert er die Gründung einer neuen politischen Zeitschrift und den Aufbau einer bayerischen „Volksmiliz“

1. Oktober 1865

München-Theresienwiese * König Ludwig II. besucht das Münchner Oktoberfest in Begleitung seines Bruders Prinz Otto. 

11. Oktober 1865

München * Nachdem bei Kabinettssekretär Franz Seraph von Pfistermeister die Ausführungsanordnung König Ludwigs II. für Richard Wagners „Was ist deutsch?“ auf Widerstand stößt, kommt es zum Zerwürfnis der Beiden.

16. Oktober 1865

München * Richard Wagner fordert von König Ludwig II. 200.000 Gulden. Davon 40.000 sofort und 160.000 Gulden als Anlage auf Lebenszeit bei einer jährlichen Verzinsung von fünf Prozent.

Um den 20. Oktober 1865

München * Der Bayernkönig Ludwig II. bewilligt dem Komponisten Richard Wagner die geforderten 40.000 Gulden und darüber hinaus ein Jahresgehalt von 8.000 Gulden. Diese Summe entspricht exakt der fünfprozentigen Verzinsung, ist aber kündbar.

Da für die 40.000 Gulden angeblich keine Scheine verfügbar sind, wird das Geld in Silbermünzen ausbezahlt. Cosima von Bülow lässt daraufhin das Münzgeld mit zwei Kutschen in die Brienner Straße 21 bringen.

4. November 1865

München-Isarvorstadt * Das Gärtnerplatz-Theater wird nach einer Bauzeit von gerade einmal eineinviertel Jahren eröffnet. 

11. November 1865

Schloss Hohenschwangau * Zwischen dem 11. und dem 18. November hält sich Richard Wagner bei Ludwig II. in Schloss Hohenschwangau auf. Während diesen ausdauernden Gesprächen fordert Wagner die Entlassung seiner Widersacher, des Königlichen Kabinettssekretärs Franz Seraph von Pfistermeister und des bayerischen Ministerpräsidenten Ludwig von der Pfordten. Respektlos spricht der Komponist von „Pfi“ und „Pfo“Wagner will, dass König Ludwig II. ein neues Kabinett bildet.

18. November 1865

München * Wieder in München zurück, schickt Richard Wagner sein Gedicht „Abschiedsthränen“ an Ludwig II..

26. November 1865

München * In einem Brief schlägt Richard Wagner dem König vor, den Kabinettssekretärs Franz Seraph von Pfistermeister durch Max von Neumayr und den bayerischen Ministerpräsidenten Ludwig von der Pfordten durch Ludwig von Edelsheim zu ersetzen.
Der König wird die Entlassungen erst im Oktober 1866 umsetzen. Nun kommt es zum Eklat.

Denn durch sein massives Einmischen in die bayerischen Staatsangelegenheiten hat Richard Wagner den Bogen endgültig überspannt. Der Komponist, der wie kaum ein anderer Zugang zum König hat, wird von der Regierung sowieso mit großem Misstrauen beobachtet. Nun stellt der Ministerrat dem König ein Ultimatum. Ludwig II. habe zu wählen „zwischen der Liebe und Verehrung Ihres treuen Volkes und der Freundschaft Richard Wagners“

Eine breite öffentliche Opposition gegen den Komponisten hat sich gebildet. Sie wirft Richard Wagner vor, er halte den König von den Regierungsgeschäften ab und beanspruche die Kabinettskasse übermäßig. Bald darauf übergeben Münchner Bürger 810 Unterschriften mit der Forderung der Landesverweisung des Komponisten Richard Wagner an den Kabinettssekretär Franz Seraph von Pfistermeister.

6. Dezember 1865

München-Maxvorstadt * Oberappellationsrat Johann Freiherr von Lutz wird vom Kabinettssekretär Franz Seraph von Pfistermeister zu Richard Wagner geschickt, um ihn zu bitten, München für einige Monate zu verlassen.

8. Dezember 1865

München * Nachdem 810 Münchner Bürger schriftlich die Landesverweisung des Komponisten forderten, muss König Ludwig II. Richard Wagner einen Abschiedsbrief schreiben. Die Abreise Wagners aus München sollte nur ein Abschied auf Zeit sein. Wenn sich die Gemüter wieder etwas beruhigt hätten, könnte er ja wieder nach München zurückkehren.

Aus diesem Grund erhält der Komponist auch weiterhin sein Jahresgehalt von 8.000 Gulden, was dem Doppelten einer Ministerpension entspricht.

10. Dezember 1865

München-Maxvorstadt - Triebschen * Richard Wagner verlässt fluchtartig seine Villa in der Brienner Straße 21 (heute 37) und flieht nach Triebschen in der Schweiz. Die Münchner Gemeindebevollmächtigten sprechen sich in ihrer Sitzung für die Übersendung einer „Danksagung der Stadt München für die Entfernung Richard Wagners aus Bayern“ an den König aus. Diese Aktion wird allerdings nach einem Einspruch des Magistrats unterbleiben. 

Zwischen Mai 1864 und Dezember 1865 hat Richard Wagner von der Kabinettskasse 99.400 Gulden erhalten. In dieser Summe sind weder die Zuschüsse an Wagner nahestehende Personen, noch die Zuwendungen für die „Tristan und Isolde“-Aufführung in Höhe von 57.500 Gulden. Das entspricht etwa einem Drittel der jährlich rund 300.000 Gulden aus der Kabinettskasse, über die der König ein freies Verfügungsrecht besitzt.

Um den 20. Dezember 1865

München * Die Unruhe- und Angstzustände des 17-jährigen Bayernprinzen Otto bleiben in der königlichen Familie nicht unbemerkt. Die Königinmutter wird aber von den Ärzten beruhigt, da es sich lediglich um ein „Jugendirresein“ handle, das von selbst wieder vergeht. 


1866

1866

München * Aus der Firma Hirschberg & Co geht die Actien-Ziegelei München hervor. 1.080 Aktien zum Preis von 250 Florin werden ausgegeben. Sie bringen ein Kapital von 270.000 Gulden.

5. Januar 1866

München * König Ludwig II. ernennt Malvina Schnorr von Carolsfeld zur Kammersängerin mit einem Jahresgehalt von 2.000 Gulden „ohne ausdrückliche Verpflichtung ihrerseits für irgend eine Gegenleistung".

25. Januar 1866

Dresden * Richard Wagners Ehefrau Minna stirbt in Dresden.

Ab Februar 1866

München-Graggenau * König Ludwig II. lässt nach seiner Verlobung mit Herzogin Sophie Charlotte in Bayern die Unteren Hofgartenzimmer in der Residenz für die künftige Königin reicher ausgestalten. Zusätzlich dazu lässt er eine Wendeltreppe, die von seinem Arbeitszimmer direkt in das künftige Königinnen-Appartement führt, anlegen. 

März 1866

München-Maxvorstadt * Das Projekt einer vorübergehenden Spielstätte im Glaspalast für die Werke Richard Wagners wird endgültig zu den Akten gelegt.

9. Mai 1866

München * Der bayerische Ministerrat beantragt beim König die Mobilmachung. Ludwig II. will daraufhin zugunsten seines Bruders Otto abdanken. 

10. Mai 1866

München - Königreich Bayern * Die Mobilmachung der bayerischen Armee wird ausgerufen. Da das bayerische Heer nicht für den Krieg vorbereitet ist, dauert es bis zum 22. Juni, bis die Truppen in die vorgesehenen Standorte eingerückt sind. Inzwischen sind die Preußen bereits in Böhmen eimarschiert. 

22. Mai 1866

Triebschen * König Ludwig II. und Richard Wagner treffen zu dessen Geburtstag erstmals nach seinem Weggang aus München in Triebschen in der Schweiz wieder aufeinander. Die Begegnung dauert bis zum 24. Mai. 

27. Mai 1866

München-Graggenau * König Ludwig II. eröffnete den 22. Landtag im Thronsaal der Residenz. Er will zur Eröffnung des Landtags eine Rede zu halten, in der er  

  • Bayerns Eintreten für ein frei gewähltes Parlament befürwortet,  
  • die Volksbewaffnung anstelle eines stehenden Heeres empfiehlt und  
  • die Militärgerichtsbarkeit abschaffen will.  

Der Bayerische Ministerrat kann gerade noch rechtzeitig die eindeutig auf Richard Wagner zurückgehenden radikaldemokratischen Vorschläge aus der Thronrede streichen.

13. Juni 1866

Dresden - München * Der Architekt Gottfried Semper stellt eine Anfrage an das Kabinett des bayerischen Königs, ob er die Pläne für das Richard-Wagner-Festspielhaus, die „seit mehreren Monaten zur Vorlage fertig“ wären, schicken soll. 

Um den 16. Juni 1866

Roseninsel • König Ludwig II. verbringt diese für Bayern schwierigen Tage mit seinem Adjudanten Paul Fürst von Thurn und Taxis auf der Roseninsel im Starnberger See, wo er „zu seiner Zerstreuung Feuerwerke abbrennen ließ und bei künstlichem Mondschein Vergessen suchte“

16. Juni 1866

Wien - München - Berlin • Der Deutsche Bund beschließt den Krieg gegen Preußen. 

22. Juni 1866

München * Mobilmachung der bayerischen Truppen gegen Preußen. 

24. Juni 1866

Bamberg * König Ludwig II. besucht die bayerischen Truppen in Bamberg. 

18. Juli 1866

München • König Ludwig II. will unter dem Eindruck des verlorenen Krieges erneut zurücktreten. Bereits am 9. Mai, als er vom Ministerrat zur Mobilmachung aufgefordert worden war, äußerte er erstmals Rücktrittsabsichten. 

Oktober 1866

München * König Ludwig II. entlässt seinen Kabinettssekretär Franz Seraph von Pfistermeister und den Ministerpräsidenten Ludwig von der Pfordten. Richard Wagner nannte die Beiden respektlos „Pfi“ und „Pfo“. Nun hatte er seine späte Rache. 

1. Oktober 1866

München * Die von Richard Wagner konzipierte Deutsche Musikschule wird eröffnet. Rund 75 Schülerinnen und Schüler werden unter der Leitung von Karl von Perfall, dem späteren Intendanten des Hof- und Nationaltheaters, Hans von Bülow als Künstlerischem Direktor, sowie Peter Cornelius als Lehrer für Harmonie und Rhetorik ausgebildet.

15. Dezember 1866

München * Richard Wagner fordert von König Ludwig II. die Ausweisung der Kammersängerin Malvina Schnorr von Carolsfeld. Sie hat das eheähnliche Zusammenleben von Wagner und Cosima von Bülow kritisiert.


1867

1867

München-Graggenau * König Ludwig II. lässt die „Nibelungensäle“ im „Königsbau“ der Residenz fertigstellen.  

Im „Saal der Klage“ fehlen noch zwei Bilder, die jetzt - 40 Jahre nach Beginn der Malerarbeiten -  von dem Maler und Graphiker Michael Echter ergänzt werden.  

Auf dem Bild gegenüber dem Eingang gibt der Maler dem lorbeerbekränzten Dicchter des „Nibelungenliedes“ die Gesichtszüge Ludwigs I..  
Dem daneben stehenden jungen Sänger im roten Mantel gibt er das Aussehen König Ludwigs II.. 

1867

München-Maxvorstadt * Als Abschlussarbeit verlangt Karl von Piloty von seinen Schülern einen „großen historischen Unglücksfall“.

Als Thema für Eduard Grützner schlägt er vor: „Heinrich II. von England lässt sich 1174 am Sarkophage des Erzbischofs Thomas Becket geißeln“. Da der Student der Thematik nur wenig Sympathie abgewinnen kann, malt er eine ganz andere Unglücksgeschichte.

Es wird ein humoristisches Kellerbild mit Mönchen, auf dem ein behäbiger, zum Weinholen geschickter Klosterbruder abgebildet ist. Er hat zu tief und zu lange ins Glas geschaut und ist deshalb angetrunken - an einem Weinfass stehend - eingeschlafen. Von einem anderen Pater denunziert, wird der Mönch nun vom Prior kritisch beobachtet.

Piloty sieht sich das Bild lange an und sagt schließlich: „Bravo, gratuliere!“ Eduard Grützners nächstes Werk hat eine ähnliche Thematik: Ein von Zahnweh geplagtes Pfäfflein steigt in den Weinkeller, um dort Linderung für seine Pein zu suchen. Dieses Bild kauft der „Kunstverein“ an und versteigert es für dreihundert Gulden. Der Käufer veräußert es umgehend für beinahe das Dreifache.

1867

München - Berlin * Der preußische „Gesandte“ Freiherr von Werther berichtet an „Reichskanzler“ Otto von Bismarck über umlaufende Gerüchten einer Geisteskrankheit des bayerischen Prinzen Otto. 

Es gibt Überlegungen, ihn von der Thronfolge auszuschließen.
Angeblich leidet er „an einem kalten Fieber“

1867

Bogenhausen * Die „Actien-Ziegelei München“ richtet an der Denninger Straße, beim heutigen Herkomerplatz, die „Fabrik Bogenhausen“ ein.

Nach dem Jahr 1867

Bogenhausen - Zamdorf * Die „Actien-Ziegelei München“ betreibt eine Ziegelei in Zamdorf. 

Eine weitere, die sogenannte „Ziegelei IV“ entsteht am Prinzregentenplatz.

Sie muss vor 1901 dem „Prinzregententheater“ Platz machen.

5. Januar 1867

München * Malvina Schnorr von Carolsfeld erhält von König Ludwig II. eine Aufforderung zur umgehenden Ausreise aus Bayern. Falls sie dieser Anordnung nicht innerhalb von zwei Wochen nachkommt, soll ihr der „verliehene Jahresbezug von 2.000 fl. sofort sistirt“ werden.

11. Januar 1867<p><strong>München</strong> * Gottfried Semper zeigt&nbsp;König Ludwig II. das Modell des Festspielhauses. Der Monarch ist derart angetan, dass er dem Architekten&nbsp;per Handschlag nicht nur den Auftrag zum Bau erteilt, sondern ihn auch einlädt, nach München zu übersiedeln und Oberbaurat&nbsp;sowie Hoftheater-Intendant&nbsp;zu werden.</p> <p>Da Semper den Platz auf dem rechten Isarhochufer favorisiert, steht freilich sofort die Anlage einer neuen Straße zur Debatte.&nbsp;Gottfried Semper schlägt dafür eine Nord- und eine Südvariante vor.</p> <ul> <li>Erstere verlängert in leicht geknickter Form die Galeriestraße.</li> <li>Der südliche Straßenzug, dem auch der König den Vorzug gibt, ist die Verlängerung der Brienner- und Hofgartenstraße.</li> </ul> <p>Obwohl das Bauterrain vom König nie erworben wird, fertigt Semper dafür bis Dezember 1867 die Planunterlagen an.</p>
22. Januar 1867

München * König Ludwig II. verlobt sich mit Sophie, der Tochter von Herzog Max in Bayern.

30. Januar 1867

München * Das offizielle Verlobungsfoto von König Ludwig II. und seiner Großcousine Sophie Charlotte, Herzogin in Bayern entsteht im Atelier des Hofphotographen Josef Albert. 

10. März 1867

München * Während seines München-Aufenthalts zwischen dem 9. und 18. März begegnen sich Richard Wagner und König Ludwig II..

28. Mai 1867

München-Graggenau * Der Hofbauinspektor Eduard von Riedel legt Pläne für die Neugestaltung der Appartements Ludwigs II. vor. Der König ist mit den Planungen nicht zufrieden und gibt die Aufgabe an Franz Seitz weiter.  

Riedel legt auch seine Pläne für die Herstellung eines Dachpavillons auf dem Dach des Festsaalbaus vor. Der Dachgarten ist nur ein kleines, zimmergroßes Häuschen aus Eisen und Glas mit einem rechteckigen Grundriss. 

30. Mai 1867

Starnberger See * Richard Wagner bezieht das von König Ludwig II. für ihn gemietete Haus Prestell am Starnberger See.

7. Oktober 1867

München * König Ludwig II. löst in einem Schreiben die Verlobung mit seiner Großcousine Sophie Charlotte, Herzogin in Bayern. Er schreibt in sein Tagebuch: „Sophie ist abgeschrieben. Das düstere Bild verweht; nach Freiheit verlangt mich, nach Freiheit dürstet mich, nach Aufleben von qualvollem Alp.“ Das ist ein fast wortgleiches Zitat aus Richard Wagners „Thannhäuser“

10. Oktober 1867

München * Die Auflösung der Verlobung zwischen König Ludwig II. und Sophie in Bayern vom 7. Oktober 1867 wird in München bekannt.  

Dezember 1867

München-Graggenau * Der „Wintergarten“ auf dem Dach des „Festsaalbaus“ für König Ludwig II. ist fertiggestellt.  

Der Monarch plant umgehend die Erweiterung des „Dachgartens“ um 33 Fuß.


1868

7. März 1868

München * In einem Brief redete Cosima von Bülow, Wagners Sekretärin und Mutter zweier gemeinsamer Kinder, König Ludwig II. den Plan zum Bau eines Wagner-Festspielhauses in München aus.

21. März 1868

Graggenau * Eduard von Riedel legt die Pläne für den erweiterten Wintergarten König Ludwigs II. auf dem Dach des Festsaalbaus vor. 

27. März 1868

München * Richard Wagner erhält vom Bayernkönig Ludwig II. ein Darlehen unbekannter Höhe.

13. Mai 1868

Schloss Neuschwanstein * König Ludwig II. teilt Richard Wagner in einem Brief seinen Entschluss mit, dass er die alte Burgruine Hinterhohenschwangau bei der Pöllatschlucht neu aufbauen lassen will. Es ist das spätere Schloss Neuschwanstein.

21. Juni 1868

Graggenau * Richard Wagners „Die Meistersinger von Nürnberg“ werden im Hof- und Nationaltheater für München uraufgeführt.

Juli 1868

Schloss Neuschwanstein * Für das „Neue Schloss Hohenschwangau“ an der Stelle der „Burgruine Hinterhohenschwangau“, dem späteren „Schloss Neuschwanstein“, beginnen mit Sprengungen und Erdarbeiten die Vorbereitungen für den Bauplatz.

Um Oktober 1868

Graggenau * König Ludwig II. gibt einen „Maurischen Kiosk“ für seinen „Wintergarten“ in der Residenz in Auftrag.  

Er soll ähnlich dem sein, den Karl von Diebitsch für die „Pariser Weltausstellung 1867“ geliefert hatte. 


1869

Um den Januar 1869

München-Graggenau * Der erweiterte „Wintergarten“ Ludwigs II. auf dem Dach des „Festsaalbaus“ ist fertiggestellt.  

Der König ist noch immer nicht zufrieden.  
Er will einen „Maurischen Kiosk“ in seinem „Dachgarten“ integriert wissen, der bereits im Herbst 1868 beauftragt wurde. 

23. Februar 1869

Schloss Linderhof * Das „Königshäuschen“ im Graswangtal wird modernisiert. 

2. März 1869

München * König Ludwig II. gewährt Richard Wagner ein Darlehen in Höhe von 10.000 Gulden. Dieses und jenes vom 27. März 1868 wird in jährlichen Raten in Höhe von 166 Gulden und 40 Kreuzer zurückgefordert.

15. Juni 1869

Schloss Linderhof * Georg Dollmann legt König Ludwig II. einen Kostenvoranschlag für einen Byzantinischen Palast im Graswangtal vor. 

20. Juni 1869

München-Graggenau * Vor seinem endgültigen Weggang aus München bringt Hofkapellmeister Hans von Bülow „Tristan und Isolde“ am 20. und 22. Juni im Nationaltheater erneut zur Aufführung.

Um den August 1869

München-Graggenau * Die „Königlichen Appartements“ König Ludwig II. im Pavillon des „Hofgartentrakts“ der „Residenz“ sind fertiggestellt und werden von dem Bayernmonarchen bewohnt. 

27. August 1869

Schachen * Grundsteinlegung für das von Ludwig II. beauftragte Königshaus am Schachen.

September 1869

München * Der 15-jährige Leonhard Romeis kommt an die „Königliche Gewerbeschule“ nach München.

3. September 1869

Schloss Neuschwanstein * Der Grundstein für das von Ludwig II. in Auftrag gegebene Schloss Neuschwanstein wird gelegt.

22. September 1869

München-Graggenau • Gegen den erklärten Willen von Richard Wagner lässt König Ludwig II. die Oper „Das Rheingold“ im Hof- und Nationaltheater uraufführen.

3. Oktober 1869

München-Theresienwiese * König Ludwig II. besucht das Münchner Oktoberfest.

5. Oktober 1869

München-Graggenau * König Ludwig II. gibt Carl von Effner den Auftrag für einen neuen königlichen Wintergarten auf dem Dach des Festsaalbaus der Residenz, mit den Ausmaßen 69,50 x 17,20 x 9,50 Metern. Um der Längenausdehnung entgegen zu wirken, wird der Dachgarten im Süden durch einen Quertrakt erweitert. Dazu wird im Kaiserhof ein dreiachsiger Unterbau errichtet.  

Der für den neuen Wintergarten angefertigte Maurische Pavillon [Beauftragt im Herbst 1868] findet keine Verwendung. Er wird stattdessen im Park von Schloss Berg am Starnberger See aufgestellt. 

9. Dezember 1869

München-Graggenau * Die Königlichen Appartements Ludwigs II. im Pavillon des Hofgartentrakts der Residenz werden fotografiert. 


1870

Um 1870

Königreich Bayern * Die bayerischen Ziegeleibarone holen jährlich etwa 15.000 Saisonarbeiter aus der Gegend von Udine und dem Friaul ins Land, da sie - so die offizielle Begründung - als „streng katholisch“ sowie „genügsam und anspruchsvoll“ gelten. Auch würden sie „am Montag früh stets vollständig zur Arbeit erscheinen, eine Eigenschaft, auf die man bei den einheimischen Arbeitern nicht bestimmt rechnen kann“.

Wesentlich interessanter war für die „Loambarone“ allerdings, dass die italienischen Arbeitskräfte gegenüber ihren deutschen Kollegen erheblich billiger waren und dass sie das in Italien traditionelle Akkordanten-System von jeglicher sozialer Verantwortung gegenüber den Ziegeleiarbeitern entband. Die Anwerbung der Ziegelarbeiter, den Fornaciai, übernahmen die Akkordanten oder Capuzats. Das waren Friulaner, die mit den hiesigen Verhältnissen bestens vertraut und sprachkundig waren und so als Bindeglied zwischen den Ziegeleibesitzern und den Arbeitern fungierten.

26. Juni 1870

München-Graggenau * Die „Walküre“ von Richard Wagner wird im Hof- und Nationaltheater uraufgeführt.

16. Juli 1870

München - Berlin * Da für die bayerische Regierung der Bündnisfall gegenüber Preußen eingetreten ist, befiehlt König Ludwig II. die Mobilmachung. 

18. Juli 1870

Luzern ? * Cosima von Bülow wird von ihrem Mann Hans von Bülow geschieden.

25. August 1870

Luzern * Richard Wagner und Cosima von Bülow heiraten in Luzern.

30. September 1870

Schloss Linderhof * König Ludwig II. beauftragt einen Anbau an das Königshäuschen im Graswangtal. Das ist der Beginn der Planungen für Schloss Linderhof. 

30. November 1870

München * Bayernkönig Ludwig II. schreibt den sogenannten Kaiserbrief an König Wilhelm I. von Preußen. Darin regt er die „Wiederherstellung der deutschen Kaiserwürde“ und eines Deutschen Reiches an. Im Namen aller Bundesfürsten trägt er dem Preußenkönig die Kaiserkrone, die höchste deutsche Würde, an.  

Oberststallmeister Max Graf von Holnstein hat gemeinsam mit Bismarck den Brief entworfen, den der mit Zahnschmerzen im Bett liegende Bayernkönig nur ab- und unterschreiben muss. Noch am selben Tag reist Graf Holnstein nach Frankreich und überreicht dort den entscheidenden Brief an Prinz Luitpold.  

Für diesen bayerischen Ausverkauf wird König Ludwig II. allerdings persönlich mit rund fünf Millionen Mark aus Bismarcks Welfenfond entschädigt. Jedenfalls wird dem König lange Zeit unterstellt, dass der Kaiserbrief der noble Preis für diese Rentenzahlung gewesen ist. Max Graf von Holnstein, der Überbringer des Geldes und Mitbegründer der Bayerischen Vereinsbank, ist mit zehn Prozent an diesem Deal beteiligt. 


1871

Ab 1871

Dresden * Die Theater-Pläne von Gottfried Semper werden - mit geringfügigen Änderungen - für das neue Dresdner Hoftheater verwendet. Gottfried Sempers Sohn Manfred führt den Bau in den Jahren 1871 bis 1873 aus. Und so entsteht der heute weltberühmte Opernbau - an anderer Stelle - doch noch.

1871

München-Graggenau * Der Königliche Wintergarten auf dem Festsaalbau der Münchner Residenz ist fertiggestellt. 

25. September 1871

Oberammergau * Separatvorstellung des Oberammergauer Passionsspieles für König Ludwig II..

15. November 1871

München - Berlin * Prinz Ottos Geisteskrankheit wird an Reichskanzler Otto von Bismarck gemeldet.

25. Dezember 1871

München * König Ludwig II. und seine Mutter wollen Prinz Otto keinesfalls in eine Heilanstalt einweisen lassen, sondern ihn auf Gütern der Familie vor der Öffentlichkeit fernhalten.


1872

Nach 1872

München * Das neu erwachte „Deutschland-über-alles-Selbstwertgefühl“ nach dem gewonnenen Krieg von 1870/71 sowie die „Reichsgründung“ haben in München schon zu Wagners Lebzeiten Vereine gründen lassen, die dieses Gefühl pflegen und hochhalten.

Und damit stehen Richard Wagners Kompositionen im Mittelpunkt des öffentlichen Musikinteresses.

Seine Musik wird konsumierbar gemacht; von der „Spieldose“ bis zum „mechanischen Klavier“. Neben „Volksliedern“, „patriotischen Hymnen“ und „Gassenhauern“ spielen „Kirmes-Orgeln“ auch „Wagner-Potpourris“.

Und selbst in den regelmäßig stattfindenden „Bierkonzerten“ erfreut sich ein „mehrere tausend Köpfe starkes Publikum“ an den von vierzig bis fünfzig Mann starken „Militärkapellen“ vorgetragenen Werken von Richard Wagner. Das „Vorspiel zu Parsifal“ oder Szenen aus „Rheingold“ beziehungsweise der „Walküre“ werden dargebracht und von den zechenden Besuchern mitgesungen.

Richard Wagner ist einfach zum „Popstar“ geworden. 

1872

München * Die dritte Welle der „Cholera“ kündigt sich an.

In München sterben 17 Menschen an der Seuche.

1872

München-Isarvorstadt * Umbenennung des „Gärtnerplatz-Theaters“ in „Königliches Hoftheater am Gärtnerplatz“.

Januar 1872

München * Prinz Otto von Bayern wird von mehreren Ärzten untersucht und ein ärztliches Gutachten erstellt.

Die Ärzte prognostizieren, dass eine Heilung möglich wäre, wenn der Patient von München entfernt und einer konsequenten Behandlung zugeführt werden würde.

Man vermutet allerdings „Syphilis“ und keine „Schizophrenie“.
Außerdem gibt man dem Prinzen nur noch eine Lebenserwarten von einem halben bis maximal zwei Jahren.

22. April 1872

Bayreuth * Was in München nicht gelingt, glückt in Bayreuth. 
Der Grundstein für das „Festspielhaus auf dem Grünen Hügel“ wird gelegt.
Doch schnell steht das Projekt vor dem Ruin.

Da schreibt König Ludwig II.: „Nein! Nein und wieder nein! So soll es nicht enden; es muß geholfen werden“ und schickt 100.000 Mark nach Bayreuth. 
Wagner bedankt sich bei seinem königlichen Gönner mit den Worten: „Oh, mein huldvoller König! Blicken Sie nur auf alle deutschen Fürsten, so erkennen Sie, daß nur Sie es sind, auf welchen der deutsche Geist noch hoffend blickt!“

Nachdem die ersten Festspiele mit Schulden in Höhe von 148.000 Mark enden, greift der König wiederholt in die Tasche und unterstützt den Musiker, obwohl er dem „Meister“ schon zuvor 25.000 Mark zur Fertigstellung seiner „Villa Wahnfried“ überlassen hat.

Die Großzügigkeit Ludwigs II. gegenüber dem von ihm vergötterten Musiker ist grenzenlos.
Mit insgesamt 562.914 Mark greift Ludwig II. dem Komponisten unter die Arme, um die Vollendung des
„Rings des Nibelungen“, der „Meistersinger“ und des „Parsifal“ zu sichern und ihm auch weiterhin einen luxuriösen Lebensstil zu ermöglichen.

Aus Ludwigs Sicht ist das Geld gut investiert, denn: „Die Töne Ihrer Werke sind meine Lebensluft, ich kann sie nicht entbehren“ schreibt der Monarch an den „Meister“.

6. Mai 1872

München-Graggenau * Im Residenztheater wird mit dem Lustspiel „Die Gräfin du Barry“ die erste offizielle Separatvorstellung für König Ludwig II. aufgeführt. Weitere 208 werden folgen. Zwischen dem 6. Mai 1872 und dem 12. Mai 1885 hat das Residenztheater, vom Oktober 1873 an auch das Hof- und Nationaltheater, exklusiv für den Märchenkönig 154 Schauspielvorführungen, 44 Opern- und elf Ballettaufführungen angesetzt. Dabei entgehen den genannten Schauspielhäusern etwa 200.000 Mark an Einnahmen.

Der König erklärt dem Intendanten Ernst Possart zur Begründung: „Ich kann keine Illusion im Theater haben, solange die Leute mich unausgesetzt anstarren und mit ihren Operngläsern jede meiner Minen verfolgen. Ich will selbst schauen, aber kein Schauobjekt für die Menge sein.“

Dezember 1872

München-Maxvorstadt * Richard Wagner sitzt bei Franz Lenbach für ein Porträt Modell.


1873

1873

München * König Ludwig II. spielt mit dem Gedanken der Abdankung und will sich auf die „Kanarischen Inseln“ zurückziehen.

Ab 1873

München * Dritte „Cholera-Epidemie“ bricht in München aus.

Sie führt zur Umsetzung der von Professor Max von Pettenkofer vorgeschlagenen hygienischen Maßnahmen der Stadtsanierung:

  • den Bau der „Schwemmkanalisation“,
  • einer „zentralen Wasserversorgung“ und
  • dem zentralen „Schlacht- und Viehhof“.

Damit wird München, als eine der schmutzigsten Städte die „sauberste Stadt Europas“.

Um den 15. August 1873

München * König Ludwig II. äußert sich über Ottos Gesundheitszustand: „Mein Bruder kann nie regieren“.

September 1873

München-Theresienwiese * Das „Oktoberfest“ wird wegen der heraufziehenden „Cholera-Epidemie“ abgesagt.

Seit 1810 fällt das Volksfest damit zum fünften Mal aus.

25. September 1873

Berlin - München * Die erste Zahlung Bismarcks aus dem sogenannten Welfenfonds trifft in München ein.

Ab 9. November 1873

München * Die dritte Cholera-Epidemie bricht zwischen 9. und 15. November in München aus. Sie wütet am Schlimmsten bis April 1874 und wird bis 1875 andauern. Obwohl die Seuche diesmal vergleichsweise glimpflich abläuft, werden dennoch etwa 1.400 Münchner an der Cholera sterben.

Sie führt zur Umsetzung der von Professor Max von Pettenkofer vorgeschlagenen hygienischen Maßnahmen der Stadtsanierung:

  • den Bau der Schwemmkanalisation,
  • einer zentralen Wasserversorgung und
  • dem zentralen Schlacht- und Viehhof.

Damit wird München, als eine der schmutzigsten Städte die „sauberste Stadt Europas“.


1874

1874

Italien * Leonhard Romeis schließt nach seiner Ausbildung an der „Kunstgewerbeschule“ einen 15-monatigen Studienaufenthalt in Italien an.

Finanziert wird die Reise von der „Maximiliansstiftung für kunstgewerbliche Ausbildung“.

1874

München * Eduard Theodor Grützner heiratet die um sieben Jahre jüngere Barbara Link.

Sie bringt zwei Jahre später die gemeinsame Tochter Barbara zur Welt, die in verschiedenen Akten auch mit dem Kosenamen „Babette“ eingetragen wird.

1874

Berg am Laim * Der Berg am Laimer „Maurermeister“ Joseph Behringer betreibt im Münchner Osten den ersten „Ringofen“.

1874

München * Nachdem Prinz Otto von Bayern partout nicht sterben will, attestieren ihm die Ärzte „Paranoia“

Darunter versteht man zu dieser Zeit „Geistesstörungen mit Sinnestäuschungen, Wahnvorstellungen und Beziehungsideen, Verfolgungs- und Größenideen“

Januar 1874

München * Georg Dollmann übernimmt die Aufgaben des „Hofbaudirektors“ Eduard von Riedel. 

21. Januar 1874

Schloss Linderhof * König Ludwig II. ordnet den Abbruch des Königshäuschen im Graswangtal an. Das Schloss Linderhof entsteht damit in seiner endgültigen Form.


1875

27. Mai 1875

Schloss Nymphenburg - München-Kreuzviertel * Prinz Otto ist seinen Bewachern auf Schloss Nymphenburg entkommen. Er durcheilt die Frauenkirche bis zum Altar, wirft sich auf die Knie und bittet laut schreiend um Vergebung seiner Sünden. 

14. Juni 1875

München * Leonhard Romeis arbeitet im Architekturbüro seines ehemaligen Lehrers Emil von Lange.

Um Juli 1875

München * Bereits im Sommer 1875, also ein Jahr vor der Eröffnung des „Bayreuther Festspielhauses“, zeigt man in München - auf Betreiben des „Generalintendanten“ Carl Freiherr von Perfall - eine Reihe von sogenannten „Musteraufführungen“ vor allem der Werke Richard Wagners.

Selbst der Plan eines „Festspielhauses“ in München findet keine Ruhe und wird weiterentwickelt.

September 1875

München-Haidhausen - Avilla du Buia * Der Münchner Akademieprofessor Josef Knabl, „Lehrer für christliche Plastik“, formt die „Madonna della Saluta“.

Anschließend wird sie in einem Ofen des Haidhauser „Ziegeleibesitzers“ Anton Graßl gebrannt, danach mit einem Pferdefuhrwerk nach Avilla di Buia bei Udine gebracht, farbig gefasst und auf dem dortigen Hochaltar aufgestellt.


1876

1876

Schloss Linderhof * Errichtung der „Hundinghütte“ im „Ammerwald“ bei „Schloss Linderhof“

1876

Starnberger See - Berg * Errichtung einer neugotischen Kapelle bei Berg. 

Mai 1876

Schloss Linderhof * König Ludwig II. kauft den „Maurischen Kiosk“ für den „Schlosspark in Linderhof“

6. August 1876

Bayreuth * König Ludwig II. und Richard Wagner treffen sich in Bayreuth. Der Bayernkönig wohnt den Generalproben zum Ring des Nibelungen bei. Ludwigs II. Aufenthalt dauert bis zum 9. August.

13. August 1876

Bayreuth * Richard Wagner eröffnet - im Beisein des deutschen sowie des brasilianischen Kaisers und des württembergischen Königs - sein Festspielhaus in Bayreuth. Bayerns König Ludwig II. befindet sich nicht unter den Gästen, obwohl er zuvor dem Komponisten beim Bau des Theaters großzügigst unter die Arme gegriffen hatte.

27. August 1876

Bayreuth * Zwischen dem 27. und dem 31. August besucht König Ludwig II. den dritten und letzten „Ring“-Zyklus der ersten Bayreuther Festspiele.


1877

1877

München-Ramersdorf - Unterföhring * Zwischen Ramersdorf und Unterföhring werden 60 „Ziegeleien“ gezählt.

25. August 1877

Schloss Linderhof * Die Grotte bei Schloss Linderhof wird fertiggestellt. 


1878

1878

München-Graggenau * Erstaufführung von Richard Wagners Opern „Siegfried“ und „Götterdämmerung“ sowie die erste vollständige Aufführung des „Ring der Nibelungen“ im Münchner „Hof- und Nationaltheater“.

Ab 1878

München-Maxvorstadt * Franz Stuck besucht die „Kunstgewerbeschule“ in München bei Ferdinand Barth. 

1878

Berg am Laim - München-Haidhausen - Bogenhausen * Da die „padroni“ jenseits der Alpen bei den „Akkordanten“ komplette Arbeitstrupps anheuern, stellen sie anfangs auch keine Geräte zur Verfügung.

Das bedeutet, dass die Italiener Schaufeln und Hacken schleppen und selbst Schubkarren und anderes Gerät über die Alpen schieben müssen.

An ihrem Arbeitsplatz in München angelangt, liegt ihnen ausschließlich daran, durch möglichst viel Arbeit möglichst viel Geld zu verdienen.
Durch das Bezahlen von „Akkordlöhnen“ entziehen sich die Italiener den Kontrollen, die man zur überwachung der gesetzlichen Vorgaben eingeführt hat.

Frauen und Kinder übernehmen die körperlich weniger schweren Tätigkeiten.
Manchmal bilden Familien ein Team, mit dem „stampadore“ an der Spitze.
Frau und Kinder haben ihm zuzuarbeiten und je besser die einzelnen Arbeitsschritte koordiniert sind, desto besser ist auch das Gesamtergebnis. 

Schon zehnjährige Buben verdingen sich als Handlanger.
Die „mulis“ stehen an der untersten Stelle der Hierarchie, haben den Mund zu halten und müssen einfach funktionieren.

Zwar sieht die „Reichsgewerbsordnung“ aus dem Jahr 1878 Bestimmungen zum „Arbeitsschutz für Kinder und Frauen“ vor, so eine „Beschränkung der Arbeitszeit“ sowie das „Verbot von körperlich schwerer Arbeit“.
Doch die Verordnung wird in der Praxis unterlaufen und die Strafen sind so lächerlich niedrig, dass sie wirkungslos bleiben.

Wenn kontrolliert wird, dann, so ein resignierter Fabrikinspektor, „[...] braucht sich der Jugendliche nur neben der [Arbeits-]Bank auf den Boden zu setzen, um Jedermann ad oculos zu demonstrieren, daß er seine Ruhepause in echt italienischer Weise feiert“.

16. März 1878

München * Prinz Ottos ärztliche Überwachung und Betreuung wird intensiviert. 

21. Mai 1878

Schloss Herrenchiemsee * Der Grundstein für das neue Schloss Herrenchiemsee wird gelegt. 


1879

1879

Friaul - Königreich Bayern * Durch die neue Bahnlinie verkürzt sich die Reisedauer der italienischen „Ziegeleiarbeiter“ auf zwei Tage.

Bis dahin mussten sie den ganzen Weg über die Alpen zu Fuß zurücklegen. Das dauerte etwa 10 Tage.

Januar 1879

Schloss Herrenchiemsee * Der Rohbau von „Schloss Herrenchiemsee“ ist weitestgehend fertiggestellt. 

Der Innenausbau beginnt im Frühjahr. 


1880

1880

München * Ernst von Possart holt den jungen österreichischen Schauspieler Josef Kainz nach München. 

1880

München-Haidhausen * Eduard Theodor Grützner erhält den „Verdienstorden des Heiligen Michael, Ritterkreuz erster Klasse“.

1880

Schloss Neuschwanstein * Der Dachstuhl von „Schloss Neuschwanstein“ wird aufgesetzt. 

Damit ist der Rohbau vollendet. 

Um April 1880

Südtirol * Leonhard Romeis bereist Südtirol, um dort für das Wohnhaus seines ersten Bauherrn und Kollegen an der „Kunstgewerbeschule“, den „Bildhauer“ Anton Heß, Burgen und Schlösser zu studieren.

26. Juli 1880

Bogenhausen * Das Gas-Konsortium erwirbt am Kirchstein von dem Ziegeleibesitzer Nicolaus Huber ein Areal von insgesamt 6,077 Hektar.

13. August 1880

München - Bogenhausen * Das Gas-Konsortium kauft weitere 2,976 Hektar am Kirchstein an.

12. Dezember 1880

Schloss Neuschwanstein * König Ludwig II. bewohnt erstmals Schloss Neuschwanstein. 


1881

Ab 1881

München-Maxvorstadt * Franz Stuck studiert an der „Akademie der Bildenden Künste“ bei Wilhelm Lindenschmidt und Ludwig Löfftz, auch wenn er dem Unterricht häufig fern bleibt. 

1881<p><strong><em>Bogenhausen</em></strong> * Auf dem vom Gas-Konsortium&nbsp;aufgekauften Grund beginnen die Bauarbeiten für das Gaswerk am Kirchstein in Steinhausen.&nbsp;</p>
30. April 1881<p><strong><em>München</em></strong> * Bei einer Separatvorstellung&nbsp;von Victor Hugos <em>„Marion de Lorme“</em> wird König Ludwig II. auf den jungen österreichischen Schauspieler Josef Kainz aufmerksam.&nbsp;</p>
Um den 25. Juni 1881

Schloss Linderhof - Schweiz * König Ludwig II. lädt den jungen österreichischen Schauspieler Josef Kainz nach Schloss Linderhof ein und verpflichtet ihn zu einer Reise in die Schweiz. Dort soll Kainz, an den Originalschauplätzen von Schillers Wilhelm Tell Passagen aus dem Werk zitieren. 

27. Juni 1881

München - Schweiz * König Ludwig II. und der Schauspieler Josef Kainz begeben sich auf eine Reise in die Schweiz. Dort soll Kainz, an den Originalschauplätzen von Schillers „Wilhelm Tell“ Passagen aus dem Werk zitieren.  

Auf dieser Reise entsteht auch das berühmte Erinnerungsfoto, bei dem Kainz die Hand auf die Schulter des Königs legt. Die Hand wird später durch Retusche entfernt. 

14. Juli 1881

Schweiz - München * Die gemeinsame Schweiz-Reise von König Ludwig II. und dem Schauspieler Josef Kainz endet. Beide sind vom Ausgang der Reise enttäuscht.  

  • Der Schauspieler konnte die hohen Erwartungen des Königs nicht erfüllen.  
  • Er war den körperlichen Strapazen länger alpiner Wanderungen und  dem unausgesetzten Forderungen des Königs nach empathischem Deklamieren nicht gewachsen.  
  • Er verweigerte sich aus Erschöpfung und Übermüdung.  
  • Damit überschritt er für König Ludwig II. eine rote Linie zwischen König und Untertan.  

Das ist für den Bayernmonarchen unverzeihlich. 


1882

1882

München - Magdeburg * Leonhard Romeis lehnt eine Berufung als „Direktor der Kunsthandwerkerschule der Stadt Magdeburg“ ab.

1882

München-Graggenau * Für die evangelischen Schulkinder des Münchner Ostens ist die protestantische „Schule an der Herrnstraße“ zuständig. 

Lediglich den Kindern des ersten und des zweiten Schuljahres ist es wegen der Länge und Gefährlichkeit des Schulweges gestattet, die entsprechenden Klassen in einer katholischen Schule zu besuchen. 

Von diesem Entgegenkommen machen jedoch nur wenige Schüler Gebrauch, da die Mehrzahl der Eltern befürchtet, ihre Kinder würden von dem „katholischen Geist dieser Klassen“ negativ beeinflusst werden und nehmen deshalb lieber den Weg in die Stadt in Kauf. 

9. März 1882

München-Haidhausen * Eduard Theodor Grützner stellt einen Bauantrag für seine Künstler-Residenz, nachdem er zuvor das Anwesen des Realitätenbesitzers Wilhelm Wiesinger in der Praterstraße 7 und 8 gekauft hat. Josef Wiedmann wird darin als Baumeister und Leonhard Romeis als Architekt benannt.

16. Mai 1882

München-Haidhausen * Eduard Theodor Grützner gibt den Abriss der beiden Wiesinger-Gebäude in der Praterstraße 7 und 8 bekannt.


1883

1883

Pfronten * Die Planungen für „Burg Falkenstein“ bei Pfronten beginnen.

1883

Ägypten - Indien * Robert Koch entdeckt die „Cholera-Erreger“, die die akute bakterielle Darminfektion verursachen.

1883

München * Die „Wasserversorgung aus dem Mangfalltal“ bringt reines, gesundes Wasser nach München.

1883

München * Der Schauspieler Josef Kainz verlässt München, nachdem er noch in zwei „Separatvorstellungen“ für König Ludwig II. aufgetreten ist.  

Eine Audienz zum Abschied verweigert König Ludwig II..

1883

München-Graggenau * König Ludwig II. lässt das „Cuvilliés-Theater“ als erste Bühne Deutschlands elektrifizieren. 

13. Februar 1883

Venedig * Richard Wagner stirbt in Venedig in den Armen seiner Frau Cosima.

Zu Recht behauptet König Ludwig II. von sich, er hat Richard Wagner „zuerst erkannt“ und „der Welt gerettet“.

2. Mai 1883

München-Haidhausen * Eduard Theodor Grützner lässt sich am „Praterbergl“, in der heutigen Grütznerstraße 1 und schon damals in unmittelbarer Nähe zum „Maximilianeum“ gelegen, eine Villa durch den renommierten „Architekten“ Leonhard Romeis erbauen.

Das ist zwei Jahre bevor sich Franz von Lenbach durch Gabriel von Seidl sein „Palais“ errichten lässt.

Nun erhält er von der „Lokalbaukommission“ die allgemein vorgeschriebene „Wohnbewilligung“ erteilt, die eine ausreichende Wohnqualität sicherstellen soll, was bei diesem „Bauherrn“ freilich nur eine Formalie darstellt.


1884

1884

München-Au - München-Haidhausen -München-Giesing * Der Auer „Pfarrer“ Simon Knoll schreibt: „Die Entstehung der sogenannten Herbergenhäuser setzt eine besitzlose Bevölkerungsklasse voraus, welcher die Mittel zu der bisher üblichen Niederlassung auf eigenem Grund und Boden fehlte, und sich daher auf anderweite ebenso rasche wie billige Weise die nöthigen Wohnräume zu verschaffen suchte. [...]

Fülglich läßt die Herstellung solcher Häuser den Zufluß einer Bevölkerung erkennen, welche in der Wahl der Niederlassung beschränkt, sich deshalb nur auf abgelegenen, vordem unbenutzte und selbst ungesunde Plätze zusammengedrängt sieht.

So entstanden die Herbergen aus dem Bedürfnis heraus, in Orten, in denen die Zahl der Hausstellen aus räumlicher Beengung nicht vermehrt werden konnte, den Bewohnern gleichwohl die rechtlichen und sozialen Vorteile der Eigentümerstellung zu gewähren.

In jenen Gegenden, in denen genügend Bauland zur Verfügung stand, waren Herbergen nicht üblich.“

1884

München-Haidhausen * Eduard Theodor Grützners Ehefrau Barbara stirbt im Alter von 30 Jahren.

1884

Leipzig - München-Haidhausen * Ein Artikel der in Leipzig erscheinenden „Illustrierten Zeitung“ beschreibt die Villa des Kunstmalers Eduard Theodor Grützner: „Da haben nun die vereinigten Antiquitäten mehr oder weniger sich selbst die Räume geschaffen.

Das Haus ward lediglich nach denselben gebaut; nach dem dadurch bedingten Inneren gestaltete sich naturgemäß mit Hilfe der geschmackvollen Anordnung beider Künstler [gemeint waren Grützner und Romeis] auch das Äußere dieses anmuthigen Gebäudes, mit all seinen Winkeln und Vorsprüngen, mit seinen Erkern, Altanen und Thürmchen, die demselben solch ein charaktervolles, deutsch anheimelndes Aussehen verliehen“.

16. Mai 1884

Falkenstein * König Ludwig II. kauft die Burgruine Falkenstein bei Pfronten, unweit von Schloss Neuschwanstein. 

27. Mai 1884

Schloss Neuschwanstein * König Ludwig II. bewohnt bis 8. Juni das ausgebaute dritte Obergeschoss in Schloss Neuschwanstein. 

30. Mai 1884

München * König Ludwig II. will eine Anleihe aus dem Vermögen von Prinz Otto entnehmen. Er scheitert aber am Hofsekretär Philipp Pfister, der den Bayernkönig auf das Bayerische Landrecht hinweist, das dem Vormund, also Ludwig, untersagt, bei seinem Mündel ein Darlehen aufzunehmen.

1. Juni 1884

München * König Ludwig II. hat durch seine ungezügelten Baumaßnahmen bis zum Frühjahr 1884 Schulden in Höhe von 7,5 Millionen Mark angehäuft. Und das, obwohl er neben seiner üblichen Apanage seit dem Jahr 1873 fünf Millionen Mark aus dem von Otto von Bismarck verwalteten Welfenfond erhalten hat.

Nun übernimmt ein Bankenkonsortium, bestehend aus der Bayerischen Bank, der Bayerischen Hypotheken- und Wechselbank und der Süddeutschen Bodenkreditbank ein Darlehen in Höhe von acht Millionen Mark. Zudem legt Reichskanzler Otto von Bismarck aus seinem „Reptilienfond“ noch einmal eine Million oben drauf. 

Die Befürchtung, wonach die Gelder statt zur Schuldentilgung zum Weiterbau der Schlösser Verwendung finden würden, sollen sich bewahrheiten. 

16. Oktober 1884

München * Julius Hofmann löst Georg von Dollmann als Oberhofbaudirektor ab. 

24. Dezember 1884

München * König Ludwig II. ordnet den Bau des Hubertuspavillons nach dem Vorbild der Amalienburg im Nymphenburger Schlosspark an. Er wird in der Nähe von Schloss Linderhof erbaut, aber nicht fertiggestellt. 


1885

12. Mai 1885

München-Graggenau * Die letzte Separatvorstellung im Hof- und Nationaltheater für König Ludwig II..
Es ist die 209..  

König Ludwig II. hält sich letztmals in München auf. 

Juli 1885

München * Eduard Theodor Grützner wird zum „Ehrenmitglied der Akademie der bildenden Künste“ ernannt.

29. August 1885

München * Finanzminister Emil von Riedel muss feststellen, dass König Ludwig II. inzwischen weitere sechs Millionen Mark Schulden aufgehäuft hat. Damit ist der Schuldenstand des Königs auf die wenig märchenhafte Summe von fast 14 Millionen Mark angewachsen.

Johann von Lutz, der Vorsitzende des bayerischen Ministerrats stellt daraufhin - devot zwar im Ton, aber unmissverständlich in der Aussage - die Forderung nach Sanierung des königlichen Haushaltes. Er meint damit konkret die Unterbrechung des Schlösserbaus. Da aber König Ludwig II. keinerlei Verständnis für die Vorschläge zeigt, muss - auch in Hinblick auf den Ansehensverlust der Monarchie - etwas geschehen. 

Man hat zwar in Bayern das Gesetz gegen die gemeingefährlichen Bestrebungen der Sozialdemokratie eingeführt und zusätzlich verschärft, aber dennoch das unaufhaltsame Anwachsen der Arbeiterbewegung nicht verhindern können.


1886

1886

München-Maxvorstadt * Leonhard Romeis wird zum „Architekturprofessor“ an die „Kunstgewerbeschule“ berufen.

März 1886

Pfronten * Die Planungen für „Burg Falkenstein“ bei Pfronten sind weitgehend abgeschlossen.

23. März 1886<p><strong><em>München</em></strong> * Da König Ludwig II. kein Verständnis für die Forderungen nach Sanierung des königlichen Haushalts&nbsp;aufbringt und er sich auch sonst als beratungsresistent&nbsp;zeigt, beauftragt der Bayerische Ministerpräsident&nbsp;Freiherr Johann von Lutz den Psychiater&nbsp;und Leiter der Kreisirrenanstalt von München und Oberbayern, Dr. Bernhard von Gudden, mit der Erstellung eines wissenschaftlichen Gutachtens, das die Geisteskrankheit und Handlungsunfähigkeit&nbsp;des Königs beweisen soll.</p> <p>Vor der Erteilung des Auftrags muss der Ministerpräsident&nbsp;aber erst die Einwilligung des Hauses Wittelsbach&nbsp;einholen.&nbsp;Und nachdem Ludwigs Bruder Otto wegen seiner Geisteskrankheit&nbsp;als Verhandlungspartner ausscheidet, wendet sich der&nbsp;Regierungschef&nbsp;an dessen Onkel, den Prinzen Luitpold.&nbsp;Dieser gibt nach langem Zögern seine Zustimmung, hätte es aber lieber gesehen, wenn sein Neffe von sich aus abdanken&nbsp;würde.</p> <p>Mit Reichskanzler&nbsp;Otto von Bismarck wird über das weitere Vorgehen gegen König Ludwig II. Einvernehmen hergestellt, um jede mögliche Intervention und Missbilligung Preußens&nbsp;und des Deutschen Reiches&nbsp;auszuschließen.</p>
8. Juni 1886

München * Professor Dr. Bernhard von Gudden und drei weitere Ärzte attestieren König Ludwig II. - rund zehn Wochen nach Auftragserteilung - eine sehr weit fortgeschrittene und unheilbare Paranoia. Sie stützen sich dabei im Wesentlichen auf Aussagen der Hofbediensteten und ohne mit dem Patienten auch nur ein einziges Wort gesprochen zu haben. 

Mit dem psychiatrischen Gutachten sind aber die verfassungsrechtlichen Voraussetzungen für die Beendigung der Regentschaft von König Ludwig II. gegeben.

Ludwigs Onkel, Prinz Luitpold, erklärt sich nach längerem Zögern und Zaudern zur definitiven Übernahme der Regentschaft - nach der Entmündigung des Königs - bereit und verständigt noch am selben Tag die größeren deutschen Souveräne und Kaiser Franz Joseph von Österreich.

9. Juni 1886

München * Prinz Luitpold lädt zur Ministerkonferenz ein, auf der

  • die Regierungsunfähigkeit des Königs festgestellt,
  • seine Entmündigung vollzogen und
  • dem Einladenden die Regentschaft - vorbehaltlich der Unterrichtung des Landtags - übertragen wird. 

Zur Wahrung der privatrechtlichen Interessen des Märchenkönigs Ludwig II. setzt man die Grafen Clemens Maria von Toerring-Jettenbach und Max von Holnstein als Vormund ein.

10. Juni 1886

München * Die Regentschaftsproklamation des Prinzen Luitpolds wird vom Gesamtministerium gegengezeichnet. Der 65-jährige Luitpold von Bayern wird damit zum Verweser des Königreichs Bayern, oder kurz gesagt zum Prinzregenten.

In der Zwischenzeit hat sich eine elfköpfige „Fang-Kommission“ - unter Beteiligung des Ministers Krafft Freiherr von Crailsheim, der Vormünder, Dr. Bernhard von Gudden und anderen - auf den Weg nach Schloss Neuschwanstein gemacht. Sie sollen den König von seiner Regierungsunfähigkeit und der Übernahme der Regentschaft durch Prinz Luitpold unterrichten und ihn in irrenärztliche Pflege übernehmen. Der rechtzeitig informierte König Ludwig II. lässt die Kommission von Gendarmen aus Füssen festnehmen. 

Erst am Nachmittag, nachdem sich die Regentschaftsproklamation Luitpolds auch in Füssen herumgesprochen hat, werden die Gefangenen wieder freigelassen.

11. Juni 1886

Schloss Neuschwanstein - Schloss Berg * Eine kleinere, effektivere Fang-Kommission nimmt einen neuen Anlauf. Diesmal mit mehr Erfolg. Dem König wird die Entmündigung eröffnet. Er lässt sich festnehmen und nach Schloss Berg am Starnberger See überführen. Dort kommt es in der Folge zum sogenannten Königsdrama.

Ursprünglich sollte der Ex-König Ludwig II. nach Schloss Fürstenried gebracht werden. Man kommt von dem Gedanken aber wieder ab, da man die Brüder nicht im selben Haus untergebracht haben will. Statt dessen werden Pfleger vom Prinzen Otto abgezogen.

14. Juni 1886

München - Schloss Fürstenried * Nachfolger auf dem Thron des Märchenkönigs und damit Bayerns fünfter König wird dessen 38-jähriger, schwer geisteskranke, seit dem 16. März 1878 entmüdigte und seit März 1880 in Schloss Fürstenried weggesperrte Bruder Otto I.. Er wird offiziell zum König proklamiert, wobei man die feierliche Ausrufung durch einen Herold allerdings unterlässt. Pro forma werden aber die Truppen auf den neuen König Otto I. vereidigt.

Obwohl er den Königstitel seit dem Tag seiner Proklamation bis zu seinem Lebensende - am 11. Oktober 1916 - trägt, wird er in den bayerischen Geschichtsbetrachtungen kaum erwähnt. Otto ist dreißig Jahre lang bayerischer König; so lange wie kein anderer Wittelsbacher. Der um drei Jahre jüngere Bruder des Märchenkönigs ist allerdings wegen „schwerer und unheilbarer geistiger Umnachtung“ nicht in der Lage, die Regierungsgeschäfte wahrzunehmen.

Ein von drei unabhängigen Ärzten verfasstes und in Einstimmigkeit unterzeichnetes Gutachten „über den Geisteszustand seiner Majestät Otto I. von Bayern“ kommt zu dem abschließenden Ergebnis, dass „Seine Majestät Otto I. König von Bayern in Folge langjähriger und unheilbarer Geistesstörung als verhindert an der Ausübung der Regierung zu betrachten sei, und daß diese Verhinderung mit Bestimmtheit für die ganze Lebenszeit andauern werde“.

Auch der „Besondere Ausschuß der Kammer der Reichsräte“ befasst sich mit dem Gesundheitszustand des fünften Bayernkönigs. Deshalb tritt Prinz Luitpold auch die Regentschaft für König Otto I. an und damit in die in der Bayerischen Verfassung aus dem Jahr 1818 vorgesehene Regelung der Reichs-Verwesung ein. 

Diese ist vorgesehen, „während der Minderjährigkeit des Monarchen“ oder „wenn derselbe an der Ausübung der Regierung auf längere Zeit verhindert ist, und für die Verwaltung des Reichs nicht selbst Vorsorge getroffen hat, oder treffen kann“.

Der Regent unterzeichnet als „des Königreichs Baiern Verweser“ oder - populär ausgedrückt - als Prinzregent. Die Bayerische Verfassung schließt also die Thronfolge trotz der gegebenen Regierungsunfähigkeit nicht aus.

17. Juni 1886

München * In einem geheimen Protokoll wird über den Gesundheitszustand des fünften bayerischen Königs das Nachfolgende ausgeführt: „Der Zustand seiner Majestät des Königs Otto sei ein solcher, daß auch der Laie die Regierungsunfähigkeit zu bestätigen vermöge.

Das Leiden hat seinen Anfang genommen [...] wie bei Seiner Majestät König Ludwig. Zuerst seien Seine Majestät König Otto zur Führung einer längeren Conversation befähigt gewesen, jetzt könnten sich Seine Majestät gar nicht mehr artikuliert ausdrücken, wenn auch ein gewißes Verständnis und Erkennungsvermögen bestehe.
Wenn Ihre Majestät die Königinmutter oder ein Curator das Schloß Fürstenried besuche, so erkennen Seine Majestät dieselben, lachen und springen davon, weil Seine Majestät außer Stande sind, zusammenhängend zu sprechen.“
  

Und an einer anderen Stelle der gleichen Protokollnotiz steht geschrieben: „Hienach finden sich bei Seiner Majestät König Otto bald Exaltations-, bald Depressions-Zustände mit Aufregungen, lebhaften Sinnestäuschungen, zuckende Bewegungen, Wahnideen sowie Geistesschwäche vor, und ist dieser Zustand als ein unheilbarer zu erachten.“

19. Juni 1886

München-Kreuzviertel * Der Leichnam König Ludwigs II. wird in der Krypta der Michaelskirche beigesetzt.

14. Juli 1886

München * Franz Stuck wird als „untauglich zum Dienst im Heer und Marine“ ausgemustert. 

1. August 1886

Herrenchiemsee - Linderhof - Neuschwanstein * Schloss Herrenchiemsee, Schloss Linderhof und Schloss Neuschwanstein werden zur öffentlichen Besichtigung freigegeben.

16. August 1886

Altötting * Die Urne mit dem Herzen des verstorbenen Königs Ludwig II. wird nach Altötting überführt. 

Oktober 1886

München-Kreuzviertel * Der Leichnam König Ludwigs II. wird in einen neoklassizistischen Sarkophag umgebettet.

Um den Oktober 1886

München-Graggenau * Nach dem Tod König Ludwigs II. wird der „Königliche Wintergarten auf dem Festsaalbau der Münchner Residenz“ aufgelassen.  

  • Die Pflanzen werden nach „Schloss Nymphenburg“ gebracht,  
  • das kupferne Seebecken wird verkauft. 
13. Oktober 1886

München * Die Münchner Neuesten Nachrichten informiert die Bevölkerung ausführlich über die Lebensumstände und den Gesundheitszustand des neuen Bayernkönigs Otto I.. Die Öffentlichkeit erfährt erst jetzt, dass Prinz Otto an Verrücktheit oder Paranoia leidet.

„Der kranke König wird durch anhaltende Sinnestäuschungen (Halluzinationen) und Wahnvorstellungen so sehr vom realen Leben abgezogen, daß der Nichtunterrichtete [...] jeden geistigen Zusammenhang des Monarchen mit der Außenwelt für aufgehoben hält. Nur gelegentlich zeigen sich vorhandene Reste normaler Geisteskräfte. [...] Die Prognose geht mit Bestimmtheit dahin, daß an Heilung nicht gedacht werden kann. Auf die Lebensdauer hat das Leiden keinen Einfluß.“

16. Oktober 1886

München * Der Architekt Leonhard Romeis heiratet die Bamberger Kaufmannstochter Anna Ramis. Sie werden fünf Kinder zusammen haben.

November 1886

Schloss Herrenchiemsee * Die Arbeiten an „Schloss Herrenchiemsee“ werden eingestellt.


1887

1887

München-Haidhausen - München-Au - München-Giesing * Die protestantischen Bewohner der Vorstädte Haidhausen, Au und Giesing fordern neben der Errichtung einer „Notkirche“ die Einrichtung von „evangelischen Klassen“.

Es war nämlich zu dieser Zeit den evangelischen Kindern nicht erlaubt, in Haidhausen die Schule zu besuchen; sie mussten in die protestantische Schule an der Herrnstraße im Tal ausweichen.

Nur Erst- und Zweitklässlern gestattete man - wegen der Länge des Schulwegs - den Besuch der Haidhauser Schule an der Kirchenstraße.
Doch die meisten protestantischen Eltern machten aus Angst vor „dem katholischen Geist dieser Klassen“ keinen Gebrauch davon.

1887

München * Dr. Bruno Schoenlank, Vordenker in der „SPD“, kommentiert die Berichte der „Fabrikinspektoren“ in seinem Buch „Zur Lage der arbeitenden Klasse in Bayern“, das während der Zeit der „Sozialistengesetze“ verboten ist, wie folgt:

„[...] Das harte Werk, der lange Arbeitstag, der in den oberbayerischen Ziegeleien, diesen Musteranstalten rücksichtslosester Ausbeutung der Arbeitskraft herrscht, ist vom Fabrikinspektor oft genug denunziert worden.

Aber was nützt es? Die Herren Ziegeleibrenner lassen sich, um den einheimischen Arbeitern die Lebenshaltung noch tiefer als sie bereits steht, herabzudrücken, beständig neue Waggonladungen italienischer Kulis von ihren Lieferanten aus dem Lande kommen, wo die Citronen und die Schmutzconkurrenz blüh‘n.

So nimmt es Keinen, der die Verhältnisse selbst zu beobachten Gelegenheit gehabt, Wunder, wenn es über die Handhabung der gesetzlichen Bestimmungen betreffs der Kinderarbeit von den Ziegeleien heißt:
‚In einer namhaften Zahl derartiger Anlagen, die ich im Berichtsjahr theils zum erstenmale, theils nach mehrjähriger Zwischenpause besucht habe, fanden sich nicht einmal die Arbeitsbücher und man war anscheinend entweder noch in völliger Unkenntniß der die jugendlichen Arbeiter betreffenden Vorschriften, oder man hat sie mangels genügender Controle einfach außer Acht gelassen. Das behufs dieser Mißstände weiter Erforderliche ist eingeleitet‘.

Mangel an Controle, weil Mangel an Aufsichtspersonal, und darum eine Gesetzesverletzung nach der anderen, begangen durch die sittenstrengen Stützen der bürgerlichen Gesellschaft, die Moral, Ehrbarkeit, Gesetzlichkeit und Schutz nationaler Arbeit in Erbpacht haben, ferner Unkenntnis der Gesetze, d.h. derjenigen, die den Profit der Kapitalisten ein wenig zu beschneiden bestimmt sind.

O diese unschuldvollen, ahnungslosen Engel von Kapitalisten!“


1888

1888

München-Maxvorstadt * Der Grundstein für die Sankt-Benno-Kirche wird gelegt.

1888

Straßburg * Leonhard Romeis lehnt eine Berufung als Direktor der Kunstgewerbeschule in Straßburg ab.

27. Juni 1888

München - München-Haidhausen * Die „protestantischen Einwohner der Vorstädte rechts der Isar“ erheben bei der Lokalschulkommission die Forderung nach Errichtung je einer ersten und zweiten Klasse in Haidhausen. 

Die Schulbehörde ist jedoch - aufgrund der in Haidhausen herrschenden Schulraumnot - nicht in der Lage, dem Antrag zu entsprechen, stellt aber die Errichtung der gewünschten Klassen nach der Fertigstellung des Erweiterungsbaues der Wörthschule für das Jahr 1891/92 in Aussicht. 

15. Juli 1888

München - München-Haidhausen * Die Zeitschrift Die Kunst für Alle meldet:

„Professor Ed. Grützner hat sich mit der Tochter des Münchner Stadtkommandanten, Fräulein Anna Wirthmann, verlobt.
Die Red. d. Bl. wünscht dem trefflichen Künstler hierzu ebensoviel Glück und Freude, als er mit seinen Bildern anderen bisher geschaffen“
.

Doch seine um siebzehn Jahre jüngere Frau wird den Künstler und ihren gemeinsamen Sohn, Karl Eduard, später wegen eines Wiener Sängers verlassen.


1889

1889

München-Haidhausen * Die Stadt München kauft das ehemalige „Langer-Schlössl“ und lässt es abreißen, um dafür ein Verwaltungsgebäude, Stallungen, Wagenhallen sowie Werkstätten für „Trambahnzwecke“ zu erstellen.

In letzter Minute erkennt der „Chemiker“ Adolf Keim den Wert und die Unersetzbarkeit der Wandgemälde.

Da aber die Stadt kein Geld zur Abnahme und Übertragung der Gemälde an einen geeigneteren Ort hat, finanziert Adolf Keim die Verlagerung der Fresken aus seiner eigenen Tasche.
Selbst die Zusage der Landeshauptstadt München, die Finanzierung von fotografischen Aufnahmen der Fresken für Dokumentationszwecke zu übernehmen, lassen die Verantwortlichen auch wieder fallen.

So werden die Wandgemälde - privat finanziert - in die „Städtische Handelsschule an der Herrenstraße“ übertragen, wo sie im Zweiten Weltkrieg endgültig zerstört werden.

1889

München-Englischer Garten - München-Graggenau - München-Haidhausen - Bogenhausen * Das Rad fahren im „Englischen Garten“, in den „Maximiliansanlagen“ und im „Hofgarten“ ist untersagt.

Auch viele Straßen der Innenstadt sind für „Velocipedisten“ tagsüber nur zu Fuß zu benutzen, das Rad muss geschoben werden.


1890

25. August 1890

München * Leonhard Romeis erhält den Verdienstorden vom heiligen Michael IV. Klasse. Anlass ist die Walhalla-Feier. Romeis hat den Sockel für eine von Ferdinand von Miller jun. gegossene Büste König Ludwigs I. entworfen


1891

1891

München-Haidhausen * Insgesamt 80 Italiener werden in einer „Sammelklasse“ in der Haidhauser „Wörthschule“ unterrichtet.

„Einer allgemeinen Fortbildungsschule konnte man sie nicht zuführen, da sie der deutschen Sprache nicht mächtig waren. Für sie bildete man eine eigene Klasse an der Wörthschule und erteilte ihnen abends und an Sonntagen acht Stunden wöchentlich Unterricht“.

In München gab es - im Gegensatz zu den meisten anderen Großstädten im Reich - diese äußerst fortschrittliche Einrichtung, in der italienisch-kundige bayerische Lehrer zwei- bis dreimal in der Woche in den Fächern „Geographie“, „Kalligraphie“, „Rechnen“, „Deutsch“ und „Religion“ unterrichteten.

Durch das Erlernen der deutschen Sprache sollte eine Integration hierzulande erleichtert werden, durch das Fach Geographie, in dem ausschließlich „italienische Landeskunde“ gelehrt wurde, die Bindung zur Heimat gewahrt bleiben.
Da ein Mann in Italien erst dann als vollberechtigter Staatsbürger galt, wenn er vor einem Notar seinen Namen schreiben konnte, war der Schreibunterricht für eine Wiedereingliederung in der Heimat von besonders großer Wichtigkeit.

Da die Schule von den weit außerhalb gelegenen „Ziegeleien“ jedoch oft nur in mehrstündigen Fußmärschen zu erreichen war, und auch die „Akkordanten“ nicht einmal für die Zeit der Schulstunden auf ihre billigsten Arbeitskräfte verzichten wollten, konnte nur eine begrenzte Anzahl der italienischen Kinder die „Schule an der Wörthstraße“ besuchen.

März 1891

München * Franz Stuck ist Gründungsmitglied des „Vereins für Original-Radierung“ in München. 

12. März 1891<p><strong><em>München-Lehel - München-Haidhausen - Bogenhausen</em></strong> * Prinzregent Luitpold weiht die neue Luitpoldbrücke&nbsp;über die Isar ein.</p>
2. April 1891<p><strong><em>München</em></strong> * Franz Stuck stellt im Münchner Kunstverein&nbsp;200 Zeichnungen aus.&nbsp;</p>
1. November 1891

Bogenhausen - München-Haidhausen * Die Prinzregent-Luitpold-Terrasse am Standort des späteren Friedensengels wird der Öffentlichkeit übergeben. 

1. November 1891

München-Haidhausen * Die evangelischen ABC-Schützen aus Haidhausen können je eine erste und zweite Klasse im Alten Schloßschulhaus bilden. 


1892

März 1892

München * Im März 1892 hält „Generalintendant“ Carl von Perfall einen Vortrag zum Thema „Festspielhaus“ vor den Bürgermeistern der Landeshauptstadt München.

In dieser Rede sagt er unter anderem: „Welch eine große That für die Kunst wäre es, welch eine ruhmreiche Zierde für die Kunststadt München, welch eine neu sich erschließende enorme Geldquelle für die Stadt, wenn die Prinz-Regenten-Straße ihren Abschluß durch Erbauung eines Kunsttempels fände!

Es müßte ein Festspielhaus für das Volk werden, das die verschiedenen Kunstrichtungen von Bayreuth, Salzburg und Worms in sich vereinigte, dessen Pforten im Gegensatz zu Bayreuth jedem aus dem Volke um ein im Verhältnis geringes Entgelt sich eröffneten“.


1893

1893

München-Angerviertel - Viktualienmarkt * Eine Münchner Zeitung beschreibt unter dem Titel „Kuranstalt“ den „Ziegenmilchmarkt am Freibankeck“ mit nachstehenden Zeilen:

„Knapp an der nördlichen Schrannenhalle stellen sich frühmorgens einige Frauen mit etwa zwei Dutzend Ziegen ein und verzapfen brühwarme Ziegenmilch an die leidende Menschheit“.

1893

München * Franz Stuck wird zum Professor ernannt. 

22. Juni 1893

München-Haidhausen * Der protestantische Kirchenbauverein wendet sich an die Lokalschulkommission, um eine dritte und vierte evangelische Klasse in Haidhausen zu errichten. 

Um August 1893

München - Bayreuth * Carl von Perfalls Nachfolger, der im Jahr 1893 zum „Generaldirektor“ ernannte Ernst von Possart, organisiert sofort nach seinem Amtsantritt fünfundzwanzig „Musteraufführungen“ der Werke Richard Wagners.

Er will damit Bayreuth ganz bewusst eine künstlerische Konkurrenz erwachsen lassen.

Das ruft umgehend Cosima Wagner, die Witwe des Komponisten und selbst ernannte „Gralshüterin von Bayreuth“, auf den Plan. Frau Wagner sieht in dem Münchner Theater natürlich nicht nur das Erbe Bayreuths gefährdet, sondern auch ihren eigenen Plan, mithilfe „deutscher Bundesfürsten“ ein zweites, größeres „Richard-Wagner-Festspielhaus“ zu erbauen, bedroht.

Sie macht Ärger und bezeichnet die „Münchner Festspiele“ als „eine Affenfratze unseres ernsten mühseligen Strebens. Alles Lüge und Hohlheit [...] Es ist ein Treiben an Stelle des Strebens. Der Schacher an Stelle des Dienstes“.


1894

1894

München-Haidhausen * Eduard Theodor Grützner schreibt: „Daß ich immer und immer wieder Pfaffen male, daran trage ich die Schuld nur zum kleineren Theile.

Bei jeder Ausstellung fast heißt es: 'Aber Pfaffen müssen's sein oder doch wenigstens einige davon darunter sein!' Male ich etwas anderes, sagen die Leute: 'Es ist kein echter Grützner'. Was ist da zu thun?!“

Tatsächlich kommen in mehr als Dreiviertel seiner Werke Klosterbrüder vor.

Daneben gibt es aber auch Jägerszenen, solche mit dem schier unverwüstlichen Sir John Falstaff sowie Bilder aus dem Theaterleben.


1895

1895

München-Maxvorstadt * Anlässlich der Vollendung der „Sankt-Benno-Kirche“ erhält Leonhard Romeis den „Verdienstorden vom heiligen Michael III. Klasse“.

1895

München * Ernst von Possart wird zum „Generalintendanten der kgl. Hofbühnen“ befördert.

Er setzt schließlich den Bau eines „Münchner Festspielhauses“ durch.

1895

München-Lehel - München-Bogenhausen * Die beiden von der „Luitpoldbrücke“ auf die „Prinzregent-Luitpold-Terrasse“ führenden Straßenschleifen sind fertiggestellt und werden dem Verkehr übergeben. 

21. Juli 1895

München-Maxvorstadt * Franz Stuck wird an der Königlichen Akademie der bildenden Künste Nachfolger von Wilhelm von Lindenschmitt. 


1896

1896

München-Haidhausen * Nach wiederholten Gesuchen an die „Lokalschulkommission“ werden in Haidhausen eine dritte und vierte evangelische Klasse eingerichtet. 

9. April 1896<p><strong>München</strong> * Franz Stucks Tochter Mary wird <em>„unehelich“</em> geboren.&nbsp;Ihre Mutter ist die Bäckerstochter Anna Maria Brandmaier.&nbsp;</p>
9. Mai 1896

München-Bogenhausen * Am 9. und 10. Mai, exakt 25 Jahre nach dem - für Bayern und das Reich siegreichen - Krieg gegen Frankreich, findet die Grundsteinlegung für das Friedensdenkmal auf der Prinzregent-Luitpold-Terrasse statt. 

19. Dezember 1896

München * Im Simplicissimus wird das Gedicht „Mörtelweibs Tochter“ veröffentlicht. 


1897

1897

München-Graggenau * Die Halle aus Glas und Eisen, die den „Königlichen Wintergarten auf dem Festsaalbau der Münchner Residenz“ bedeckt hatte, wird abgebaut und auf dem Gelände der „Maschinenfabrik Augsburg-Nürnberg - MAN“ in Nürnberg wieder aufgerichtet.  

Sie wird im Bombenhagel des Zweiten Weltkriegs zerstört. 

1897

München-Haidhausen * Der 34-jährige „Akademieprofessor“ Franz Stuck erwirbt das Grundstück an der „Äußeren Prinzregentenstraße“ und beginnt umgehend mit den Planungsarbeiten für seine „Künstler-Residenz“.

Um den 8. März 1897

München * Franz Stuck erhält das Münchner Bürger- und Heimatrecht übertragen.

15. März 1897

München * Franz Stuck heiratet Mary Lindpaintner, geborene Hoose, die Witwe des Münchner Arztes Julius Lindpaintner. 

Um den Juni 1897

München-Haidhausen * Auf Betreiben seiner Frau erwirbt Franz Stuck ein Grundstück an der „Äußeren Prinzregentenstraße“ und beginnt umgehend mit den Planungsarbeiten für seine Villa. 

27. Juli 1897

München-Haidhausen * Franz Stuck reicht die Pläne für sein Künstler-Palais bei der Lokalbaukommission in München zur Genehmigung ein. Die Überprüfung der Planungen führen zur umgehenden Ablehnung und der Aufforderung zur Überarbeitung.

24. August 1897

München-Haidhausen * Franz Stuck legt der Lokalbaukommission die überarbeiteten Pläne für seine Künstler-Villa vor. Jetzt erhält er - nach Zustimmung der Königlichen Regierung von Oberbayern - die Genehmigung zum Bauen. 

9. Oktober 1897

München-Haidhausen * Die Erdaushubarbeiten für die Villa Stuck an der Prinzregentenstraße beginnen. 


1898

1898

München-Au * Dr. Joseph Freudenberger schreibt über die hohe sozialpolitische Bedeutung der Herbergen: Es ist „nicht zu verkennen, daß sie gegen die sozialistischen Irrlehren vielfach feit, die ja bekanntlich darauf hinausgehen, Unzufriedenheit und Haß zu säen, und den diesen Gefühlen Verfallenen zum Kampfe gegen die Besitzenden aufzustacheln, wogegen jeder, der einen, wenn auch noch so kleinen Besitz hat, veranlaßt und verpflichtet ist, für Erhaltung der bestehenden Verhältnisse einzutreten.

Nimmt man ihm aber diesen Besitz, fertigt man ihn und seine Ansprüche mit einer schnöden Summe Geldes ab, so wirft man ihn der Umsturzpartei [gemeint waren damit die Sozialdemokraten] förmlich in die Hände.“

Mai 1898

München-Haidhausen * Die vier Bekrönungsfiguren auf der Villa Stuck werden aufgestellt. 


1899

1899

München-Isarvorstadt * Der „Verein zur Erbauung eines Monuments für Weiland Seine Majestät König Ludwig II. e.V.“ wird gegründet. Er wird die Summe von 185.000 Mark sammeln und den Auftrag für ein 3,40 Meter hohes und von Ferdinand von Miller entworfenes und gegossenes Denkmal auf der Corneliusbrücke erteilten.

1899

München-Haidhausen * Eduard Theodor Grützner lässt sich von seiner Frau Anna scheiden. Der Name seiner zweiten Ehefrau darf in seinem Haus nie mehr genannt werden.

1899

München * Die Tonindustrie-Zeitung stellt fest: „In den Alpenländern hat der Arbeiterstand eine fast unausrottbare Abneigung gegen Lehmarbeit, sodass es wirklich schwer fällt, einheimische Kräfte heranzuziehen.“

16. Juli 1899

München-Bogenhausen * Das Friedensdenkmals wird feierlich eingeweiht. Das ist „der Tag, an dem vor 28 Jahren die bayerischen Truppen ihren Siegeszug in München gehalten“ haben.

13. September 1899

München-Bogenhausen - München-Haidhausen * Die Münchener Neuesten Nachrichten berichten von einem geplanten Theaterprojekt am Prinzregentenplatz.

13. September 1899

München-Bogenhausen * Die Isar schwillt auf 1.290 Kubikmeter in der Sekunde an. Bei diesem sogenannten Jahrhunderthochwasser wird die Luitpoldbrücke in Bogenhausen von den Fluten des Gebirgsflusses weggerissen.

3. Oktober 1899

München-Bogenhausen - München-Haidhausen * Die Münchener Neuesten Nachrichten berichten „mit aufrechter Freude“, dass der Prinzregent „das von einem Konsortium an der äußeren-Prinz-Regentenstraße zu erbauende Theater Prinz-Regententheater“ nennen wird. Außerdem teilt die Zeitung mit, „daß das neue Theater nach Bayreuther Vorbild mit amphitheatrischem Zuschauerraum und verdecktem Orchester gebaut“ werde.

Der Artikel betont ausdrücklich, dass das Theater „außer dem großen klassischen Drama auch das Wagner'sche Musikdrama“ pflegen will und „eine für Bayreuth nachtheilige Konkurrenz nach dem Programme der Intendanz ausgeschlossen“ sei.

15. Dezember 1899

München * Auf Betreiben Ernst von Possarts wird - noch bevor es einen offiziellen Bauherrn gibt - ein Vertrag geschlossen, der festgelegt, dass der geplante Theaterneubau für zehn Jahre und gegen einen geringen Zins an die Königliche Civilliste verpachtet und von der Königlichen Hofbühne bespielt werden wird. 

Damit ist der Gewinn gesichert, weshalb die drei Immobiliengesellschaften des Konsortiums am darauffolgenden Tag die Gesellschaft Prinzregenten-Theater [GmbH] als Auftraggeber des Theaterneubaus gründen. 

17. Dezember 1899

München * Die „Gesellschaft Prinzregenten-Theater [GmbH]“ als Auftraggeber des Theaterneubaus wird gegründet. Da trifft es sich gut, dass der Architekt Max Littmann noch vor der endgültigen Entscheidung über den neuen Theaterbau, fünf Projektskizzen für

  • ein Wagnertheater nach Bayreuther Vorbild und 
  • Volkstheater ohne soziale Rangunterschiede,
  • ausgestattet mit den modernsten bühnentechnischen Mitteln erstellt hat.

1900

Um 1900

München * Der durchschnittliche Stundenlohn für eine Speisträgerin, ein sogenanntes Mörtelweib, liegt bei 22 Pfennige. Ein männlicher Mörtelträger erhält für die gleiche Arbeit 50 Pfennige in der Stunde. Die Mörtelweiber arbeiten im Akkord und bilden zu je Zweien eine Partie, die in einer Trage den Mörtel, auch Speis genannt, zu den Maurern hinaufbringen.

Besonders in den Bauboom-Jahren vor der Jahrhundertwende sind die Mörtelweiber in ihren dicken, unförmigen und langen Röcken, ihren kalkzerfressenen Blusen und den straff gebundenen Kopftüchern, aus dem Münchner Stadtbild nicht wegzudenken. Den robusten und anspruchslosen Frauen und Mädchen, die für Hungerlöhne Fronarbeit leisten, ist der Aufbau Münchens in der Gründerzeit zu verdanken. Der Arbeitstag dieser Frauen beginnt um sechs Uhr früh; dabei befindet sich die Baustelle oft in der entgegengesetzten Richtung, irgendwo in Schwabing oder in Nymphenburg, was erstmals einen - zum Teil - mehrstündigen Fußmarsch - schon vor Arbeitsbeginn - bedeutet.

Zur Brotzeit „gönnt“ man sich eine Halbe Bier, ein paar „Maurerloabe und einige Radi“. Mittags gibts einen Krug Bier, mehrere Scheiben Brot und „ein Fünftel warmen Leberkäs’ minderer Sorte“. Das „Nachtessen“ besteht aus Bergen von gerösteten Kartoffeln mit Zwiebeln.

1900

Paris - München-Haidhausen * Franz Stuck erhält auf der in Paris stattfindenden Weltausstellung eine Goldmedaille für die Möbel im Empfangszimmer der Villa Stuck. 

1. Januar 1900

Berlin - München * Das Bürgerliche Gesetzbuch - BGB tritt inkraft und schließt eine Neubegründung von Herbergen künftig aus.

18. April 1900<p><em><strong>München-Bogenhausen - München-Haidhausen</strong></em> * Der Firma Heilmann und Littmann&nbsp;wird die Bauausführung für das neue Festspielhaus&nbsp;am Prinzregentenplatz übertragen.</p>
27. April 1900

München-Bogenhausen - München-Haidhausen * Die „Firma Heilmann und Littmann“ beginnt mit den Erdaushubarbeiten für das neue „Festspielhaus“ am Prinzregentenplatz.

3. November 1900

München-Bogenhausen - München-Haidhausen * Mit einem gewaltigen Personaleinsatz von fünfhundert Arbeitern kann - trotz aller Widrigkeiten - der Rohbau für das neue Festspielhaus am Prinzregentenplatz mit der Hebefeier abgeschlossen werden.


1901

1901

München-Maxvorstadt * Leonhard Romeis erhält in einer „Qualifikationsliste“ der Lehrer der „Kunstgewerbeschule“ in den Kategorien „Fleiß und Eifer“, „Lehr- und Erziehungsgabe“ und „Gesamtqualifikation“ jeweils das Prädikat „sehr gut“ ausgesprochen.

1901

Oberföhring * Der „Oberföhringer Bürgermeister und Ziegeleibesitzer“ Fritz Meyer antwortet dem „Bezirksamt“ auf detaillierte Beanstandungen folgendermaßen:

„Für unsere italienischen Arbeiter [...], die sich vom frühen Morgen bis zum Eintritt der Dämmerung im Freien aufhalten und bei Eintritt der rauheren Jahreszeit wieder in ihre Heimat reisen, genügen die Dachschlafräume in den Trockenstädeln vollkommen. 

Sie sind leicht ventilierbar und gegen Zugluft abgesperrt und wenn in denselben noch für genügend Abstand der Bettstellen, für mehr Licht, Ordnung und Reinlichkeit gesorgt wird, dann sind sie sogar gesund zu nennen.
Auf alle Fälle sind sie viel gesünder als die Schlafstätten der meisten Arbeiter in München“

Die Auflage nach stabil gebauten „Toiletten“ nannte er „sehr wohl gemeint, praktisch aber wirkungslos“, denn, so der „Ziegeleibesitzer“ weiter, „der Italiener kennt am Haus keinen Sitzabort und geht auch bei uns nur ungern in einen solchen und wenn er nicht in nächster Nähe ist, gar nicht, und die für unsere Landwirtschaft so wertvollen Fäkalien gehen verloren“.

1901

München-Bogenhausen - München-Haidhausen * Die „Actien-Ziegelei München“ beteiligt sich mit 130.000 Goldmark an der für den Bau des „Prinzregententheaters“ zuständigen Gesellschaft.

20. Januar 1901

München-Bogenhausen - München-Haidhausen * Die Stuckarbeiten für das neue Festspielhaus am Prinzregentenplatz beginnen. Sie werden bereits Mitte April vollendet sein.

Um den 6. Juni 1901

München-Haidhausen * In Haidhausen gibt es vier evangelische Knaben- und fünf evangelische Mädchenklassen. Da aber die protestantischen Klassen in der Unterbringung gegenüber den katholischen Klassen wesentlich benachteiligt sind, fordert der evangelische Kirchenbauverein die Erbauung eines evangelischen Schulhauses in Haidhausen. 

20. Juni 1901

München-Haidhausen * Die Lokalschulkommission entspricht dem Antrag des evangelischen Kirchenbauvereins auf Errichtung einer evangelischen Schule in Haidhausen. 

3. Juli 1901

Bayreuth - Bogenhausen - Haidhausen * Cosima Wagner ist der zügig fortschreitende Baufortgang des Prinzregenten-Theaters ungeheuer. Protestierend legt sie „vor Gott und den Menschen“ einen schriftlichen Eid ab, in dem sie betont, dass es „des Meisters endgültiger Wille“ gewesen sei, dass „sein Theater einzig in Bayreuth stehe“.

27. Juli 1901

Bogenhausen - Haidhausen * Der fast 80-jährige Prinzregent Luitpold besucht erstmals das seinen Namen tragende Theater „Von der Galerie über der Haupteinfahrt tönten während der Auffahrt Fanfaren und der Einzug der Götter in Walhall aus Rheingold.“ Generalintendant Ernst von Possart hält eine Ansprache und der Prinzregent dankt ihm mit der Verleihung eines Ordens.

30. Juli 1901

Bogenhausen - Haidhausen * Erstmals kann die Öffentlichkeit das neue Prinzregententheater am Prinzregentenplatz besichtigen.

6. August 1901

München-Bogenhausen - München-Haidhausen * Auf der Bühne des neuen Festspielhauses am Prinzregentenplatz beginnt der Probenbetrieb für die Festspiele.

20. August 1901

München-Bogenhausen - München-Haidhausen * Die gesamte Münchner Prominenz erscheint in feierlicher Garderobe zum Eröffnungs-Festakt des neuen Prinzregententheaters. Die Besucher erhalten „eine mit vielen Illustrationen geschmückte prächtige Festschrift, den Damen spendet die aufmerksame und galante Intendanz reizende Bouquets mit Bandschleifen in den bayerischen Farben“. Danach werden sie mit den Klängen der Aufführung der „Meistersinger von Nürnberg“ verwöhnt.

Der einheitliche Eintrittspreis für den Theaterbesuch beträgt 20 Mark. Das entspricht dem durchschnittlichen Wochenlohn eines Arbeiters.

24. August 1901

München-Bogenhausen - München-Haidhausen * Die Süddeutsche Bauzeitung schreibt über das Prinzregenten-Theater:

„Das Amphitheater des Prinzregenten-Festspielhauses umfaßt 1.028 Plätze gegen 1.345 des gleich großen Bayreuther Hauses. [...] Die Begeisterung für den hohen Kunstgenuß kann nur bis zu einer gewissen Grenze über die Unbilden eines Martersitzes nach dem Bayreuther Muster hinwegtäuschen und die Durchschnittskorpulenz jener Gesellschaftsklassen, welche sich zur Ausgabe von M. 20 für die Karte und M. 30 für ein Zimmer versteigen können, erfordert gewisse Rücksichtnahmen.“


1902

1902

München-Haidhausen * Protestantischen Klassen werden in die „Wörthschule“ verlegt und dafür kleinere katholische Klassen der „Wörthschule“ in den von den evangelischen Kindern verlassenen Schulräumen an der Kirchenstraße übersiedelt. 

1902

Oberföhring * Ein Arbeitsvertrag der „Ziegelei Grimmeisen“ in Oberföhring legt die tägliche Arbeitszeit in den Monaten Mai mit August zwischen „4 Uhr früh und 9 Uhr abends“ fest.


1904

3. Oktober 1904

München-Haidhausen * Die Flurschule wird als 5. Haidhauser Schule eröffnet. Sie ist zugleich die 5. evangelische Schule in München.

17. November 1904

München-Maxvorstadt * Leonhard Romeis stirbt an einem akuten Nierenleiden in seiner Wohnung am Ferdinand-Miller-Platz.

19. November 1904

Moosach * Leonhard Romeis wird auf dem Moosacher Friedhof beigesetzt.


1905

9. Dezember 1905

München * Franz Stuck erhält das Ritterkreuz des Verdienstordens der Bayerischen Krone und damit den persönlichen Adel. 


1906

2. Januar 1906

München * Franz von Stuck wird in die Adelsmatrikel eingetragen. Seither darf er den Namenszusatz „von“ führen. 


1908

1908

München * Mit dem „Änderungsgesetz der Gewerbeordnung“ verschwinden die „Mörtelweiber“ von den Baustellen, da darin die Verwendung von Arbeiterinnen beim Transport von Materialien aller Art untersagt wird.

Bis dahin betrug der „Frauenanteil im Baugewerbe“ knapp 10 Prozent.

Bis 1908

Berg am Laim * Bis zur Änderung des „Kommunalwahlrechts“ ist die Stimmabgabe bei politischen Wahlen weitgehend an Besitz gebunden.

Von den 2.200 Berg am Laimer Gemeindebewohnern dürfen nur 50 männliche Gemeindebürger wählen.

Kein Wunder also, dass nahezu alle Bürgermeister betuchte „Ziegeleibesitzer“ sind und sich auch der „Gemeinderat“ zu etwa einem Drittel aus diesem Berufsstand rekrutiert.

1908

Unterföhring * Die „Actien-Ziegelei München“ betreibt in Unterföhring ein Werk, in dem sie vor allem „Trottoir- und Klinkerwaren, Verblendsteine für Tiefbauten und Handmauersteine“ herstellt.


1909

1909

München-Maxvorstadt * Noch zur „Jahrhundertfeier 1909“ lassen sich die Professoren der „Akademie der Bildenden Künste“ ihre „Festuniform“ nach den Vorgaben von 1808 schneidern.


1910

19. Juni 1910

München-Isarvorstadt * Das 3,40 Meter hohe Standbild für den Märchenkönig Ludwig II. wird auf der Corneliusbrücke eingeweiht. Es zeigt den jungen Monarchen im Krönungsornat vor seinem Thron.


1912

15. Februar 1912

München * Die „SPD-Fraktion des Gemeindebevollmächtigtenkollegiums“ beantragt: 

„Einen beliebigen Block geeigneter Herbergsanwesen von besonderer Eigenart für die Nachwelt zu erhalten“.


1913

1913

München-Haidhausen * Franz von Stuck erhält vom „Kölner Kunstverein“ den Auftrag, seine „Amazone“ in Lebensgröße zu gestalten. 

21. Mai 1913

München-Bogenhausen - München-Haidhausen * Einen Tag vor dem 100. Geburtstag Richard Wagners wird ihm zu Ehren eine Statue neben dem Prinzregententheater enthüllt. Heinrich Waderé hat das Monument gestaltet. Aus mehreren zur Verfügung stehenden Entwürfen wählt man denjenigen aus, der den Komponisten in ähnlicher Pose zeigt, wie das berühmte Porträt von Johann Wolfgang von Goethe in der Campagne.

Da die ruhende Darstellung des Künstlers extrem stark im Gegensatz zu dem unsteten Leben des Musikers steht, kommt bald Kritik hoch, in die sogar das städtische Kollegium der Gemeindebevollmächtigten einstimmt. Letztlich beruhigt aber ein einziges Argument alle Kritikerstimmen: Da Richard Wagner von Natur aus nur mit einer geringen Körpergröße ausgestattet war, hätte ein stehendes Denkmal die Öffentlichkeit nur wenig beeindruckt.

Der Marmor für die Figur stammt vom Untersberg. Er umfasst als Rohblock 14 Kubikmeter Inhalt und wiegt 600 Zentner. Über dreißig Pferde sind notwendig, um diese gewaltige Last vom Untersberger Steinbruch zur nächsten Eisenbahn zu schaffen, mit der er ab Berchtesgaden nach München gebracht wird. Bildhauer Heinrich Waderé hat sich am Ostbahnhof ein provisorisches Atelier eingerichtet.

Da die fertige Marmorfigur noch immer 450 Zentner wiegt gestaltet sich der Transport vom Atelier zum Aufstellungsort als besonders schwierig. Er nimmt mehr als zwei Tage in Anspruch. Die Statue muss mit einer Straßenlokomotive der Firma Maffei zum Ort seiner Aufstellung gebracht werden. Dort behindert vor allem der weiche Boden die Arbeiten, da sich die Räder des Transportwagens immer wieder eingraben.

Cosima und Siegfried Wagner lehnen ihre Teilnahme an der Denkmalenthüllung ab. Bei Cosima sind es gesundheitliche, bei Siegfried grundsätzliche Gründe. Die Konkurrenz der Münchner Festspiele für Bayreuth sind aber die wahren Beweggründe.

Das gesellschaftliche Ereignis an der Prinzregentenstraße wird durch Richard Wagners „Huldigungsmarsch“ eröffnet. Münchens erster Bürgermeister, Wilhelm von Borscht, hält eine Ansprache und Ernst von Possart, der Initiator des Denkmals, sagt in seiner Rede: „So grüßen wir Dich, Unsterblicher! Möge Dein Antlitz uns leuchten“. Prinzregent Ludwig III. enthüllt schließlich das Wagner-Denkmal.

Die sozialdemokratische Tageszeitung Münchener Post kommentiert das Ereignis mit den Worten: „Das Streben Münchens, die seiner Zeit an Bayreuth abgegebene Hegemonie im Reiche von Wagners Kunst an sich zu bringen - das heimliche Agens [die treibende Kraft] unserer Festspiele - hat uns nun endlich ein würdiges Denkmal des Meisters beschert.“

Gleichzeitig kritisiert das Blatt, dass der Eröffnungsakt nicht dem Festwiesenbild der Wagner'schen Meistersinger entsprach und auf den „Wach-auf-Chor“ kein spontaner Jubel des Volkes, sondern ein „hochoffiziell-eisernes Schweigen“ der „aristokratisch-bürgerlichen Festversammlung“ folgt. Den Abschluss der Einweihungsfeierlichkeiten für das Musiker-Standbild bildet der „Tannhäusermarsch“.

30. Oktober 1913

München-Kreuzviertel * Die Abgeordnetenkammer beschließt ein verfassungsänderndes Gesetz mit 122 gegen 27 Stimmen der Sozialdemokraten. Mit diesem Gesetz kann der „Regent die Regentschaft für beendet und den Thron für erledigt erklären“, wenn „wegen eines körperlichen oder geistigen Gebrechens des Königs“ auch „nach Ablauf von zehn Jahren keine Aussicht auf Regierungsfähigkeit“ besteht. Damit hat der Prinzregent die Möglichkeit, seinen noch lebenden geisteskranken Cousin, den legitimen König Otto I., zu entthronen. 

Prinzregent Ludwig III. wollte politisch eine Veränderung herbeiführen und konnte mit dem Zentrum und den Liberalen auf eine breite parlamentarische Mehrheit bauen. Doch eine schlichte Proklamation Ludwigs III. zum König wurde von den Abgeordneten als nicht ratsam erachtet, da auch der Prinzregent eine Übertragung der Krone durch den Landtag ablehnte. Schließlich wollte Ludwig III. kein „König von Volkes Gnaden“, sondern ein „König von Gottes Gnaden“ sein.

4. November 1913

München-Kreuzviertel * Auch die Kammer der Reichsräte billigt die Verfassungsänderung. Damit kann Prinzregent Ludwig III. die „Regentschaft für beendet und den Thron für erledigt“ erklären.

5. November 1913

München * Prinzregent Ludwig III. proklamiert sich selbst zum König. König Otto I. wird damit durch seinen Vetter Prinzregent Ludwig III. entthront. Eine 27-jährige Regentschaft geht dadurch zu Ende.

Nachdem diese unumstößlichen Fakten geschaffen sind, erkennt der Landtag an, „daß am 4. November 1913 die verfassungsmäßigen Voraussetzungen für die Beendigung der Regentschaft bestanden haben“. Die Abgeordneten stimmen dem Antrag brav zu. Daraufhin erklärt König Ludwig III., dass durch seine Thronbesteigung der Titel und die Ehrenrechte König Ottos I. nicht berührt werden. Bayern hat damit - bis zum Tod König Ottos I. am 11. Oktober 1916 - zwei Könige und damit eine Doppelmonarchie.

Doch die Vorgänge um die Inthronisation schadet dem Ansehen König Ludwigs III. und der Monarchie schwer. Deshalb rührt sich auch keine Hand, als exakt fünf Jahre später die Monarchie in Bayern als erster deutscher Einzelstaat sang- und klanglos zusammenbricht.

8. November 1913

München * Der neu ernannte König Ludwig III. leistet seinen Treueeid auf die Verfassung. Der Sozialist Kurt Eisner bemerkt dazu nur kurz: „Soeben hat Prinzregent Ludwig der Monarchie das Grab geschaufelt.“

Auf den Tag genau, fünf Jahre später, fällt Ludwig in die Grube, die er sich selbst und der Monarchie geschaufelt hat.


1914

21. Juli 1914

München-Haidhausen * Die Bauarbeiten für den neuen Atelierbau an der Villa von Franz von Stuck beginnen. Den dafür erforderlichen Grund hat er zuvor von seinem Freund, dem kgl. Bayerischen Hofschauspieler und Dichter Konrad Dreher abgekauft. 

Oktober 1914

München-Haidhausen * Der Rohbau für den neuen „Atelierbau“ an der „Villa Stuck“ ist vollendet. 

Danach beginnen die Innenarbeiten. 


1916

11. Oktober 1916

Schloss Fürstenried * König Otto I. stirbt 68-jährig in Schloss Fürstenried an einer Darmverschlingung aufgrund seiner ungesunden Ernährungsweise. Er war 30 Jahre König, so lange wie kein anderer Wittelsbacher, hat aber keinen einzigen Tag regiert.

14. Oktober 1916

München-Kreuzviertel * Die sterblichen Überreste König Ottos I. werden in der Krypta der Michaelskirche beigesetzt.

28. Dezember 1916

München-Graggenau * König Ludwig III. erhebt Eduard Theodor von Grützner als Ritter des königlichen Verdienstordens der Bayerischen Krone in den persönlichen Adelsstand.


1917

30. Mai 1917

München * Franz von Stucks Tochter Mary heiratet den Konsul Albert Heilmann. Er ist der Sohn des Bauunternehmers Jakob Heilmann. 


1918

Nach dem 9. November 1918

München-Maxvorstadt * Nach der Revolution vom November 1918 wird das Professoren-Kollegium an der Akademie der Bildenden Künste als „Konzilium verschwitzter Schiffshüte“ verunglimpft.


1920

1. April 1920<p><strong><em>München-Lehel</em></strong> * Nach seiner Entlassung aus dem Aufklärungskommando&nbsp;der Reichswehr&nbsp;am 31. März 1920 lebt Adolf Hitler zur Untermiete bei einer Frau Reichert in einem kleinen Zimmer in der Thierschstraße 41.</p>

1922

1922

München * Der „Lustige Führer durch München“ bezeichnet die „Herbergen“ als „Ein- und Zweifamilienhäuser mit mehr lebendem als totem Inventar.

Der Haustürschlüssel wird in der Dachrinne aufbewahrt.
Viel Kleintier- und Kleinkinderzucht“
.

10. Februar 1922

München-Haidhausen * Franz von Stucks Tochter Mary wird in seinem Testament als Alleinerbin eingesetzt. Seine Frau Mary soll eine Leibrente von jährlich 100.000 Mark erhalten. 


1923

1923

München-Lehel - München-Haidhausen * Neben dem Kloster und der angeschlossenen „Pfarrei St. Anna“ übernehmen die „Franziskaner“ auch noch die neu errichtete „Pfarrei St. Gabriel“ in Haidhausen.


1925

1925

München * Die Werke Richard Wagners sind derart populär, dass eine „Simlicissimus-Karikatur“ einen Biergartenbesucher philosophieren lässt: „Wagner kann man bloß in München hören - in Bayreuth gibt's nur in den Pausen Bier“.


1928

30. August 1928

München * Franz von Stuck stirbt im Alter von 65 Jahren in München. Seine Asche wird am Nordfriedhof beigesetzt. 


1929

September 1929

München-Haidhausen * Konsul Albert Heilmann, der Ehemann der Stuck-Tochter Mary, erhält für sein Gebot von 351.000 Mark den Zuschlag für die „Villa Stuck“

Die Versteigerung kam zustande, weil sich die Witwe und die Tochter Stuck nicht über den Wert des Hauses einigen konnten. 

27. Oktober 1929

München-Haidhausen * Mary von Stuck, die Witwe des berühmten Malerfürsten, stirbt. 

November 1929

München-Haidhausen * Adolf Hitler zieht aus seinem kleinen Zimmer im Lehel hinauf in das noble Viertel um das „Prinzregententheater“, in eine 317 Quadratmeter große Neun-Zimmer-Wohnung.

Sein sozialer und politischer Aufstieg ist durch das Großbürgertum gefördert und finanziert worden.
Hugo Bruckmann hilft Hitler bei der Finanzierung der Wohnung, nachdem sich der Vermieter zunächst skeptisch zeigt, ob denn der neue Mieter überhaupt in der Lage ist, die Jahresmiete von 4.176 Reichsmark bezahlen zu können.
Erst nachdem Bruckmann für die pünktliche Bezahlung der Miete bürgt, wird der Mietvertrag abgeschlossen.

Geli Raubal, Hitlers Nichte, zieht ebenfalls in die Wohnung ihres Onkels am Prinzregentenplatz 16 ein.
Das „Medizinstudium“ gibt „Geli“ nach einem Semester auf, da sie „Wagner-Sängerin“ werden will.
Hitler bezahlt den Gesangsunterricht.
Doch ihre begrenzte Begabung und das Leben im Glanz des aufstrebenden Polit-Stars lenkt sie stark von intensiver Gesangsarbeit ab.


1930

1930

München-Haidhausen * Die beiden Grützner-Kinder versteigern alle Güter - einschließlich der umfangreichen und kostbaren Antiquitätensammlung.

Die „Künstler-Villa“ erwirbt die Studentenvereinigung „Danubia“, die einige Räume umbauen lässt.

1930

München-Haidhausen * Die Familie Heilmann-Stuck bezieht die „Villa Stuck“, muss aber bald feststellen, dass die ehemalige „Künstler-Residenz“ für die besonderen Bedürfnisse einer Familie mit vier Kindern nur wenig geeignet ist. 

Aus diesem Grund legen die Heilmanns die „Villa Stuck“ bald still.
Mary Heilmann-Stuck geht mit ihren Kindern nach Marqurtstein, Albert Heilmann ist beruflich strak in Berlin engagiert. 


1931

21. September 1931

München - Wien • Die Ermittlungsbehörden geben überraschend den Leichnam von Hitlers Nichte Geli Raubal zur Bestattung frei, ohne eine Obduktion anzuordnen. Ungewöhnlich rasch wird die Tote nach Wien überführt, wo sie bereits am 23. September auf dem Zentralfriedhof beerdigt wird.


1933

1933

München-Graggenau * In der Münchner Residenz wird eine Ausstellung zur Erinnerung an Richard Wagner eröffnet.

„Reichsstatthalter“ Franz Xaver Ritter von Epp stellt dabei fest: „Die Nationalsozialisten empfinden Wagner als den deutschesten Mann, den nur einer gleichen Blutes voll zu verstehen vermag“.

1933

München-Lehel - München-Haidhausen * Karl Valentin zieht von der Kanalstraße 8 im Lehel in die Sckellstraße 1, direkt hinter dem Maximilianeum, nach Haidhausen um.

30. Januar 1933

Berlin * Der Tag der sogenannten Machtübernahme. Adolf Hitler wird vom Reichspräsidenten Paul Ludwig Hans Anton von Beneckendorff und von Hindenburg zum Reichskanzler ernannt. Er leitet eine Koalitionsregierung bestehend aus NSDAP, DNVP und Stahlhelm.

10. Februar 1933

München-Maxvorstadt * Im „Richard-Wagner-Jahr“ hält Thomas Mann aus Anlass des 50. Todestages des berühmten Künstlers im Auditorium maximum der Universität München einen Vortrag über „Leiden und Größe Richard Wagners“. Thomas Mann verliest dabei ein zwanzigseitiges Manuskript aus einem rund siebzig Seiten umfassenden Aufsatz. 

In seinem Referat spricht sich Thomas Mann gegen eine einseitig heroisierende Verherrlichung und eine differenzierte Auseinandersetzung mit den Werken Richard Wagners aus.

11. Februar 1933

München - Holland * Der Schriftsteller Thomas Mann verlässt München zu weiteren Wagnervorträgen in mehreren europäischen Großstädten. Diese Reise wird der Beginn seines mehrjährigen Exils.

16. April 1933

München * Gegen den „Wagner-Vortrag“ Thomas Manns organisieren der Bayerische Staatsoperndirektor Prof. Hans Knappertsbusch und der Generalmusikdirektor Prof. Dr. Hans Pfitzner einen „Protest der Stadt München“. Dieser wird in den Münchner Neuesten Nachrichten abgedruckt und ist von den führenden Vertretern des künstlerischen Lebens Münchens unterzeichnet worden. Darunter

  • der Präsident der Akademie der Bildenden Künste, Prof. Dr. German Bestelmeyer;
  • der Bildhauer Bernhard Bleeker;
  • Oberbürgermeister Karl Fiehler;
  • der Akademieprofessor Olaf Gulbransson;
  • der Generalintendant der Bayerischen Staatstheater, Clemens von Frankenstein;
  • der Generalmusikdirektor Dr. Richard Strauß;
  • der Präsident der Industrie- und Handelskammer Josef Pschorr
  • und viele andere Honoratioren mehr.

In dem Protestschreiben heißt es: „Nachdem die nationale Erhebung Deutschlands festes Gefüge angenommen hat, kann es nicht mehr als Ablenkung empfunden werden, wenn wir uns an die Öffentlichkeit wenden, um das Andenken an den großen deutschen Meister Richard Wagner vor Verunglimpfung zu schützen. 

Wir empfinden Wagner als musikalisch-dramatischen Ausdruck tiefsten deutschen Gefühls, das wir nicht durch ästhetisierenden Snobismus beleidigen lassen wollen, wie das mit so überheblicher Geschwollenheit in Richard-Wagner-Gedenkreden von Herrn Thomas Mann geschieht. [...] 

Wir lassen uns eine solche Herabsetzung unseres großen deutschen Musikgenies von keinem Menschen gefallen, ganz sicher aber nicht von Herrn Thomas Mann, [...]. 

Wer sich selbst als derart unzuverlässig und unsachverständig in seinen Werken offenbart, hat kein Recht auf Kritik wertbeständiger deutscher Geistesriesen.“

Thomas Mann wiederholt seinen Vortrag in Amsterdam, Brüssel und Paris. Doch nach dem „Protest der Richard-Wagner-Stadt München“ kann er nicht mehr in seine Heimatstadt zurückkehren.


1936

1936

München-Haidhausen * „Rüstungsminister“ Albert Speer, ein enger Vertrauter und schon aus diesem Grund ganz bestimmt kein Kritiker des als „Führer“ bezeichneten „Parteivorsitzenden“, „Reichskanzlers“ und „Reichspräsidenten“ Adolf Hitler, beschreibt dessen Neun-Zimmer-Wohnung am Prinzregentenplatz 16 folgendermaßen: 

„Ich wurde zunächst in einen Vorraum eingelassen, der mit Andenken oder Geschenken niedrigen Niveaus vollgestellt war.

Auch die Möblierung zeugt von schlechtem Geschmack. [...] Hitlers Wohnung war die eines Privatmannes von mittleren Einkommen, etwa eines Studienrats, des Filialleiters einer Depositenkasse, eines kleinen Geschäftsmannes.

Die Einrichtung war von kleinbürgerlichem Zuschnitt. Reichgeschnitzte, massiv eichene Herrenzimmermöbel, Bücher hinter Glastüren, gestickte Kissen mit zärtlichen Inschriften oder kräftigen Parteiwünschen. In einer Zimmerecke stand eine Richard-Wagner-Büste, an den Wänden hingen, in breiten Goldrahmen, idyllische Malwerke der Münchner Schule.

Nichts verriet, daß der Inhaber dieser Wohnung seit drei Jahren deutscher Reichskanzler war. [...]“

Um den Juni 1936

München-Haidhausen * Franz von Stucks „Amazone“ wird vor der Villa aufgestellt. 

Juli 1936

München-Haidhausen * Das „Franz-von-Stuck-Museum“ wird eröffnet. 

Wegen fehlendem Interesse wird es bald wieder geschlossen. 


1937

1937

München-Haidhausen * Nachdem die Studentenverbindung „Danubia“ die Zinsen für den Kredit nicht aufbringen kann, kommt die ehemalige „Grützner-Villa“ in Haidhausen zwangsweise unter den Hammer und geht daraufhin in den Besitz von Grützners Sohn Karl Eduard über, der dort mit seiner Frau Gisela lebt.


1938

1938

München-Maxvorstadt * Das „Herzog-Max-Palais“ wird von den Nazis für den Neubau der „Reichshauptbankstelle“ abgerissen.

Damals nimmt man die von Robert von Langer geschaffenen Fresken im Empfangssaal ab und transportiert sie in das „Haus des Deutschen Rechts“.

Noch vor den ersten Bombenangriffen verkleidet man die Fresken aus Angst vor Zerstörung.
Dabei geraten sie in Vergessenheit.


1939

1939

München-Haidhausen * Adolf Hitler erwirbt die Immobilie am Prinzregenten Platz 16.


1942

Mai 1942

München-Isarvorstadt * Das „Ludwig-Monument“ auf der „Corneliusbrücke“ wird - als einziges Königsdenkmal Münchens - abgebaut und in Hamburg zur Gewinnung von „kriegswichtiger Munition“ eingeschmolzen. 

Nur der Königskopf bleibt aus „Pietät“ erhalten.

Ende August 1942

München-Haidhausen * Bei einem Fliegerangriff wird Hitlers Wohnhaus am Prinzregenten Platz 16 leicht beschädigt.

Damals wird - unter Verwendung von 4,7 Tonnen Stahl - ein weitläufiger „Luftschutzbunker“ im Keller eingerichtet.


1943

1943

München-Haidhausen * Die verwaiste Villa Stuck wird von einer Sprengbombe getroffen. 


1944

17. April 1944

München * Zum Staatsbegräbnis von Gauleiter Adolf Wagner kommt Adolf Hitler zum letzten Mal nach München.

24. April 1944

München-Haidhausen * In der Nacht vom 24. zum 25. April wird die Villa Stuck durch weitere Bombentreffer stark beschädigt. 


1945

Nach 1945

München-Maxvorstadt * Die „Talare“ des „Professoren-Kollegiums“ an der „Akademie der Bildenden Künste“ werden nur noch in vereinfachter Form hergestellt.

30. April 1945

München * Auf ihrem Vormarsch gegen die „Alpenfestung“ befreien amerikanische Truppen München.

Die „Rainbow Division“ besetzt Hitlers Wohnung am Prinzregenten Platz 16.
Im Geldschrank finden die Amerikaner zwölf Exemplare der ersten Ausgabe von „Mein Kampf“ mit Autogramm, jedoch keinerlei Wertsachen und Dokumente.

30. April 1945<p><strong><em>München-Haidhausen</em></strong> * Mit dem Einmarsch der Amerikaner&nbsp;wird die Villa Stuck&nbsp;umgehend&nbsp;von den US-Militärbehörden beschlagnahmt.&nbsp;Da die unteren Räume für Bürozwecke zu dunkel sind, wollen die <em>„Amis“</em> die Wände weiß übertünchen.Diese Maßnahme kann gerade noch verhindert werden. Auch deshalb, weil die Besatzer ins Nachbarhaus umziehen.&nbsp;</p>
8. Mai 1945

Deutschland * Der Tag der bedingungslosen Kapitulation oder Tag der Befreiung vom Nazi-Terror. Der Zweite Weltkrieg ist für Deutschland verloren.

Um August 1945

München-Haidhausen * Die Familie Heilmann-Stuck bezieht den von den Bombardierungen verschonten Teil der Dachzimmer in der „Villa Stuck“

18. September 1945

München * Die mangelnden Bemühungen bei der Entnazifizierung führen zur Absetzung des Ministerpräsidenten Fritz Schäffer. Gleichzeitig wird Wilhelm Hoegner von der SPD zum Ministerpräsidenten ernannt.

Um Oktober 1945

München-Haidhausen * Günther Franke richtet im ehemaligen „Bildhauer-Atelier“ der „Villa Stuck“ eine „Galerie für Werke des 20. Jahrhunderts“ ein. 


1946

8. Februar 1946

München * „Ministerpräsident“ Wilhelm Hoegner, SPD, erhält den Auftrag, einen Entwurf für einen neue „Bayerische Verfassung“ zu erarbeiten. 

Im Sitzungssaal der ehemaligen „Preußischen Gesandtschaft“ in der Prinzregentenstraße 9 trifft sich der 21-köpfige „Verfassungsausschuss der Verfassungsgebenden Landesversammlung“ zu insgesamt 32 Sitzungen.

Juni 1946

München-Haidhausen * Die „Akademie der Tonkunst“ soll in der „Villa Stuck" ihren Unterrichtsbetrieb wieder aufnehmen. 

Nach einem kurzen Intermezzo im „Maximilianeum“ wird ihr die „Villa Stuck“ als neue Wirkungsstätte zugewiesen. 

7. August 1946

München * Die Akademie der Tonkunst wird in Staatliche Hochschule für Musik umbenannt. 

8. August 1946

München-Haidhausen * Die Studenten der Staatlichen Hochschule für Musik übernehmen die Villa Stuck für ihre Studienzwecke. Zeitweise sind hier bis zu 316 Studierende eingeschrieben, darunter auch - ab Oktober 1946 - Wolfgang Sawallisch. 

1. Dezember 1946

München * In einem Volksentscheid wird über die neue Bayerische Verfassung abgestimmt. Mit 70,6 Prozent der abgegebenen Stimmen nimmt das bayerische Volk das Gesetzeswerk an.

1. Dezember 1946

Freistaat Bayern * Bei der ersten Wahl zum Bayerischen Landtag erhält die CSU 104 Sitze, die SPD erringt 54, die Wirtschaftliche Aufbauvereinigung - WAV 13 und die FDP 9 Sitze. Dadurch kann Ministerpräsident Hans Ehard ein reines CSU-Kabinett leiten.

21. Dezember 1946

München-Lehel * Hans Ehard von der Christlich Sozialen Union - CSU wird zum ersten demokratisch legitimierten Ministerpräsidenten des Freistaats Bayern der Nachkriegszeit gewählt. Er richtet seine Staatskanzlei in der Prinzregentenstraße 9 ein.


1948

29. März 1948<p><strong><em>München</em></strong> * Mit der Lizenzierung der Bayernpartei - BP&nbsp;am 29. März 1948 erwächst der CSU in Bayern eine nicht ganz ungefährliche Konkurrenz.&nbsp;Unter der Führung von Joseph Baumgartner, der von 1945 bis 1947 der CSU angehört hatte, kämpft die Bayernpartei</p> <ul> <li>für einen selbstständigen bayerischen Staat,</li> <li>bekämpft den Bonner Zentralismus&nbsp;und</li> <li>lehnt das Grundgesetz der Bundesrepublik Deutschland&nbsp;ab.</li> </ul>
15. Oktober 1948

München * Um Hitlers Nachlass zu regeln, wird ein Verfahren vor der Spruchkammer München eingeleitet. Rechtsanwalt Otto Gritschneder übernimmt pro forma die Verteidigung des Ehepaares Adolf und Eva Hitler, geborene Braun, „in absentia“.

Dabei wird der „Führer“ als Hauptschuldiger eingestuft und sein gesamtes Vermögen zugunsten des Landes Bayern eingezogen. Dazu zählen auch die Autorenrechte für „Mein Kampf“.

Ein Antrag von Adolf Hitlers Schwester, Paula Wolf, auf Auszahlung des ihr im Testament des Bruders zugedachten Erbteiles wird vom Gericht abgelehnt und das Testament selbst für ungültig erklärt.


1950

September 1950

München-Graggenau * Der Querbau im „Kaiserhof“ der Residenz, der für den „Königlichen Wintergarten“ Ludwigs II. erbaut worden war, wird abgerissen. 

26. November 1950

Freistaat Bayern * Bei der Landtagswahl am 26. November 1950 muss die CSU eine verheerende Niederlage hinnehmen:

  • Nur 27,4 Prozent der Stimmen entfallen auf die CSU, während die Bayernpartei 17,9 Prozent erhält.
  • Die SPD wird mit 28 Prozent der Stimmen zur stärksten Partei.
  • Obwohl sie 60.000 Stimmen mehr als die CSU erhält, bleiben die Christsozialen aufgrund von Überhangmandaten trotzdem die stärkste Fraktion.

Hans Ehard bildet eine Koalitionsregierung aus CSU, SPD und dem rechts stehenden Bund der Heimatvertriebenen und Entrechteten - BHE.

14. Dezember 1950

München-Haidhausen * Hitlers persönliche Habe wird entdeckt, nachdem seine Haushälterin Anni Winter die persönliche Hinterlassenschaft ihres Arbeitgebers für 180.000 DMark zum Kauf anbietet. Einer der Kaufinteressenten ist jedoch ein getarnter Beamter der Kriminalpolizei.


1951

1951

Bundesrepublik Deutschland - Bonn * Das „Gesetz über das Wohnungseigentum“ ermöglicht den Wunsch nach einer „dinglichen Sicherung von Wohnräumen für den Wohnungsinhaber“.

Damit besteht erneut die Möglichkeit der Teilung von Gebäuden in „Brucheigentum“.


1954

28. November 1954

Freistaat Bayern * Bei der Landtagswahl Wahl bleibt die CSU zwar stärkste Fraktion. Doch der SPD-Vorsitzende Waldemar von Knoeringen verständigt sich mit dem Bayernpartei-Vorsitzenden Joseph Baumgartner. Nach dem Motto „Es geht auch ohne CSU“ kommen noch die FDP und der BHE dazu, womit die Viererkoalition perfekt ist.

Wilhelm Hoegner, SPD, wird Ministerpräsident, Joseph Baumgartner, BP, sein Stellvertreter. 


1956

13. Juni 1956

Schloss Nymphenburg - München-Isarvorstadt * Die Statue von König Ludwig II. auf der Corneliusbrücke ist im Mai 1942 ein Opfer der Kriegsindustrie geworden. Da sich bisher keine offizielle Stelle um die Wiederkehr eines König-Ludwig-Standbildes bemüht, bildet sich an Ludwigs 70. Todestag in Schloss Nymphenburg ein Komitee, das den Freistaat und die Stadt auf den leeren Platz an der Isarbrücke hinweisen will.


1957

Um Oktober 1957

München-Haidhausen - München-Maxvorstadt * Die „Staatliche Hochschule für Musik“ zieht aus der „Villa Stuck“ in ihr neues Domizil im ehemaligen „Führerbau“ in der Arcisstraße um. 

8. Oktober 1957

München * Die kleineren Koalitionspartner der Viererkoalition bekommen es mit der Angst zu tun, weshalb die Bayernpartei am 8. Oktober aus der Viererkoalition austritt und sie damit beendet.

17. Oktober 1957

München * Der CSU-Politiker Hanns Seidel, seit 22. Januar 1955 neuer CSU-Landesvorsitzender, bildet eine neue Koalitionsregierung, bestehend aus CSU, BHE und FDP. Sein Stellvertreter wird Walter Stain vom GB/BHE. SPD und Bayernpartei - BP können seither in Bayern kein Regierungsamt mehr ausüben.

November 1957

München * Um den Druck für ein Denkmal für den „Märchenkönig“ zu erhöhen wird der „Verein für die Wiedererrichtung eines Denkmals für König Ludwig II. von Bayern“ gegründet.


1958

23. November 1958

Freistaat Bayern * Bei der Wahl zum Bayerischen Landtag ist die CSU die eindeutige Wahlgewinnerin.

  • Die CSU kann ihren Stimmenanteil von 38,4 auf 45,6 Prozent erhöhen.
  • Die SPD verbessert ihr Ergebnis um 2,7 Prozent auf 30,8 Prozent.
  • Die Bayernpartei - BP, der Gesamtdeutsche Block/Bund der Heimatvertriebenen und Entrechteten - GB/BHE sowie die FDP fallen nach zum Teil massiven Verlusten unter die Zehnprozent-Marke. 

Der Trend zum Zweiparteien-System schält sich schon bei dieser Wahl deutlich heraus.

Obwohl die CSU mit 101 Sitzen fast die absolute Mehrheit erreicht hat, bleibt es bei der Dreierkoalition aus CSU, GB/BHE und FDP.

Zum Ministerpräsidenten wird Hanns Seidel gewählt. Sein Stellvertreter, Rudolf Eberhard, gehört aber aufgrund der Mehrheitsverhältnisse nun auch der Christlich Sozialen Union an.


1959

2. Juli 1959

München-Bogenhausen * Zwischen dem 2. und 9. Juli wird auf Betreiben des Vereins für die Wiedererrichtung eines Denkmals für König Ludwig II. von Bayern in der Mittelnische unterhalb des Friedensengels eine Statue aufgestellt. Die Planungen werden jedoch scheitern.


1960

Januar 1960

München * Nachdem Hanns Seidel aus Gesundheitsgründen zurücktreten muss, übernimmt erneut der inzwischen 72-jährige Hans Ehard das Amt des „Bayerischen Ministerpräsidenten“.

Ansonsten ändert sich an der personellen Besetzung nichts.


1961

18. März 1961<p><strong><em>München</em></strong> * Franz Josef&nbsp;Strauß ist neuer CSU-Vorsitzender.</p>
5. Juli 1961

München * Mary Heilmann-Stuck, die einzige Tochter des Malerfürsten, stirbt. 


1962

1962

München * In 14 Münchner „Ziegeleien“ werden 100 Millionen Steine gebrannt.

26. Oktober 1962

Bonn * Bundesverteidigungsminister Franz Josef Strauß veranlasst eine widerrechtliche Polizeiaktion gegen das Nachrichtenmagazin „Der Spiegel“. Es ist zu erwarten, dass sich diese Aktion negativ auf das Wahlergebnis in Bayern auswirken würde. Doch genau das Gegenteil ist der Fall.

25. November 1962

Freistaat Bayern * Mit der Wahl vom 25. November 1962 werden endgültig die Weichen für die späteren Regierungsverhältnisse in Bayern gestellt. Seither führen die der CSU angehörenden Bayerischen Ministerpräsidenten - Alfons Goppel, Franz Josef Strauß und Max Streibl - von der Staatskanzlei an der Prinzregentenstraße 9 aus nur noch reine CSU-Kabinette.

Mit satten 47,5 Prozent der Stimmen kann die CSU ihren Stimmenanteil erneut um fast zwei Prozent erhöhen. Das Ergebnis reicht für die absolute Mehrheit der Landtags-Mandate aus.

30. November 1962

Bonn * Franz Joseph Strauß muss aufgrund der „Spiegel-Affäre“ sein Amt als Bundesverteidigungsminister niederlegen.


1965

8. Januar 1965

München-Haidhausen * Hans Joachim und Amélie Ziersch kaufen die Stuck-Villa um 1,1 Millionen DMark und verpflichten sich, in den Räumen der ehemaligen Künstler-Residenz ein Museum einzurichten. Die Landeshauptstadt München gewährt im Gegenzug einen einmaligen Zuschuss von 500.000 DMark. 

21. Mai 1965

München * Wegen der „Bayern-Hymne“ schlittert die Bundesrepublik Deutschland beinahe in eine Staatskrise. Auf Veranlassung des bayerischen Ministerpräsidenten Alfons Goppel spielt die Blaskapelle beim Ankommen des Sonderzuges der britischen Königin Elisabeth die Bayerische Nationalhymne, obwohl dies Bundespräsident Heinrich Lübke der Staatsregierung zuvor ausdrücklich untersagt hatte.  

Die Gäste müssen sich alle Strophen anhören. Verwundert bemerkt Prinz Philip: „Oh, ein ganzes Konzert“. Und Bundespräsident Heinrich Lübke tobt. 


1966

20. November 1966

München * Das Kabinett unter Alfons Goppel setzt sich nur noch aus CSU-Mitgliedern zusammen. Während Goppels Amtszeit kann die CSU ihren Stimmenanteil beständig steigern. So erreicht sie am 20. November 1966 48,1 Prozent.


1967

1967

München-Haidhausen * In den Maximiliansanlagen, zwischen dem Maximilianeum und dem Friedensengel, an der Stelle, an der König Ludwig II. - eigens für die Werke seines verehrten Musikeridols Richard Wagner - ein Festspielhaus errichten lassen wollte, wird eine 2,60 Meter hohe Bronzestatue zu Ehren des bayerischen Märchenkönigs erstellt.

1967

München-Maxvorstadt * Letztmals treten die „Talare“ des „Professoren-Kollegiums“ an der „Akademie der Bildenden Künste“ bei der „Jahresfeier 1967“ in Erscheinung.

5. Mai 1967

München-Haidhausen * Hans Joachim und Amélie Ziersch schenken die „Villa Stuck“, das dazugehörige Grundstück und ihre umfangreiche Sammlung dem von ihnen gegründeten „Stuck-Jugendstil-Verein“


1968

1968

München-Maxvorstadt * Die „Studentenrevolte“ greift die „Talare“ des „Professoren-Kollegiums“ an der „Akademie der Bildenden Künste“ als Repräsentationsmerkmal medienwirksam an.

„Unter den Talaren - der Mief von tausend Jahren!“ lautet ein griffiger Slogan studentischer Agitation gegen das „Establishment“.

9. März 1968

München-Haidhausen * Das Museum Villa Stuck wird nach zweijähriger Umbauzeit mit einer Ausstellung über den Malerfürsten eröffnet. 


1970

1970

München-Au - München-Isarvorstadt * Die noch vorhandene Denkmal-Anlage auf der „Corneliusbrücke“ für König Ludwig II. wird - gegen Proteste der Bevölkerung - abgetragen.

22. November 1970

Freistaat Bayern * Die CSU erreicht bei der Landtagswahl 56,4 Prozent der Stimmen.


1973

1973

München-Isarvorstadt * Ein Abguss des Kopfes der „König-Ludwig-II.-Monuments“ wird im „Rosengarten“ an der „Corneliusbrücke“ aufgestellt.


1974

27. Oktober 1974

Freistaat Bayern * Die CSU kann sich bei der Landtagswahl erneut um 5,7 Prozent steigern und sich so auf phantastische 62,1 Prozent verbessern.


1976

1976

Avia di Buia - München-Haidhausen * Das große Erdbeben, das den Friaul heimsuchte, zerstört auch die Kirche in Avilla di Buia, in der die aus Haidhauser Lehm geformte Madonna Aufstellung fand. 

Wie durch ein Wunder bleibt jedoch die „Madonna della Saluta“ nahezu unbeschädigt erhalten.


1978

??? 1978

Haidhausen * Hans Osel schafft den aus Muschelkalk hergestellten „Ziegelbrenner-Brunnen“ am Haidhauser Preysingplatz.

15. Oktober 1978

Freistaat Bayern - München * Für die Landtagswahl gibt es mit Franz Josef Strauß einen neuen Kandidaten für das Amt des Bayerischen Ministerpräsidenten.

Seine CSU bringt es auf 59,1 Prozent und erreicht damit ihr zweitbestes Ergebnis seit 1946, obwohl die Christsozialen drei Prozent verlieren. Auf Nachfragen der Journalisten reagiert der designierte Ministerpräsident unwirsch mit den Worten: „I mag diese Miesmacherei net“.


1979

1979

München-Haidhausen * Die verbliebenen Reste des alten Haidhausens werden unter „Ensembleschutz“ gestellt.


1980

Oktober 1980

Avilla di Buia * Die wiederaufgebaute Kirche in Avilla di Buia wird eingeweiht - mit der „Madonna della Saluta“ im Mittelpunkt.

Ein großes Glasbild zeigt unter anderem das Dorf Haidhausen.


1982

10. Oktober 1982

Freistaat Bayern * Bei der Landtagswahl erhält

  • die CSU 58,3,
  • die SPD 31,9 Prozent.

Erstmals in der Nachkriegsgeschichte ist der Bayerische Landtag ein Zweiparteienparlament. 

  • Die FDP erhält lediglich 3,5 Prozent. 
  • Die Grünen kommen auf 4,6 Prozent und scheiterten damit knapp an der Fünf-Prozent-Klausel.

1983

7. Februar 1983

München-Bogenhausen * Die Initiative für die totale Nachrüstung setzt eine Attrappe einer Pershing II-Rakete auf den leeren Sockel des Friedensengels. 


1985

1985

München-Haidhausen * Die Landeshauptstadt München kauft den „Atelier- und Wohntrakt“ der „Villa Stuck“ an der Ismaninger Straße und überlässt ihn dem „Jugendstil-Verein“

Gleichzeitig erhöht die Stadt ihren jährlichen Zuschuss von 99.000 auf 180.000 DMark. 


1986

12. Oktober 1986

Freistaat Bayern - München * Franz Joseph Strauß wird zum dritten Mal Ministerpräsident und kann

  • mit 128 CSU-Abgeordneten
  • gegen 61 SPD- und
  • 15 Grüne-Abgeordnete regieren.

Die SPD büßt 4,4 Prozent ein, die CSU 2,5 Prozent. Die Grünen schaffen mit 7,5 Prozent den Einzug in den Bayerischen Landtag ohne Schwierigkeiten.


1990

14. Oktober 1990

Freistaat Bayern * Bei der Landtagswahl erhält die CSU 54,9 Prozent.


1991

20. Dezember 1991

München-Haidhausen * Der Stuck-Jugendstil-Verein wird aufgelöst. Hans Joachim und Amélie Ziersch schenken die Villa Stuck an die Landeshauptstadt München. Zudem stellen sie eine beträchtliche Geldsumme als „Zustiftung Ziersch“ zur Verfügung. Mit deren jährlichen Zinsen sollen Ankäufe von Kunstwerke ermöglicht werden. 


1992

1. Januar 1992

München-Haidhausen * Unter dem Wortungetüm Museum Villa Stuck - Eine Stiftung der Landeshauptstadt München mit Schenkung Hans Joachim Ziersch kann die Künstler-Villa wieder eröffnet werden. 

1. März 1992

München-Haidhausen * Die Planungen der Instandsetzung und Erweiterung der Villa Stuck beginnen.


1993

27. Mai 1993

München-Graggenau * Ministerpräsident Max Streibl muss wegen der sogenannten „Amigo-Affäre“ zurücktreten. Den Ministerpräsidenten-Sessel übernimmt sein Parteifreund Edmund Stoiber.

Um November 1993

München-Maxvorstadt * Im Rahmen der Renovierung werden vier von sechs bereits verschollen geglaubte Fresken im „Lesesaal“ der „Juristischen Fakultät“ der „Ludwig-Maximilians-Universität“ an der Ludwigstraße wiederentdeckt.

Es sind die im Jahr 1938 aus dem „Herzog-Max-Palais“ entfernten und in das „Haus des Deutschen Rechts“ verlegten Fresken von Robert von Langer.


1998

1998

München-Haidhausen * Beginn der Renovierungs- und Umbauarbeiten an der „Villa Stuck“

24. Februar 1998

München-Haidhausen * Durch Zufall entdeckt ein Bauarbeiter den Grundstein des Maximilianeums. Er enthält

  • neben Bauplänen
  • die Urkunde über die Bestimmung des Gebäudes,
  • Porträts des Königs und seiner Frau Marie von Preußen auf Nymphenburger Porzellan,
  • seltene Münzen
  • und das Modell einer im Jahr 1838 in Dresden gebauten Lokomotive mit Schlepptender. 

2000

13. September 2000

München-Haidhausen * Der renovierte Ateliertrakt der Villa Stuck wird feierlich eröffnet. 


2003

21. September 2003

Freistaat Bayern - München • Nach der Auszählung der Landtagswahl gehören dem Bayerischen Landtag in dieser 15. Legislaturperiode 180 Mitglieder an. Bei der Wahl zum 15. Bayerischen Landtag erhält

  • die CSU mit ihrem amtierenden Ministerpräsidenten Edmund Stoiber 60,7 Prozent [+ 7,8] und 124 Sitze.
  • Die SPD mit ihrem Kandidaten Franz Maget erringt 19,6 Prozent der Stimmen [- 9,1] und 41 Sitze.
  • DIE GRÜNEN kommen auf 7,7 Prozent der Wählerstimmen [+ 2,0] und 15 Sitze.

Edmund Stoiber wird erneut Bayerischer Ministerpräsident und kann mit seiner CSU-Alleinregierung mit einer Zweidrittel-Mehrheit regieren. 


2004

Januar 2004

München-Haidhausen * Die Renovierungs- und Umbauarbeiten in den „historischen Räumen“ und im „Alten Atelier“ der „Villa Stuck“ beginnen. 

3. März 2004

München-Haidhausen * Eröffnung des Jugendstil-Museums in der Villa Stuck mit der Ausstellung „München! Stadt des Jugendstils“


2005

16. März 2005<p><strong><em>München-Haidhausen</em></strong> * Die Vollendung der Instandsetzungs- und Erweiterungsarbeiten der Villa Stuck&nbsp;werden mit einem Festakt gefeiert.&nbsp;Insgesamt 12,97 Millionen Euro musste die Stadt München dafür aufbringen.&nbsp;</p>
18. März 2005<p><strong><em>München-Haidhausen</em></strong> * Die historischen Räume der Villa Stuck&nbsp;werden wiedereröffnet.&nbsp;</p>

2008

28. September 2008

Freistaat Bayern * Bei der Wahl zum 16. Bayerischen Landtag 

  • stürzt die CSU mit ihrem amtierenden Bayerischen Ministerpräsidenten Günter Beckstein auf 43,4 Prozent [- 17,3] ab und verliert nicht nur 32 Abgeordnetenmandate [jetzt 92], sondern auch die seit 1962 ununterbrochen erreichte absolute Mehrheit der Landtagsmandate. 
  • Die SPD mit ihrem Kandidaten Franz Maget erringt 18,6 Prozent der Stimmen [- 1,0] und 39 Sitze das bisher schlechteste Ergebnis seit 1946.
  • Die FDP bekommt 8,0 Prozent [+ 5,4] und 16 Sitze und kommen nach 14 Jahren Abwesenheit im bayerischen Parlament wieder zurück.
  • Erstmals ziehen die Freien Wähler mit 10,2 Prozent der Stimmen [+ 6,2] und 21 Sitzen in den Bayerischen Landtag ein. 
  • DIE GRÜNEN kommen auf 9,4 Prozent der Wählerstimmen [+ 1,7] und 19 Sitze. 
27. Oktober 2008

München * Horst Seehofer wird vom Bayerischen Landtag zum Ministerpräsidenten gewählt. 


2013

17. Juli 2013

Bayreuth * Die Finanzierung des Bayreuther Festspielhauses steht. Für den ersten Bauabschnitt, bei dem es nur um das Festspielhaus - ohne Nebengebäude und Proberäume - geht, werden 30 Millionen Euro benötigt.

Der Bund und der Freistaat zählen jeweils 10 Millionen, das letzte Drittel kommt von der Stadt Bayreuth, dem Bezirk Oberfranken und der Gesellschaft der Freunde von Bayreuth. Die Bauarbeiten sollen insgesamt zehn Jahre andauern.

15. September 2013

Freistaat Bayern - München * Nach der Auszählung der Landtagswahl gehören dem Bayerischen Landtag in dieser 17. Legislaturperiode 180 Mitglieder an.

Bei der Wahl zum 17. Bayerischen Landtag erreicht

  • die CSU mit ihrem amtierenden Bayerischen Ministerpräsidenten Horst Seehofer 47,7 Prozent [+ 4,3] und 101 Sitze. Damit erreicht sie wieder die absolute Mehrheit.
  • Die SPD mit ihrem Kandidaten Christian Ude erringt 20,6 Prozent der Stimmen [+ 2,0] und 42 Sitze.
  • Die Freien Wähler erhalten 9,0 Prozent der Stimmen [-1,2] und 19 Sitze.
  • DIE GRÜNEN kommen auf 8,6 Prozent der Wählerstimmen [- 0,8] und 18 Sitze.
  • Die FDP fliegt mit 3,3 Prozent (- 4,7 Prozent) aus dem Bayerischen Landtag.

Horst Seehofer wird erneut Bayerischer Ministerpräsident und kann mit einer CSU-Alleinregierung arbeiten. 


2018

16. März 2018<p><em><strong>München-Haidhausen</strong></em> * Die aus der CSU bestehende Mehrheit der Abgeordneten des Bayerischen Landtags wählt Markus Söder zum Ministerpräsidenten.&nbsp;</p>
14. Oktober 2018

Freistaat Bayern - München * Nach der Auszählung der Landtagswahl gehören dem Bayerischen Landtag in dieser 18. Legislaturperiode 205 Mitglieder an. Bei der Wahl zum 18. Bayerischen Landtag erreicht

  • die CSU mit ihrem amtierenden Bayerischen Ministerpräsidenten Markus Söder 37,2 Prozent [- 10,5 %] und 85 Sitze [- 16]. Das ist das schlechteste Wahlergebnis der CSU seit 1950.
  • Die GRÜNEN kommen auf 17,6 Prozent der Wählerstimmen [+ 9,0 %] und 38 Parlamentssitze [+ 20], davon 6 Direktmandate.
  • Die Freien Wähler erhalten 11,6 Prozent der Stimmen [+ 2,6] und 27 Mandate [+ 8].
  • Die AfD bekommt 10,2 Prozent der Wählerstimmen [+ 10,2] und 22 Sitze [+ 22] und zieht erstmals in den Bayerischen Landtag ein.
  • Die SPD erringt 9,7 Prozent der Stimmen [- 11,0] und 22 Landtags-Mandate [- 20]. Das ist das schlechteste Landtagswahlergebnis der SPD seit 1893.
  • Die FDP erringt 5,1 Prozent der Wählerstimmen [+1,8] und 11 Mandate [+ 11] und kann damit wieder in den Landtag einziehen.

Die Wahlbeteiligung liegt bei 72,3 Prozent, so hoch, wie seit 1982 nicht mehr.

Markus Söder wird Bayerischer Ministerpräsident und kann mit einer Regierungskoalition aus CSU und Freien Wählern arbeiten. 


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